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Tod in den Anden

Tod in den Anden

Titel: Tod in den Anden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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zitternd, und mit seiner Kehle die gleichen Laute wiederholt, mit denen sie sich untereinander verständigten.
    »In diesen Bergen«, verstand schließlich einer von ihnen. »Dort werden die Schlafplätze sein.«
    »Führ uns hin«, befahl der Junge mit dem harten Blick.
    »Komm mit, trag auch du dein Scherflein bei, kleiner Stummer.«
    An der Spitze der Gruppe führte er sie, querfeldein. Es regnete nicht mehr. Der Himmel war rein und blau, und die Sonne vergoldete die Spitzen der umliegenden Berge. Durch die feuchte Luft stieg aus dem strohgelben Gras und dem schlammigen, mit Pfützen bedeckten Boden ein scharfer Geruch empor, der Pedrito mit Freude erfüllte. Er weitete die Nasenlöcher und atmete diesen Geruch nach Feuchtigkeit, Erde und Wurzeln ein, der nach dem Unwetter die Welt entschädigen zu wollen schien, all die beruhigte, die unter den Regengüssen und Donnerschlägen gefürchtet hatten, das Leben würde in einer Katastrophe enden. Sie kamen nur langsam voran, denn der Boden war glitschig, und die Füße sanken bis zu den Knöcheln ein. Sie mußten sich die Schuhe, die Turnschuhe, die Gummisandalen ausziehen. Hatte er Soldaten, Polizisten gesehen?
    »Er versteht nicht«, sagten sie. »Er ist ein Depp.«
    »Er versteht, aber er kann sich nicht ausdrücken«, sagten sie. »Soviel Einsamkeit, so ein Leben unter Vikunjas. Er ist verwildert.«
    »Das wohl eher«, sagten sie.
    Als sie an den Saum der Berge gelangten, gab Pedrito Tinoco ihnen durch Zeichen, Hüpfer, Gesten und Grimassen zu verstehen, daß sie, um sie nicht zu verschrecken, still im Gebüsch verharren sollten. Ohne zu reden, ohne sich zu rühren. Die Tiere besaßen ein feines Gehör und einen guten Blick, sie waren mißtrauisch und ängstlich, sie begannen zu zittern, kaum daß sie Fremde witterten.
    »Wir sollen hier warten, wir sollen still sein«, sagte das Kind mit den harten Augen. »Schwärmt aus, ohne Lärm.«
    Pedrito Tinoco sah, wie sie stehenblieben, auseinandergingen, einen fächerartigen Bogen bildeten und sich in großer Entfernung voneinander zwischen die Wedel des Ichu-Grases duckten.
    Er wartete, bis sie sich aufgestellt, sich versteckt hatten, bis die Geräusche aufhörten, die sie machten. Auf Zehenspitzen näherte er sich den Höhlen. Nach kurzer Zeit gewahrte er den Schimmer ihrer Riesenaugen. Die Tiere am Eingang, die wachten, beobachteten ihn beim Näherkommen. Sie prüften ihn, die Ohren schon steif, schärften ihre kalten Nüstern, um den vertrauten Geruch zu bestätigen, einen Geruch ohne Bedrohung für Männchen oder Weibchen, erwachsene oder junge Tiere. Mit äußerster Vorsicht, so ruhig wie möglich in seinen Bewegungen, um sie in ihrer übergroßen Empfindlichkeit nicht aufzuschrecken, begann Pedrito Tinoco mit der Zunge zu schnalzen, sie leise gegen den Gaumen vibrieren zu lassen wie sie und in der Sprache zu ihnen zu sprechen, die er zu sprechen gelernt hatte, diese wohl. Er beruhigte sie, kündigte ihnen sein Kommen an, rief sie. In diesem Augenblick sah er einen grauen Blitz zwischen seinen Füßen hindurchhuschen: eine Viscacha. Er trug seine Schleuder bei sich und hätte sie erlegen können, aber er tat es nicht, um die Vikunjas nicht zu erschrecken. Er spürte im Rücken das Gewicht der Blicke der Fremden.
    Sie begannen herauszukommen. Nicht eine nach der anderen, sondern, wie immer, familienweise. Das Männchen und seine vier oder fünf Weibchen, die ihn umsorgten, und das Muttertier mit den frisch geworfenen Jungen, die um seine Beine wuselten. Sie witterten die Feuchtigkeit in der Luft, erforschten die aufgewühlte Erde, das niedergedrückte Stroh, schnupperten an den Gräsern, die in der Sonne trockneten und die sie nun fressen würden. Sie bewegten die Köpfe von rechts nach links, von oben nach unten, die Ohren langgestreckt, den Körper zitternd vor jenem Mißtrauen, das ihr beherrschender Wesenszug war. Pedro Tinoco sah sie vorbeiziehen, ihn streifen, sich wohlig strecken, wenn er sie am warmen Nest der Ohren zog oder ihnen mit seinen Fingern durch die Wolle fuhr und sie zwickte.
    Als die Schüsse knallten, dachte er, es seien Donnerschläge, ein weiteres Unwetter, das heraufzog. Aber er sah das blanke Entsetzen in den Augen der Tiere, die ihm am nächsten waren, und sah, wie sie die Fassung verloren, zusammenstießen, sich um sich selbst drehten, stürzten, sich gegenseitig in die Quere kamen, blind und rücksichtslos durch die Panik, im Zweifel, ob sie ins freie Gelände fliehen oder in die Höhlen

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