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Tod in Bordeaux

Tod in Bordeaux

Titel: Tod in Bordeaux Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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verkauft worden waren, 260 als gesamte Partie. Martin wurde klar, dass sich jemand die Mühe gemacht hatte, den 89er Jahrgang restlos vom Markt verschwinden zu lassen.
    Am Dienstag, als sein Gesicht abgeschwollen war und er mit seinem Aussehen niemanden mehr erschrecken konnte, wollte er eigentlich in aller Frühe zu Weimer & Brandes nach Hamburg fahren, aber Sichel hatte seine Beziehungen spielen lassen. Er bestellte ihn ins Cafe Laumer in die Bockenheimer Landstraße. Als Martin eintraf, saß er bereits dort und blickte der italienischen Bedienung hinterher, die ihm eben einen Cappuccino gebracht hatte.
    «Viel zu jung für dich», bemerkte Martin mitleidig, dem Sichels interessierter Blick nicht entgangen war, und zog sich einen Chippendalestuhl vom Nebentisch heran.
    «Ich weiß, du hattest nie eine Mutter, die sich um dich gekümmert hat; deshalb magst du ältere Frauen, solche wie Petra.»
    «Basieren deine Theorien mehr auf Freud oder C. G. Jung?»
    «Pawlow, mein Lieber, ich bin Pawlows Hund. Leider hat Freud mich mit dem Überich ausgestattet. Also kann ich nicht so, wie ich will. Wie ist das bei dir? Was war das Erste, was dir an dieser Französin gefallen hat?»
    «Das war bei Gastons Beerdigung ...»
    «Was spielt das für eine Rolle? Na, was denn nun?»
    «Eigentlich ... dass sie so spröde war, zuerst, und ihr Nacken ...»
    «Na, siehste, willkommen im Club der Hunde. Jetzt aber zu den Richtigen.» Sichel nahm sein Notizbuch und schlug es auf. «Ich mache es kurz. Der Wein, von dem du gesprochen hast, dieser Moulin de la ... Vaux. Es waren insgesamt vier Lieferungen innerhalb von nur drei Monaten. Man hat sich über die Menge gewundert, weil Moulin vorher nie als Exporteur in Erscheinung getreten ist.»
    «Wie viel ist es gewesen?» Martin verspürte eine gewisse Befriedigung, weil sich sein Verdacht zu bestätigen schien.
    «Jedes Mal 25 Paletten. Die letzte Partie musste sofort verladen werden und ist nicht nach Singapur, sondern nach London gegangen - da kam extra jemand aus Bordeaux, um das Verladen zu überwachen.»
    «Hieß der zufällig Drapeau?»
    «Stimmt, den Namen habe ich hier», sagte Sichel und hakte nach. «Kennst du den?»
    «Das ist der Korse, von dem ich erzählt habe, der führt auf Château Clairmont die Geschäfte. Er ist wohl der Mann fürs Grobe.»
    «Die Lieferung nach London war an eine International Fine Wine Ltd. gerichtet, 16 New Cavendish Road, London, W1G 12 UD, schreib dir das auf.»
    «Und was ist mit Datenschutz? Wie kommst du an all die Informationen?»
    «Weil Versicherungen sich mit allem auseinander setzen müssen, mit dem Weltklima genauso wie mit deinem Sofa. Jeder hat Freunde, außerdem zahlt unsere Branche besser als die Polizei. Die wirklich guten Ermittler kommen zu uns. Aber wir wissen noch immer nicht, ob es sich bei den Lieferungen nach Singapur um den billigen Moulin oder um den teuren Haut-Bourton handelt. Das einzige Beweismittel, wenn es denn eines ist, sind dein Zettel...» Sichel strich die Kopie der Zollerklärung glatt, «... und die Bretter und Scherben. Aber die hat Kommissar Hulot...»
    «... Grivot ...», verbesserte Martin schmunzelnd. «Aber du hast Recht, Hulot passt besser. Der ist dem Jacques Tatí aus ‹Die Ferien des Monsieur Hulot› ziemlich ähnlich, nur viel kleiner. Ob er genauso weltfremd ist und seine Mörder mit dem Fahrrad verfolgt oder ob er nur so tut?»
    «Dann rufe ihn an ...»
    «Werde ich ... Ich frage mich allerdings, weshalb Garenne und seine Knochenbrecher so scharf auf Gastons Notizen sind. Da muss irgendetwas drinstehen, was sie kompromittiert oder was sie unbedingt wissen wollen. Um den Pechant kann es eigentlich nicht gehen, Garenne hat damit nichts zu tun.»
    «Das glaube ich auch. Bei den Summen, um die hier gespielt wird, ist sein Wein einfach lächerlich.»
    «Gaston hat mit seinen 7000 Flaschen im letzten Jahr immerhin an die 350 000 Euro gemacht. Eh, wo hast du deine Augen? Dann sprich sie schon an, aber an ihrer Stelle würde ich mich vor dir fürchten.»
    «Man wird ja noch hinschauen dürfen. Was der Wein für deine Nase, Martin, ist diese junge Dame für meine Augen.» Sichel stand tatsächlich auf, Martin dachte schon, dass er die Bedienung ansprechen würde, aber er reckte sich nur und setzte sich wieder. «Nein, mein Freund, 350 000 Euro sind zwar eine Menge Geld, aber das ist Arbeitslohn plus Zinsen für die Bank, weiter nichts. Hier jedoch geht es um richtiges Geld. Je länger ich darüber nachdenke,

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