Tod in Blau
Ablehnung zu spüren und wich zurück. Er
zog ein Taschentuch hervor, so weiß, dass es richtig leuchtete, und
wischte sich das Gesicht ab. Er hatte Schweiß auf der Stirn, obwohl
es ziemlich kalt war. Komisch, dachte Paul, der fühlt sich gar nicht
wohl.
»Sind Sie krank?«
»Nein, nein, mir ist
nur warm. Hat er dir alle seine Bilder gezeigt?«
»Manchmal. Das mit dem
schiefen Haus im Garten. Und das von der schönen Frau, die nichts
anhat.«
Die interessierten ihn
weniger. »Sonst keine?«
Paul schaute auf seine Schuhe
und überlegte. Er verstand nicht, was der Mann von ihm wollte, wozu
er die ganzen Fragen stellte. Der Maler war tot und würde nie mehr
wiederkommen. Er überlegte noch, was er antworten sollte, als draußen
plötzlich Schritte und Gekicher erklangen. Ein Mädchen quiekte,
eine Männerstimme brummte etwas.
»Na komm, Häseken,
zier dir nich so, ick pass schon uff.«
Jemand prallte von außen
gegen die Tür. Sie schwang auf. Der Mann drehte sich um.
Paul nutzte die Gelegenheit,
tauchte an dem Liebespaar vorbei und rannte durch die Toreinfahrt, als
ginge es um sein Leben.
*
Glücksrad-Adi kam mit
roter Triefnase herein und wischte sie mit einem großen
blaukarierten Taschentuch ab. Leo, der ihn bereits in der bekannten Nische
erwartete, schaute ihm grinsend entgegen. »Ich glaube, du brauchst
einen Kräutertee.«
Adi machte eine abfällige
Geste und bestellte eine Weiße und einen Korn.
»Ich habe deine
Nachricht erhalten. Was hast du mir zu sagen?«, fragte Leo geduldig.
»Warten Sie's ab«,
erklärte Adi, kippte den Korn vornweg und räusperte sich
vernehmlich.
»Also, in der kurzen
Zeit habe ich nicht allzu viel herausfinden können, aber Sie haben es
ja so dringlich gemacht. Allerdings ist die Sache auch interessant genug.«
Dann holte er weit aus, doch Leo wusste, das war der Preis für die
Informationen. »Ich war ja selbst Offizier und bin nach dem Krieg
unverschuldet in Not geraten. Hab's als Handelsvertreter versucht, das war
mir zu mühsam, und mit dem fehlenden Arm wollten sie mich nicht als
Eintänzer haben. Also hab ich mich aufs Glücksspiel verlegt, ich
kenne sämtliche Spielklubs dieser Stadt, das können Sie mir
glauben.«
Leo nickte mit gespielter
Bewunderung. »Ist das jetzt die Version für Touristen aus der
Provinz?«
Doch Adi ließ sich
nicht beirren. »Nun zu Ihrem Ulrich von Mühl. Stammt, wie
gesagt, aus Schlesien, wohlhabende Familie, großer Gutsbesitz, vier
Söhne, von denen zwei im Weltkrieg gefallen sind. Der ältere
Bruder Karl übernahm den Besitz, während Ulrich zu seinem
Erbteil noch den halben Anteil seiner verstorbenen Brüder
erhielt, wovon es sich in Berlin ganz gut leben lässt. Von Mühl
war übrigens mal verheiratet, aber die Sache ist wohl nicht so
harmonisch gelaufen. Die Ehe wurde geschieden, die Frau bekam die Schuld.«
Leo beugte sich vor. »Konntest
du mehr darüber in Erfahrung bringen?«
Adi grinste anzüglich.
»Sind wohl auf Frauengeschichten aus, was? Es muss ein schwerer
Schlag für von Mühl gewesen sein, zumal die Frau ihm vor Gericht
seelische Grausamkeit vorgeworfen hat. Aber sie war die angebliche
Ehebrecherin und bekam die alleinige Schuld, so dass er keinen Pfennig
Unterhalt an sie zahlen muss. Allerdings empfand er die Scheidung als
rufschädigend.«
Leo schluckte. Er hätte
gern weitergefragt, wollte aber keine unnötige Aufmerksamkeit erregen
und wechselte rasch das Thema. »Und wie sieht es mit dieser
Asgard-Gesellschaft aus?«
Ȇber die war
leider nicht viel herauszufinden«, meinte Adi bedauernd. »Sie
versammeln sich gewöhnlich bei von Mühl zu Hause, es sind etwa
zehn Mitglieder, lauter aktive oder ehemalige Offiziere, wohlhabend und
politisch einflussreich.«
»Kontakte zu Freikorps?
Der Brigade Ehrhardt? Anderen Frontkämpferverbänden?«
Adi zuckte mit den Schultern.
»Um das herauszufinden, fehlte einfach die Zeit. Ich bin doch nur
ein ehrlicher Glücksverkäufer, kein politischer Spitzel. Aber
ich habe mich umgehört und immerhin einige Namen erfahren.« Er
zog einen Zettel aus der Tasche und strich ihn sorgfältig glatt.
»Heinrich Erbesloh, Richard vom Hofe, Meinhard Ritter von Strutwitz.«
Er schob Leo den Zettel hin.
»Na ja, besser als gar
nichts. Hör dich weiter um.«
»Und was kann ich dafür
erwarten?«
»Vielleicht zwitschert
dir ein Vögelchen, wann die
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