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Tod in den Anden

Tod in den Anden

Titel: Tod in den Anden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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gefallen hat?‹ Weil ihre Füße anschwollen und sie ihnen bei ihren Wanderungen nicht mehr folgen konnte. Sie waren viele, und nicht immer schafften sie es, daß ein Lastwagen sie mitnahm. Sie machten ihre Reisen zu Fuß, tagelang dorthin, wochenlang dahin. Zu dieser Zeit war das möglich, es gab weder Terroristen noch Antisubversive in den Anden. Deshalb fand die Frau aus Huancasancos sich schließlich damit ab, den Steiger zu heiraten und hier in Naccos Vernunft anzunehmen. Aber sie träumte ständig von ihren alten Abenteuern, sehnte sich nach den Reisen und nach den Lastern. Sie sang traurige huaynitos zur Erinnerung und seufzte: ›Ach ja, ich war glücklich.‹ Sie berührte voll Wehmut die kleinen Narben.
    So kam es, daß ich, von Neugier gepackt, voll Unruhe, seit ich an diesem Nationalfeiertag mit ihm getanzt und er mich mit seinen Händen berührt hatte, ›gut‹ sagte, als Dionisio das nächste Mal nach Naccos kam und mich fragte, ob ich ihn heiraten wolle. DasBergwerk stand kurz vor dem Ruin. In Santa Rita war das Metall ausgegangen, und der Weiberhengst hielt die Leute in Angst und Schrecken, seitdem er Sebastián, Timoteos Freund, ausgedörrt hatte. Dionisio bat mich nicht, zu den verrückten Weibern zu gehen, eine mehr in seiner Truppe zu sein. Er bat mich, ihn zu heiraten. Er war in mich verliebt, seitdem er wußte, wie ich Timoteo geholfen hatte, den pishtaco Salcedo in den Grotten von Quenka zur Strecke zu bringen. ›Du bist für mich bestimmt‹, versicherte er mir. Die Sterne und die Karten haben mir später bestätigt, daß es so war.
    Wir heirateten in der Gemeinschaft von Muquiyauyo, wo man große Stücke auf ihn hielt, seitdem er sämtliche jungen Bauern von einer Starrkrampfepidemie geheilt hatte. Ja, vom Schwanzkrampf. Er befiel sie in einem regnerischen Sommer. Es war zum Totlachen, ja, aber sie heulten vor Verzweiflung. Von dem Augenblick an, wo sie beim Hahnenschrei die Augen öffneten, war er geschwollen, hochrot und brannte wie Ajípfeffer. Sie wußten nicht, was sie tun sollten. Sie wuschen sich mit kaltem Wasser und nichts, sie wichsten, und er richtete sich wieder auf, wie eine Sprungfederpuppe. Und während sie die Tiere molken oder die Saat ausbrachten oder die Bäume beschnitten und alles taten, was sie tun mußten, stand er weiter dick und schwer zwischen ihren Beinen, wie ein Sporn oder wie der Schwengel einer Glocke. Sie holten einen Priester aus dem Kloster des heiligenAntonius in Ocopa. Er las ihnen eine Messe und exorzierte sie mit Weihrauch. Nicht einmal das half: Die Schwänze drängten und wuchsen weiter, bis sie die Unterhosen zerrissen und sich im hellsten Tageslicht zeigten. Dann kam Dionisio. Sie erzählten ihm, was geschehen war, und er veranstaltete eine fröhliche Prozession mit Tanz und Musik. Statt eines Heiligen trugen sie einen Schwanz aus Ton auf dem Traggestell, der beste Töpfer von Muquiyauyo hatte ihn modelliert. Die Musikkapelle spielte einen Militärmarsch für ihn, und die Mädchen schmückten ihn mit Blumengirlanden. Seinen Anweisungen folgend, versenkten sie ihn im Mantaro. Die von der Epidemie befallenen jungen Männer sprangen ebenfalls in den Fluß. Als sie herausstiegen, um sich abzutrocknen, waren sie wieder normal, schlummerte er ihnen schon wieder schön schrumpelig zwischen den Beinen.
    Der Pfarrer von Muquiyauyo wollte uns zuerst nicht trauen. ›Der ist nicht katholisch, er ist ein Heide und ein Wilder‹, sagte er und verscheuchte ihn mit der Hand. Aber nachdem er ein paar Gläschen getrunken hatte, wurde er weich und traute uns. Das Fest dauerte drei Tage, während deren wir tanzten und aßen, tanzten und tranken, tanzten und tanzten, bis wir den Verstand verloren. Als am zweiten Tag die Dunkelheit hereinbrach, nahm mich Dionisio bei der Hand, ließ mich einen Berghang hochsteigen und zeigte mir den Himmel. ›Siehst du diese kleine Gruppe von Sternen dort, die eine Krone bilden?‹ Sie unterschiedensich ganz deutlich von den anderen. ›Ja, ich sehe sie.‹ ›Sie sind mein Hochzeitsgeschenk.‹
    Aber er konnte mich noch nicht nehmen, weil er zuerst ein Gelübde erfüllen mußte. Weit von Muquiyauyo entfernt, auf der anderen Seite des Mantaro, hoch in den Bergen von Jauja, im Bezirk Yanacoto, wo Dionisio als Kind gelebt hatte. Als seine Mutter starb, vom Blitz verbrannt, konnte er sich nicht abfinden mit diesem Tod. Und er begab sich auf die Suche nach ihr, sicher, daß er sie irgendwo finden würde. Er wurde zum Wanderer, lebte wie

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