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Tod in Breslau

Tod in Breslau

Titel: Tod in Breslau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marek Krajewski
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kön-
    nen. Aber sollen sie ruhig lachen …«
    Sie schwiegen. Von Hardenburg konzentrierte sich auf
    das Bühnengeschehen, während Mock überlegte, ob die-
    ses frivole Ambiente wohl die richtige Gelegenheit böte,
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    um jene wichtige, ja für ihn lebenswichtige Angelegenheit
    anzusprechen. Nach einigem Zögern setzte er an:
    »Apropos Klaus … ich hätte da eine Bitte an Sie …«
    »Herr Eberhard«, von Hardenburg wurde immer ver-
    traulicher. »Ich habe ja noch nicht einmal Ihre erste Bitte bezüglich dieses Türken erfüllt, und schon haben Sie eine
    zweite … Aber Scherz beiseite. Bitte, sprechen Sie!«
    »Herr Baron«, Mock schlug, im Gegensatz zu seinem
    Gesprächspartner, einen offiziellen Ton an. »Ich wäre an
    einer Arbeit bei der Abwehr interessiert.«
    »Ach so? Weshalb denn das?« Der Kerzenschein und
    die diskret gedämpfte Tischbeleuchtung spiegelten sich in
    von Hardenburgs Monokel.
    »Ganz einfach deshalb, weil meine Abteilung immer
    mehr von diesen Kanaillen aus dem Lager von Kraus
    durchsetzt wird.« Mock sparte sich umständliche Vor-
    reden. »Schon jetzt behandelt er mich von oben herab,
    und es wird nicht mehr lange dauern, und er beginnt,
    mir dienstliche Anweisungen zu erteilen. Ich werde
    langsam zum Schatten eines Chefs – ich bin auf dem be-
    sten Weg, zu einem Strohmann, zu einer Marionette
    dieser ungehobelten Gestapo-Bande von Banditen und
    Barbaren zu werden. Herr Baron, ich komme aus einer
    armen Waldenburger Familie, die sich mit ihrem Ge-
    werbe schlecht und recht über Wasser gehalten hat.
    Doch nichtsdestoweniger oder gerade deshalb möchte
    ich, um mit Horaz zu sprechen, integer vitae scelerisque purus bleiben.«
    »Aber Herr Eberhard, Sie sind trotz Ihrer Herkunft im
    Geiste ein echter Aristokrat. Aber Sie sind sich wohl im
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    Klaren, dass auch die Arbeit bei uns keine leichte Sache
    ist, wenn man sich Ihrer Maxime verpflichtet fühlt?«
    »Lieber Herr Baron, ich habe meine Unschuld schon
    vor langer Zeit eingebüßt – und bei der Polizei bin ich
    schon seit 1904, mit einer Unterbrechung während des
    Krieges, als ich in Russland gekämpft habe. Ich habe eini-
    ges gesehen, aber Sie werden mit mir übereinstimmen,
    wenn ich Ihnen sage, dass es zwischen einem staatlichen
    Ordnungshüter, der nicht immer nur konventionelle Me-
    thoden anwendet, und einem Henkersknecht einen Un-
    terschied gibt …«
    Von Hardenburg zeigte sich amüsiert, und sein Mono-
    kel blitzte auf, als er sagte: »Sie sollten allerdings wissen, dass ich Ihnen keine Führungsposition anbieten könnte.«
    »Ich möchte Ihnen mit einem Satz Napoleons antwor-
    ten: Es ist besser, der Zweite, der Fünfte oder gar der
    Zehnte in Paris zu sein, als der Erste in Lyon.«
    »Ich verstehe, aber ich kann Ihnen zum jetzigen Zeit-
    punkt nichts versprechen.« Von Hardenburg studierte
    die Speisekarte. »Es hängt nicht nur von mir ab. Ah, das
    nehme ich: Rippchen mit Pilzsoße. Jetzt aber noch zu et-
    was anderem: Ich habe einige Informationen über Kemal
    Erkin für Sie. Er ist Kurde. Er stammt aus einer wohlha-
    benden Kaufmannsfamilie. 1913 hat er eine elitäre Kadet-
    tenschule in Istanbul abgeschlossen. Ein guter Schüler,
    und am eifrigsten war er beim Erlernen der deutschen
    Sprache. Deutsch war schon damals Pflichtfach in jeder
    türkischen Handelsschule und bei der Militärausbildung.
    Während des Krieges war er auf dem Balkan und in Ar-
    menien im Einsatz. Von dort rührt auch sein schlimmer
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    Ruf. Er soll ein brutaler Sadist während des Massakers an
    den Armeniern gewesen sein. Mein türkischer Informant
    wollte bei seinem Bericht in diesem Punkt nicht weiter
    ins Detail gehen, da das weder im Leben Erkins noch in
    der türkischen Geschichte ein allzu interessantes Kapitel
    sei. 1921 wurde Erkin als junger Offizier des türkischen
    Geheimdienstes für zwei Jahre zu ergänzenden Studien
    nach Berlin geschickt und hat dort zahlreiche Freund-
    schaften geschlossen. Nach seiner Rückkehr ist er bei der
    türkischen politischen Polizei immer höher aufgestiegen.
    Dann, im Jahre 1924, kurz bevor er das Amt des Geheim-
    polizeichefs in Smyrna antreten sollte, hat er plötzlich um seine Versetzung nach Berlin gebeten. Er hatte erfahren,
    dass am türkischen Konsulat in Berlin die Stelle des stellvertretenden Militärberaters frei geworden war. Es war
    wohl so, dass Erkin, ähnlich wie Sie, lieber der Zweite in Paris als der Erste in Lyon sein wollte. Man ist seiner Bitte nachgekommen, und daher lebt

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