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Tod in Bordeaux

Tod in Bordeaux

Titel: Tod in Bordeaux Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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    «Aus Cairenne, ein Côtes du Rhône Villages. Mein Cousin arbeitet da», sagte der Patron und holte die zweite Flasche.
    Irgendwann am Abend, nachdem Martin Jacques seine Theorien über Gastons Tod erläutert hatte, fragte er ihn unvermittelt: «Kennst du einen Mann namens Bichot?»
    Jacques verzog den Mund. «Mein letzter Chef hieß so, auf Château Grandville.»
    Martin nickte heftig. «Genau den meine ich. Dein ... ehemaliger Chef?»
    «Ja. Ich habe lange bei ihm gearbeitet. Le faucon haben wir ihn genannt, den Falken. Dem entgeht nichts, der hat seine Augen überall, ist immer auf der Jagd und kriegt, was er haben will ... Ein Weingut nach dem anderen. Zwanzig oder dreißig hat er mittlerweile.»
    «Er hat mir erzählt, er hätte seinen Önologen entlassen. Warst du das?»
    «Ja. Von jetzt auf gleich. Ich habe einen schlechten Wein vernichten lassen. Irgendetwas war mit dem Barrique nicht in Ordnung. Das habe ich ihm gesagt. Er hat mich auf der Stelle aufgefordert zu gehen. Wenn du bei dem im Keller was verkostest, dann gießt er den Rest aus deinem Glas wieder ins Fass. Habgierig wie kein Zweiter. Gleichzeitig gibt er die größten Feste. Neulich erst...»
    «Ich weiß», sagte Martin.
    «Du warst auch da? Na bitte, dann gehörst du doch dazu. Was willst du hier bei uns?»
    «Es ist lustiger», sagte Martin. «Man kann sein, wie man ist, und guten Wein hat der Patron auch.»
    Das, was Jacques über Bichot gesagt hatte, tat er ab. So wie er sprachen viele Angestellte, die im Streit gingen, über ihre vorherigen Arbeitgeber, egal, was vorgefallen war. Er behielt seine Meinung jedoch für sich und beugte sich vertraulich zu Jacques: «Was ist, kannst du mir nun die Pistole besorgen, oder kennst du jemanden, von dem ich eine kriegen kann?»
    Jacques reagierte so gelassen, als würde er täglich danach gefragt. «Glaubst du, dass es dir hilft? Kaufen kann man alles, sicher, es ist nur eine Frage des Preises. Was für ein Fabrikat, was willst du anlegen? Wie schnell brauchst du das Ding?»
    Am späten Nachmittag des folgenden Tages stellten Jacques und zwei seiner Freunde, Bernard und Antoine, einen Campinganhänger auf den Kiesweg zwischen Carolines Wohnhaus und die Garage. Von dort aus hatten sie die Eingänge beider Gebäude im Blick. Einer der Aufpasser war Elektriker. Er installierte, sehr zur Freude der Kinder, die sich stundenlang damit beschäftigten, vor den Eingängen des Wohnhauses und der Garage Bewegungsmelder, die nachts eingeschaltet wurden und so justiert waren, dass sie nicht schon auf jeden streunenden Köter ansprachen. Auch Jacques hatte versprochen, die eine oder andere Wache zu übernehmen, aber nur dann, so mutmaßte Martin, wenn er sich zufällig mal nicht mit einer Frau verabredet hatte.
    Niemandem war im Mindesten an einer Auseinandersetzung mit nächtlichen Besuchern gelegen, die womöglich die Garage verwüsten oder Martin aus dem Verkehr ziehen wollten. Es ging lediglich darum, Präsenz zu zeigen und dadurch etwaige Eindringlinge abzuschrecken. Für Simone und Daniel war die Anwesenheit der Männer eine willkommene Abwechslung, zumal die Männer, um sich die Langeweile zu vertreiben, nachmittags mit ihnen spielten. Und auch Caroline begrüßte ihre Anwesenheit und widmete sich gern der Aufgabe, alle zu bekochen, was sie ein wenig von ihrer Trauer um Gaston ablenkte.
    Martin fühlte sich ungeheuer entlastet, sein Nacken entspannte sich, die Rückenbeschwerden gingen zurück, und er lief täglich einen halben Kilometer weiter. Zumindest in der Nähe des Hauses fühlte er sich vor Verfolgern sicher, lediglich beim Autofahren wanderte sein Blick ständig von der Straße in den Rückspiegel. Denn so gerne er es auch ignoriert hätte: Nichts war geklärt.
    Gastons Mörder mochte tot sein, nicht aber der Auftraggeber. Das Geschäft mit den gefälschten Weinen lief weiter, und was Fleury aushecken würde, den er beleidigt und gedemütigt hatte, stand in den Sternen. In seiner Jackentasche trug Martin jetzt immer eine kurzläufige 38er Smith & Wesson, die Jacques ihm zugesteckt hatte. Mehr als 15 Jahre war es her, seit Martin während seiner Grundausbildung bei der Bundeswehr mit einer Pistole geschossen hatte, einer Walter PPK. War die Erfahrung auch nur gering, so gab sie ihm doch das Gefühl, mit der Waffe umgehen zu können. Viel wichtiger aber war das Gefühl von Sicherheit, das sie ihm vermittelte. Situationen wie die an jenem Abend vor seiner Wohnung würden nun anders

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