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Tod in Bordeaux

Tod in Bordeaux

Titel: Tod in Bordeaux Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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desto eher vermute ich eine Organisation dahinter. Wenn es ist, wie du sagst, müssten sie 120 000 Flaschen am französischen Zoll vorbeiproduzieren. Das scheint mir die größte Schwierigkeit.»
    Martin lehnte sich zurück, streckte die Beine unter dem Tisch aus und starrte auf seine leere Tasse. «Im Gegenteil, das ist einfach, wenn man nicht für den französischen Markt produziert, denn für den brauchst du spezielle Kapseln, mit der Marianne darauf, dem Revolutionssymbol. Die stellt der Zoll zur Verfügung, genau abgezählt. Garenne hat, soviel ich weiß, fünf Châteaus, vielleicht sind es sogar mehr, unter anderen Firmennamen. Er muss angeben, wie viel er produziert, und dann produziert er eben in den anderen Kellereien mehr, oder er kauft Trauben oder fertigen Wein hinzu. Für den Export nimmt er dann neutrale Kapseln.»
    «Dann scheint die Sache doch einfacher, als ich dachte, Martin.» Sichel begann lebhaft zu gestikulieren. «Er produziert den Moulin de la Vaux, gibt die Menge offiziell an, liefert ihn nach Hamburg oder Rotterdam, und in London oder Singapur liegen Flaschen mit dem Etikett des Haut-Bourton in den Kisten. Sein Geschäftsfreund zahlt den Moulin, ganz offiziell, und die Differenz zum Haut-Bourton kriegt er in Singapur oder sonst wo auf ein Nummernkonto. Gaston wird ihnen auf die Schliche gekommen sein - deshalb haben sie ihn wahrscheinlich umgebracht, mit diesem Gabelstapler ... Was nun? Wenn du deinen Kommissar nicht davon überzeugst, sitzt du in der Tinte.»
    «Dann muss ich mich darum kümmern.»
    «Also doch die Sterbegeldversicherung? Ich sag es meiner Sekretärin ...»
    Martins Allgemeinzustand hatte sich schon wesentlich verbessert, aber als er um ein Uhr morgens seine Wohnung aufschloss, fühlte er sich doch müde und angeschlagen. Bis zu dem Überfall war er gut mit nur fünf Stunden Schlaf ausgekommen. Er war anderentags frisch, konnte arbeiten und hatte auch nach durchzechter Nacht selten einen Kater. Jetzt aber war er schlapp, ein wenig benebelt, und sein Bein schmerzte. Morgen würde er zum Arzt gehen und sich die Fäden aus der Kopfwunde ziehen lassen. Hoffentlich war alles gut verheilt.
    Er ließ sich aufs Sofa fallen und schaute auf das Display des Anrufbeantworters: drei Anrufe. Er drückte auf die Taste für Nachrichten. Der erste Anrufer hatte nichts hinterlassen, der zweite Anrufer - oh, Charlottes Stimme! Martin wurde schlagartig wach.
    «Bon soir , Martin. Tut mir Leid, dass ich erst jetzt anrufe. Ich hatte sehr viel zu tun, war drei Tage in Kampala wegen der Kongoflüchtlinge, ganz schrecklich. Aber ich habe auch gute Nachrichten, ich hätte es dir gern selbst gesagt. Mein Vater hat Caroline davon überzeugt, dass sie mit dir Weiterarbeiten muss. Du sollst wiederkommen, es tut ihr Leid. Also, ruf sie an, sie traut sich nicht, sie hat ein schlechtes Gewissen. Ich probiere es morgen wieder bei dir. Bonne nuit.»
    Es geht aufwärts, dachte Martin erleichtert und drückte auf Wiederholen. Welch ein Lichtblick. Schön, dass Caroline sich wieder gefangen hatte. Sie würden mit Sicherheit zu ihrer alten Freundschaft zurückfinden, und Gaston würde zu einem Bestandteil ihrer gemeinsamen Vergangenheit werden. Während Martin Charlotte erneut zuhörte, freute er sich wieder auf Saint-Émilion, auf die Kinder, besonders auf Daniel, der sich bereits für die Kellerarbeit interessierte. Martin sah in Gedanken die Gärbottiche in der Garage vor sich, den Weinberg, das Haus der Nachbarn und merkte, dass er lächelte.
    Gut gelaunt ging er in die Küche, holte sich den Grünen Veltliner aus dem Kühlschrank und streckte sich auf dem Sofa aus. Erneut drückte er die Wiederholungstaste und genoss Charlottes Stimme. Er stellte sich ihr Gesicht vor, ihren Nacken, an dem er gern leicht mit der Nasenspitze hinuntergefahren wäre, weiter an der Wirbelsäule hinab zwischen die gebräunten Schulterblätter ... als eine hässliche Männerstimme dazwischenfuhr:
    «Monsieur, Sie wurden eindeutig aufgefordert, sich zurückzuhalten.» Mein Gott, der Korse! Martin erkannte die Stimme sofort, obwohl er ihn kaum hatte sprechen hören, und sein Magen verkrampfte sich. «Sie sind dieser Aufforderung nicht nachgekommen, Sie werden die Konsequenzen tragen ...» Mit einem Knacken endete die Mitteilung.
    Martin hob den Kopf und sah den Gauguin an der Wand, in dem sich der Mann gespiegelt hatte, der ihn niedergeschlagen hatte.
    Welchen Fehler hatte er gemacht? Oder hatte Sichel bei seinen Aktivitäten Staub

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