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Tod in den Anden

Tod in den Anden

Titel: Tod in den Anden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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Scheißkerl.«
    »Na, endlich ist der berühmte Pate aufgetaucht«, rief Lituma aus. »Ich hab schon auf ihn gewartet, er interessiert mich am meisten an deiner Geschichte. Vielleicht überwinde ich ja so den Schrecken dieses verdammten huayco. Komm, erzähl weiter, Tomasito.«
    »Ja, Pate«, sagte Carreño demütig. »Wie Sie wünschen.«
    Der dicke Iscariote vergrub sein Gesicht in den Teller mit paniertem Fleisch, Spiegeleiern, gebratenen Kartoffeln und weißem Reis, damit er ihm nicht in die Augen schauen mußte. Er kaute heftig und nahm zwischen jedem Bissen einen großen Schluck Bier. Der Kommandant war in Zivil, mit einem Seidenschal um den Hals und dunkler Brille. Im Halbdunkel, zwischen den spärlich angebrachten flimmerndenNeonröhren, schimmerte sein kahler Schädel. Eine brennende Zigarette hing von seinen Lippen herab, und ein Glas mit Whisky schaukelte in seiner rechten Hand.
    »Daß du den Chancho umgelegt hast, ist Respektlosigkeit mir gegenüber, denn ich hab dich nach Tingo María geschickt, um auf ihn aufzupassen«, sagte der Kommandant. »Aber das ist es nicht, was mich an deiner Blödheit am meisten ärgert. Weißt du, was es ist? Daß du es aus dem Grund getan hast, aus dem du es getan hast. Sag, warum hast du es getan, du Schwachkopf?«
    »Sie wissen ganz genau, warum, Pate«, murmelte der Junge mit demütig gesenktem Blick. »Hat Iscariote es Ihnen denn nicht gesagt?«
    »Wart ihr in einem Bordell?« fragte Lituma. »Mit Musik und Nutten um den Tisch? War dein Pate dort der King?«
    »Halb Diskothek, halb Bar, halb Puff«, erklärte Tomasito. »Ohne Zimmer für die Paare. Die Typen mußten mit den Mädchen ins Hotel gegenüber gehen. Mein Pate war Teilhaber, glaube ich. Ich hab überhaupt nichts mitgekriegt, ich hatte das Herz in der Hose, Herr Korporal.«
    »Ich will es aus deinem eigenen Mund hören, verdammter Scheißkerl«, befahl der Kommandant mit einer gebieterischen Handbewegung.
    »Ich hab ihn umgebracht, weil der Chancho sie zu seinem Vergnügen geschlagen hat«, flüsterte der Jungemit gesenktem Kopf und dünner Stimme. »Das wußten Sie doch schon, Iscariote hat es Ihnen doch schon erzählt.«
    Der Kommandant lachte nicht. Er saß reglos da und schaute ihn durch seine dunkle Brille an, leicht nickend. Er klopfte im Rhythmus der Salsamusik mit dem Whiskyglas auf den Tisch. Bis er schließlich, ohne sich umzuwenden, eine vorbeigehende Frau mit changierender Bluse am Arm packte. Er zwang sie, näher zu kommen, sich herunterzubeugen, und fragte sie ohne Umschweife:
    »Gefällt es dir, wenn deine Freier dich schlagen, ja oder nein?«
    »Mir gefällt alles, was du mit mir machst, papacito «, sagte die Frau lachend, während sie ihn am Schnurrbart zupfte. »Willst du tanzen?«
    Der Kommandant schubste sie freundlich auf die Tanzfläche zurück. Und er beugte sich zu Carreño vor, der steif auf seinem Stuhl saß:
    »Die Frauen haben gern ein bißchen Züchtigung im Bett, du Trottel, du hast ja keinen blassen Schimmer.« Er verzog angewidert das Gesicht. »Was mich ankotzt, ist, daß ich mein Vertrauen in einen Idioten gesetzt habe, der von Gott und der Welt keine Ahnung hat. Du würdest es verdienen, daß ich dich umlege, nicht, weil du den Chancho abgeknallt hast, sondern weil du so blöd bist. Bereust du es wenigstens?«
    »Ich bereue, daß ich Ihnen gegenüber schlecht dastehe, wo meine Mutter und ich Ihnen doch so vielverdanken«, stotterte der Junge. Und er fügte mit großer Anstrengung hinzu: »Aber verzeihen Sie mir, Pate, die Sache mit dem Chancho bereue ich nicht. Ich würde ihn wieder umlegen, wenn er wiederauferstehen sollte.«
    »Ach ja?« rief der Kommandant überrascht aus. »Hörst du, was der da sagt, Iscariote? Glaubst du, daß er noch blöder geworden ist, seit er hier hereingekommen ist? Hörst du, wie wütend er auf den armen Chancho ist, nur weil der seiner Nutte ein paar verpaßt hat?«
    »Sie war nicht seine Nutte, nur seine Freundin, Pate«, unterbrach ihn Carreño flehend. »Sprechen Sie nicht so von ihr, ich bitte Sie, sie ist jetzt meine Frau. Genauer gesagt, sie wird es bald. Mercedes und ich werden heiraten.«
    Der Kommandant sah ihn eine Weile an und brach schließlich in Lachen aus.
    »Mir fiel ein Stein vom Herzen, Herr Korporal«, sagte Tomasito. »Dieses Lachen bedeutete, daß er mir trotz seiner Flüche schon zu verzeihen begann.«
    »Ist er nicht etwas mehr als dein Pate, Tomasito?« fragte Lituma. »Er ist wohl nicht zufällig dein Vater?«
    »Das hab

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