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Tod in Bordeaux

Tod in Bordeaux

Titel: Tod in Bordeaux Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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hielten. Den Nachweis zu erbringen war mehr als kompliziert. Dieser Betrug hier war jedoch anders, besser ausgeführt: Er war für Laien, die mit dem Original nicht in Berührung kamen, so gut wie nicht als solcher zu erkennen. Also musste unter allen Umständen verhindert werden, dass Originale auftauchten. Die Welt will betrogen werden, hieß es, aber - stimmte das?
    Weshalb hatte Gaston ihm den Wein mitgegeben? Damit er ...? Ja, was zum Teufel? Zum Probieren hätte eine Flasche gereicht. Wozu dann die ganze Kiste - und noch zwei Flaschen extra? Wollte er den Wein in Sicherheit wissen, oder sollte er ihn tatsächlich nur testen? Es war zu spät, ihn zu fragen. Hatte Gaston etwa Angst gehabt, den Wein bei sich aufzubewahren?
    Morgen würde er Garenne kennen lernen, den Chef von Haut-Bourton. Sollte er ihn allein auf seine Vermutungen hin ansprechen? Weshalb sollte jemand Gaston umbringen? Weil er gewusst hatte, dass es eine Kopie oder eine Fälschung gab? Gaston hätte nichts davon gehabt, wenn er es herumposaunt hätte. Außerdem, wie hätte er es beweisen sollen? Oder ging es um Geld?
    Alles, was man im Liegen denkt, ist Blödsinn, dachte Martin und stand auf. Der Duft frischer Croissants lockte ihn nach unten. Kaum hatte er gut gelaunt die Küche betreten, erstarb jedes Gespräch. Er stürzte den Kaffee hinunter, verzichtete auf ein Croissant und flüchtete in die Garage.
    Die Gärung hatte begonnen, die aufsteigende Kohlensäure schwemmte die Beeren an die Oberfläche und bildete den Tresterhut. Die dicke Schicht musste immer wieder gelockert und die Beeren unter den Wein gemischt werden, damit sich die Farbe und das weiche, süße Tannin vollständig aus ihrer Haut lösen konnten. Martin nahm dazu eine Art Paddel. Später würde er den Wein unten abziehen und oben drüberlaufen lassen, was den Wein zwar in Bewegung versetzen würde, aber die neue Pumpe arbeitete schonend.
    Als Jean-Claude dazukam, erläuterte Martin ihm die nächsten Arbeitsschritte so präzise, wie er konnte.
    Jean-Claude blickte ihn skeptisch an. «Wirst du weitermachen, bis der Wein abgefüllt wird? Du weißt, dass das anderthalb Jahre dauert!»
    «Klar», sagte Martin, «hättest du mit mir die Arbeit hier begonnen, wenn du nicht von dem Ergebnis überzeugt wärest?»
    «Mit Sicherheit nicht. Kannst du so oft aus dem Geschäft weg?»
    «Ich werde es einrichten. Eine Woche hier, eine Woche dort. Nur die Fahrerei kostet mich immer einen Tag -egal. Ich kann auch fliegen und mir hier einen Wagen mieten.»
    «Wie du meinst. Das ist deine Sache. Hast du dich endlich von dem Gedanken gelöst, dass hinter Gastons Tod etwas anderes steckt? Vergiss diese Hirngespinste. Dann kannst du dich besser auf die Arbeit konzentrieren.»
    Martin spürte, wie er wütend wurde. Er murmelte eine Entschuldigung und ging in sein Zimmer. Nein, er würde Jean-Claudes Rat nicht befolgen. In den Weinführern suchte er nach dem Namen, den er im Zolldokument von LaCroix gefunden hatte - Château Moulin de la Vaux. Appellation Castillon - La-Bataille. Er blätterte in Namensregistern, bei den Appellationen, im Index der Gemeinden - Moulin de la Vaux wurde nirgends erwähnt.
    Vielleicht würde er in Belvès fündig werden, dem Zentrum der Appellation, die auf dem Formular angegeben war.
    Es war nicht weit; die Landstraße wand sich durch Weinfelder und winzige Dörfer mit grauen Sandsteinhäusern. An jeder Einfahrt wurde zur Weinprobe eingeladen. Zerfetzte Wahlplakate der Sozialisten bedeckten die Mauern, neofaschistische Parolen waren übermalt worden, aber die Farbe deckte nicht. Hier und da bewegten sich Pflückerkolonnen durch die Weingärten, und hochbeinige Erntemaschinen rollten wie riesige Insekten über die Rebzeilen und schaufelten sich die Trauben in den Leib.
    Kaum ein Flecken Erde, der nicht mit Wein bestockt war, sogar die Verkehrsinseln. Alles gehörte zu Bordeaux, alle Weine erhielten diesen Namen. Was würden das für Gewächse sein, wenn sie, meist schon im nächsten Frühjahr, ein Etikett trugen mit einem herrschaftlichen Château, die Rebzeilen strahlenförmig darauf zulaufend. Dazu ein klangvoller Name in hübscher Typographie, der der Phantasie das nötige Futter gab.
    Hinter Castilion achtete er auf Wegweiser zum Château Moulin de la Vaux. Während andere Kellereien ausgewiesen waren, fehlte jeder Hinweis auf Moulin. Auch in Belvès kannte niemand ein Château dieses Namens. Auf dem Rückweg hielt er kurz vor Castilion an einer ländlichen Tankstelle

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