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Tod in Blau

Tod in Blau

Titel: Tod in Blau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Goga
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stellten sich um den Tisch herum auf, bevor Leo Handschuhe
     überzog und das Blatt vorsichtig aus dem Umschlag holte. Sein Blick
     fiel auf die Schrift auf der Rückseite. Die blaue Stunde. Anscheinend
     mit blauer Kreide geschrieben. Undatiert.
    »Was ist das?«,
     fragte Berns und beugte sich neugierig vor, als Leo das Blatt umdrehte.
    Vier Köpfe drängten
     sich aneinander, leises Murmeln erklang, jemand drehte das Blatt um
     hundertachtzig Grad.
    »Das ist… sehe
     ich das richtig…«, meinte Walther fragend.
    Leo nickte. »Ich
     glaube, das ist ein Mann, der einen anderen Mann oder Jungen vergewaltigt«,
     sagte er nachdenklich. »Es ist nur angedeutet, aber wie er hinter
     ihm steht… und seht euch das Gesicht des Jungen an.«
    »Der eine trägt
     Uniform«, bemerkte Stahnke. »Könnte eine deutsche sein.«
    Walther deutete auf die
     Schulterstücke. »Ein Offizier.«
    »Deutsche Offiziere tun
     so etwas nicht«, meinte Berns ironisch.
    Leo grinste flüchtig.
     »Meine Herren, ich glaube, wir haben den Schlüssel zu diesem
     Mord gefunden. Die Zeichnung ist zwar nicht signiert, kann aber im Grunde
     nur von Wegner stammen.« Er setzte sich und bot mit einer flüchtigen
     Handbewegung seinen Leuten ebenfalls einen Platz an. »Die Tatsache,
     dass die Zeichnung an einem so ausgefallenen Ort versteckt war, kann kein
     Zufall sein. Entweder hat der Junge sie gestohlen, was ich für
     unwahrscheinlich halte, oder von Wegner selbst bekommen. Sollte Letzteres
     zutreffen, hat er dem Bild gewiss eine ganz besondere Bedeutung
     beigemessen.«
    »Glaubst du…«
     Walther zögerte noch, »glaubst du, die Szene ist echt? Ich
     meine, hat Wegner sie womöglich selbst mit angesehen?«
    Stahnke nickte bedächtig.
     »Das wäre ein Motiv. Der Täter könnte sich dadurch
     bedroht fühlen. Oder erpressbar.«
    Leo stützte den Kopf in
     die Hand und überlegte. »Wegner hat selten mit Bleistift
     gezeichnet, vermutlich ist dies nur ein Entwurf für ein größeres
     Gemälde.«
    »Aber wo ist dann das
     Bild?«, fragte Berns. »Wir haben so etwas weder im Atelier noch bei ihm
     zu Hause oder einem der Kunsthändler gefunden.«
    »Augenblick.« Leo
     hob die Hand und zog die Mappe zu sich heran, die die Unterlagen zum Fall
     Wegner enthielt. Er blätterte eine Weile, dann holte er den Bericht
     der Spurensicherung hervor. »Ich zitiere: ›In den verkohlten
     Überresten fanden sich Holzstücke, die teils von der Staffelei,
     vermutlich aber auch von einem Rahmen stammen, dazu verbogene
     Metallstifte, mit denen möglicherweise eine Leinwand auf den Rahmen
     gespannt war. Somit kann angenommen werden, dass ein Bild auf der
     Staffelei gestanden hat, als diese verbranntem« 
    »Du meinst, er
     arbeitete gerade an diesem Gemälde, als man ihn ermordete?«,
     fragte Walther.
    »Fassen wir noch einmal
     zusammen: Wegner wird niedergeschlagen und verbrannt, allem Anschein nach
     mitsamt einem Bild, an dem er gerade arbeitete. Bei einem Jungen, der
     scheinbar gar nichts damit anfangen kann, findet sich eine seiner Skizzen,
     vermutlich die Vorstudie zu einem Gemälde. Der Junge hat sie gut
     versteckt und niemandem ein Wort davon verraten, auch uns nicht.«
    Walther zog die Skizze noch
     einmal zu sich heran. »Ja, da könnte etwas dran sein.
     Angenommen, dieser Offizier hat sich tatsächlich an einem Jungen oder
     jungen Mann vergangen und Wegner wusste davon. Warum hat er überhaupt
     ein Bild gemalt? Er hätte ihn doch einfach mit einem Brief oder mündlich
     erpressen können, ihn ausnehmen wie eine Weihnachtsgans.«
    »Vielleicht wollte er
     einfach nur ein Bild malen«, warf Stahnke ein. »Für eine
     Erpressung haben wir bisher keinerlei Anhaltspunkte.«
    »Durchaus denkbar«,
     stimmte Leo ihm zu. »Wir kommen jedenfalls nicht weiter, solange wir
     nicht den Jungen gefunden haben. Es ist Zeit für eine Großfahndung;
     falls er den Mann auf dem Bild erkannt hat, befindet
     er sich in höchster Gefahr. Sie geben seine Beschreibung an alle
     Dienststellen weiter. Ach ja, noch eins, wir haben doch die
     Tuschezeichnung, die Wegner von dem Jungen gemacht hat. Die kommt auf die
     Suchplakate. Und denkt an den Regenmantel. Sie werden an den üblichen
     Stellen ausgehängt, Bahnhöfe, Litfaßsäulen und so
     weiter.«        
    Stahnke und Berns eilten
     hinaus. Robert Walther wollte ihnen folgen, doch Leo hielt ihn zurück.
    »Robert, ich habe noch
     eine Idee. Ich weiß, es ist schon ziemlich spät, aber sprich
    

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