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Tod in Blau

Tod in Blau

Titel: Tod in Blau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Goga
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bitte mit Fräulein Pabst und zeige ihr die Skizze. Sie war öfter
     im Atelier und könnte sie kennen. Ich selbst fahre zu Frau Wegner und
     beschreibe sie ihr. Wenn sich bei der Fahndung heute nichts mehr tut,
     kannst du danach Feierabend machen und mich zu Hause anrufen.«
    Sie zogen Hut und Mantel an
     und gingen rasch hinaus.
    *
    Ein Betrunkener kam aus einer
     Kneipe getaumelt und hätte Paul um ein Haar in den Rinnstein gestoßen.
     Der Junge drückte sich an die Hauswand, bis sich der Trunkenbold
     aufgerappelt hatte und fluchend davongewankt war. Er hatte Angst, konnte
     aber nicht zurück. Hier würde ihn der Mann nicht finden, die
     Gassen waren zu verwinkelt, es gab noch alte Ställe und Heuböden
     aus der Zeit, als die Spandauer Vorstadt Scheunenviertel geheißen
     hatte. Außerdem sah der Mann mit dem Auto nicht aus wie einer, der
     sich in solchen Gegenden auskannte.
    Durch die Löcher in den
     Sohlen spürte er das blanke Eis auf den Pfützen. Er lief, ohne
     nachzudenken, als würden seine Beine von einem Motor angetrieben.
     Irgendwann tauchte zu seiner Rechten ein Bahnhof auf. Dort waren ihm zu
     viele Leute, also bog er nach rechts in die erstbeste Straße ab. Und
     fand sich in einer anderen Welt wieder.
    Er ging langsamer, schaute
     nicht mehr auf seine Füße, sondern betrachtete staunend die
     fremdartigen Menschen auf dem Gehweg, in den Torbögen und Eingängen
     der Geschäfte. Er konnte zwar nicht lesen, doch Erich Oster hatte ihm
     die Buchstaben seines Namens beigebracht, und er bemerkte, dass viele
     Schilder mit ganz anderen Zeichen beschriftet waren. Männer standen
     umher und redeten miteinander. Sie trugen lange Mäntel, Hüte und
     dichte Bärte, wie er sie von den Männern im Wedding gar nicht
     kannte. Einige hatten komische Locken vor den Ohren baumeln.
    Zum Glück schien ihn
     niemand zu beachten, so sehr waren die meisten ins Gespräch vertieft.
     Vor der Auslage eines kleinen Ladens blieb er stehen und schaute sehnsüchtig
     hinein. Sein Atem bildete eine Art Nebel auf der Scheibe. Auf einem
     Tablett lagen verschieden geformte Teigtaschen, aus der offenen Tür
     wehte ein köstlicher Duft.
    Als er die Stimme hörte,
     zuckte er zusammen. Eine rundliche Frau mit dunklen Augen und Kopftuch,
     die eine blaue Schürze trug, schaute ihn aus der Tür des Ladens
     freundlich an und winkte ihn zu sich herein. In den Regalen lagen Brote
     und andere Backwaren, alles war eng und dunkel, roch aber lecker. Sie drückte
     ihm zwei Teigtaschen vom Tablett in die Hand, legte den Finger an die
     Lippen und schob ihn rasch hinaus.
    Im Gehen biss Paul gleich in
     die erste Tasche, sie war mit Käse gefüllt und schmeckte
     wunderbar. Schnell schlang er auch die zweite hinunter und glaubte, schon
     ein bisschen Wärme im Magen zu spüren. Doch wo sollte er nun
     hin?
    Er ging die Straße bis
     zum Ende und bog dann nach rechts ab. Als er schon meinte, keinen Schritt
     mehr laufen zu können, entdeckte er gegenüber ein Haus, das
     ziemlich kaputt aussah. Der Dachstuhl war eingesunken, sämtliche
     Fensterscheiben waren zerbrochen, ein Ladenschild baumelte noch schief
     über der Eingangstür. Paul eilte über die Straße und
     trat durch einen halb verschütteten Seiteneingang, tastete sich über Ziegelsteine und
     Schutthaufen, bis er einen Treppenabgang erreichte. Von unten drang dämmriges
     Licht herauf. Er nahm allen Mut zusammen und stieg die schmalen hölzernen
     Stufen hinunter.

 
    22
    Thea Pabst schaute Robert
     Walther überrascht an. »Sie haben aber Glück, ich muss
     gleich zu einem Auftritt.«
    Er drückte leicht gegen
     die Tür und trat ein. »Bedaure, aber es ist dringend. Ich werde
     Sie nicht länger als nötig aufhalten, Fräulein Pabst.«
    Aus dem Wohnzimmer drang die
     Stimme von Stephan Castorff: »Wer ist das, Thea? Wir müssen
     los.«
    Sie führte Walther
     hinein. »Sie kennen sich ja. Stephan, der Herr Kriminalsekretär
     hat noch einige Fragen an mich.«
    Castorff stand vor dem Sofa
     und war dabei, eine Tasche zu packen. Ein golden schimmerndes Trikot
     blitzte auf, er schob einen Packen Geldscheine hinterher. Walther
     erinnerte sich, dass die beiden zurzeit einen recht skandalösen Tanz
     aufführten, der mit der Geldentwertung zu tun hatte und in der Presse
     ziemliches Aufsehen erregt hatte. Der Tänzer blickte nur flüchtig
     hoch. »Ich störe doch nicht, oder? Thea kennt meine
     Bettgeschichten ebenso gut wie ich die ihren.«
    Walther räusperte sich
    

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