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Tod in Blau

Tod in Blau

Titel: Tod in Blau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Goga
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nach Kohl, Katzenpisse und muffiger Wäsche,
     dass ihm beinahe übel wurde. Er empfand einen körperlichen
     Widerwillen bei der Vorstellung, erneut Paul Görlichs Vater zu
     begegnen. Eine betrunkene Frau taumelte ihm entgegen und wäre
     gefallen, wenn er nicht nach ihrem Arm gegriffen hätte. Sie wankte
     weiter, ohne ihn anzusehen, während ihr ein kleines Mädchen vom
     Treppenabsatz aus nachblickte.
    Leo musste schlucken. Sooft
     er auch in diesem Milieu verkehrte, gewöhnen würde er sich nie
     daran. Er konnte einfach nicht hinnehmen, dass Menschen in solchem Elend
     lebten, während die von Mühls dieser Welt allein in riesigen Häusern
     mit Heizung, trockenen Wänden und eleganten Möbeln residierten.
     Doch er schob diese Gedanken weg. Sie würden ihm bei seinen
     Ermittlungen nur hinderlich sein.
    Hinter der Tür der Görlichs
     ertönte ein lautes Scheppern. Er blieb stehen und horchte. Noch ein
     dumpfer Knall, als träte jemand gegen die Tür. Eine laute Männerstimme,
     dann flog die Tür auf. Görlich
     wollte blind an ihm vorbeistürmen, doch Leo vertrat ihm den Weg.
    Görlichs Hemd klaffte
     auf, das Unterhemd war fleckig und voller Löcher. Sein unrasiertes
     Gesicht war wutverzerrt. »Weg da, lassen Se mir in Ruh!«
    »Herr Görlich, ich
     muss noch einmal mit Ihrem Sohn sprechen«, entgegnete Leo mit
     Nachdruck.
    Der Mann funkelte ihn an.
     »Der Sauhund is nich hier, Herr Kommissar«, sagte er. »Ich
     weiß nich, wo der Kerl sich wieder rumtreibt. Aber wenn er kommt,
     kriegt er 'n Katzenkopp, der sich gewaschen hat.«
    Leo bemerkte, dass Frau Görlich
     in der Wohnungstür stand und ihn ängstlich ansah. »Mein
     Mann hat Sorgen«, sagte sie entschuldigend.
    »Das geht den feinen
     Herrn hier gar nichts an«, schrie Görlich. »Mein letztes
     Geld ham se mir gestohlen, das werd ich melden.«
    »Wer hat Ihnen Geld
     gestohlen?«
    »Im Spielklub in der
     Pankstraße, hab alles eingesetzt, dreihundert Prozent ham se mir
     versprochen, und jetzt is alles weg.«
    Leo seufzte. Glücksspiel
     und Wettschwindel blühten allenthalben, auf den Straßen, in
     Kellerkneipen und eleganten Etagenwohnungen, und alle Spieler waren auf
     schnellen Reichtum aus. Reich wurden allerdings nur die Betreiber der
     Spielhöllen, und wenn sie schlau waren, machten sie sich aus dem
     Staub, bevor ihre leichtgläubigen Kunden es merkten. Doch die Not war
     so groß, dass viele Leute jedes Risiko eingingen und auch den
     haarsträubendsten Versprechungen Glauben schenkten.
    »Das tut mir leid, Herr
     Görlich, aber Sie sollten Ihren Zorn nicht an Ihrem Sohn auslassen.«
    Der Mann machte einen Schritt
     auf Leo zu, als wollte er ihn angreifen, besann sich dann aber. Er legte
     den Kopf schief und sah Leo drohend an. »Das ist
     mein Sohn, und der geht Ihnen gar nichts an, Herr Kommissar«, sagte
     er in unverschämtem Tonfall. »Ick bezahl mir dumm und dusselig
     für das Aas, was glauben Se, was der alles frisst?«
    Leo musste sich bremsen, am
     liebsten hätte er den Mann geohrfeigt. »Ihr Sohn mag ein wenig
     langsam sein, ist aber ein sehr anständiger Junge. Er gibt sich alle
     Mühe, zum Unterhalt der Familie beizutragen, und erntet dafür
     nichts als Beschimpfungen und Schläge.«
    »Ick sach ja, das geht
     Ihnen nichts an, oder sind Se von der Fürsorge? Ick versteh nich, wat
     Se an dem Kerl finden.«
    »Es geht nach wie vor
     um den Mord an dem Maler Wegner. Ich bin der Ansicht, dass Ihr Sohn womöglich
     mehr weiß, als er sagt.«
    »Lügen tut der wie
     gedruckt.«
    »So war das nicht
     gemeint. Es könnte sein, dass er Angst hat, weil er etwas gesehen
     hat, das er nicht sehen sollte. Vielleicht sogar den Mörder.«
    Ein verschlagener Ausdruck
     huschte über das Gesicht des Mannes. »Sagen Se mal, Herr
     Kommissar«, meinte er unangenehm vertraulich, wobei er Leo seinen
     übelriechenden Atem ins Gesicht blies, »gibt's etwa 'ne
     Belohnung?«
    Leo wich zurück und schüttelte
     den Kopf. »Bislang wurde keine Belohnung ausgesetzt. Ausgeschlossen
     ist es natürlich nicht. Außerdem sollten Sie uns auf jeden Fall
     weiterhelfen, wenn Sie oder Ihr Sohn etwas wissen oder erfahren.« Im
     Gehen drehte er sich noch einmal um. »Ich komme wieder, Herr Görlich.
     Sollte Ihr Sohn dann irgendwelche Verletzungen aufweisen, werde ich Sie
     persönlich zur Rechenschaft ziehen.« Er nickte der Frau zu und
     stieg die ausgetretenen Treppenstufen hinunter. Draußen atmete er
     erst einmal tief die kalte Winterluft

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