Tod in Blau
warten.«
Thea setzte sich und verschränkt
demonstrativ die Hände im Schoß. »Besser so?«
»Wenn's anhält. Quält
dich irgendwas? Na, sag schon.« Castorff legte ihr zwei Finger
unters Kinn und zwang sie, ihn anzusehen. »Erzähl's dem Onkel
Stephan.«
Sie musste unwillkürlich
lächeln und drückte sanft seine Hand. So unerträglich
launenhaft er mitunter sein mochte, sie fühlte sich wohl in dieser
Wohngemeinschaft und wünschte sich auf absehbare Zeit auch gar nichts
anderes. Sobald Liebe oder Lust ins Spiel kam, wurde es mit Männern
ungeheuer kompliziert, das hatte sie oft genug erlebt. Entweder klammerten
sie sich an sie, wollten sie gleich ihren Eltern vorstellen und heiraten,
oder aber sie verloren bald das Interesse, was ihr wiederum wehtat. Und
genau das schien auch bei Richard der Fall zu sein. Er hatte sich seit
mindestens zwei Wochen nicht gemeldet, und als sie gewagt hatte, bei ihm
anzurufen, ließ er sich von seinem Diener verleugnen. Zumindest
vermutete sie das.
Sicher, es war keine Liebe,
und sie hatte ihn lange nicht so gern wie Arnold, weil er schlicht und
einfach kein besonders liebenswerter Mensch war. Andererseits verfügte
er über ein gewisses Vermögen und erstklassige Beziehungen, und
sie hatte gehofft, von ihm in Kreise eingeführt zu werden, die ihr
und Stephan ein neues interessantes Publikum bescheren würden. Es
beunruhigte sie, dass er offenkundig das Interesse an ihr verloren hatte.
Thea zog es grundsätzlich vor, ihre Affären selbst zu beenden.
Also erzählte sie
Stephan die ganze Geschichte. Er hörte aufmerksam zu, zuckte am Ende
aber auch nur mit den Schultern. »Liebes, ich verstehe selbst nicht,
warum ich immer wieder auf die Kerle reinfalle. Aber eine Frau wie du hat
es nicht verdient, sitzengelassen zu werden. Vergiss ihn, der Nächste
kommt bestimmt.«
Sie verzog unwillig das
Gesicht. »Stephan, das sagt sich so leicht. Ich habe mir schon das
Hirn zermartert, ob ich etwas Falsches gesagt oder getan habe, ob er
eifersüchtig auf Arnold war. Aber das glaube ich nicht, der
Konkurrenzgedanke schien ihn eher anzuspornen. Er wollte sogar wissen, wie
Arnold im Bett war. Hoffte natürlich, mein Urteil würde zu
seinen Gunsten ausfallen.«
Stephan strich ihr flüchtig
über den Kopf und hob seine Zeitung auf. »An deiner Stelle würde
ich ihm jedenfalls nicht nachtrauern. Hier, die Berber dreht wieder,
diesmal in Wien. Und Lucrezia Borgia läuft noch, trotz Jugendverbot.
Wenn du wieder auftrittst, wirst du vielleicht auch für den Film
entdeckt. Mir kam da neulich eine Idee …«
*
Paul erwachte und wusste
nicht, wo er war. Ihm war übel. Langsam richtete er sich auf und
blickte sich um. Er war in einer Art Schuppen, in dem es nach Moder und
Pisse stank. Dann fiel es ihm wieder ein: Der Mann hatte ihn in sein Auto
gezerrt und … danach war alles schwarz.
Jetzt öffnete sich die Tür,
Licht fiel herein.
Der Mann schloss die Tür
hinter sich und lehnte sich mit verschränkten Armen dagegen. »Tut
mir leid, dass ich dich einfach mitgeschleppt habe, aber dir ist schlecht
geworden, und ich wollte nicht, dass uns jemand zusammen sieht. Du weißt
doch, ich bin der Freund des Malers.«
Paul nickte zögernd.
Warum hatte ihn der Mann so grob angefasst und tat jetzt so nett? Er
schaute sich suchend um, aber die Tür war der einzige Weg nach draußen.
»Ich wollte dich noch
etwas fragen.« Der Mann griff in die Tasche und holte einige
Geldscheine heraus, mit denen er zu spielen begann. Paul konnte nicht gut
Zahlen lesen, aber er sah, dass eine Eins und drei Nullen
drauf waren. Das musste sehr viel Geld sein.
*
»Hat dir der Maler mal
was geschenkt?«
»Meinst du Essen? Oder
Geld?«, fragte Paul vorsichtig.
Der Mann schüttelte
ungeduldig den Kopf. »Nein, ein Bild.«
Paul spürte, wie sich
seine Kehle zuschnürte. Er hatte immer ein schlechtes Gefühl bei
dem Bild gehabt, und jetzt fragte ihn ausgerechnet dieser Mann danach. Er
schluckte. »Nein. Hat er nicht.«
»Ich würde es dir
bezahlen.« Er hielt die Scheine in die Höhe, damit Paul sie
sehen konnte. »Das sind fünftausend Mark. Davon kann deine
Mutter eine Menge Brot kaufen.«
Der Mann kam näher.
Strich ihm flüchtig über den Kopf. Paul zuckte zusammen, als hätte
er ihn geschlagen. Das gefiel ihm nicht, er wollte nicht angefasst werden.
Der Mann schien seine
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