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Tod in den Anden

Tod in den Anden

Titel: Tod in den Anden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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schliefen, wie die Vikunjas. Am nächsten Morgen, als sie aufbrachen, nicht ohnezu wiederholen, er solle fortgehen, wenn er nicht von den Soldaten umgebracht werden wolle, saß er noch immer an der gleichen Stelle, mit offenem Mund, naß vom Morgentau, ohne dieses neue unermeßliche Geheimnis zu begreifen, umgeben von toten Vikunjas, an denen sich die Raubvögel und die Kriechtiere gütlich taten.
    »Wie alt bist du eigentlich?« fragte ihn plötzlich die Frau.
    »Das würde ich auch gern wissen«, rief Lituma. »Du hast es mir nie gesagt. Wie alt bist du, Tomasito?«
    Carreño, der fast eingenickt war, wachte mit einem Schlag auf. Sie schlingerten jetzt nicht mehr so stark, aber der Motor dröhnte die ganze Zeit, als wollte er in jeder Kurve der Steigung explodieren. Sie erklommen noch immer die Kordillere: Zur Rechten zogen sich Berge mit Höhenvegetation hin und zur Linken halbkahle Berghänge, an deren Fuß der Huallaga brauste. Sie saßen zwischen Säcken und Kisten mit Mangos, Lúcumas, Chirimoyas und Maracujas, die mit Plastikfetzen bedeckt waren, auf der Ladefläche eines uralten Lastwagens, der kein Zeltdach gegen den Regen besaß. Aber in den zwei oder drei Stunden, in denen sie sich vom Urwald entfernt hatten und die Anden in Richtung Huánuco hinauffuhren, hatte kein Regenguß sie überrascht. Die Nacht kühlte ab mit der Höhe. Der Himmel wimmelte von Sternen.
    »Lieber Gott, erlaube mir, noch ein kleines letztesMal eine Frau aufs Kreuz zu legen, bevor sie kommen und uns umbringen«, sagte Lituma mit einem tiefen Seufzer. »Seit ich in Naccos bin, lebe ich wie ein Eunuch, verdammte Scheiße. Und deine Geschichten mit der Piuranerin machen mich ganz heiß, Tomasito.«
    »Noch ein Rotzjunge, denke ich«, fügte die Frau nach einer Pause hinzu, als spräche sie zu sich selbst. »Und deshalb, auch wenn du den Pistolero spielst und dich mit Gesindel herumtreibst, hast du nicht die geringste Ahnung, Carreño. So heißt du doch, oder? Der Dicke hat dich Carreñito genannt.«
    »Die Frauen, die ich gekannt habe, waren schüchtern, gehemmt, aber die, was für eine Unverfrorenheit«, sagte sein Amtshelfer voll Begeisterung. »Nach dem Schrecken in Tingo María hat sie sich bald wieder unter Kontrolle gehabt. Rascher als ich, sag ich Ihnen. Sie war es, die den Lastwagenfahrer überredet hat, daß er uns nach Huánuco mitnimmt, und das für die Hälfte von dem, was er von uns verlangte. Sie hat von gleich zu gleich mit ihm verhandelt.«
    »Tut mir leid, daß ich dich vom Thema abbringe, aber ich habe das Gefühl, daß sie heute nacht hier aufkreuzen, Tomasito«, sagte Lituma. »Mir ist, als würde ich sie in diesem Augenblick den Berg runterkommen hören. Hörst du was, da draußen? Sollen wir aufstehen und mal nachsehen?«
    »Dreiundzwanzig«, sagte er. »Ich weiß alles, was man wissen muß.«
    »Du weißt nicht, daß die Männer manchmal gewisse Tricks brauchen, um auf ihre Kosten zu kommen«, erwiderte sie in leicht herausforderndem Ton. »Soll ich dir was sagen, was dir den Magen umdrehen wird, Carreñito?«
    »Machen Sie sich keine Sorgen, Herr Korporal. Ich habe sehr gute Ohren, und ich schwöre Ihnen, daß niemand vom Berg her kommt.«
    Der Junge und die Frau saßen dicht beieinander, eingekeilt zwischen den Obstsäcken. Der Duft der Mangos wurde stärker mit der Nacht. Der Motor hatte mit seinem Rasseln und Tuckern das Summen der Insekten überdeckt; auch das Rascheln des Laubwerks oder das Rauschen des Flusses war nicht zu hören.
    »Das Gerüttel des Lastwagens warf uns gegeneinander«, erinnerte sich sein Amtshelfer. »Jedesmal, wenn ich ihren Körper fühlte, begann ich zu zittern.«
    »Zittern nennt man das jetzt?« spottete Lituma. »Früher hieß das geil werden. Du hast recht, man hört nichts, reine Einbildung von mir. Denk nur, er stand mir schon fast bei deinen Geschichten, und das Geräusch draußen hat ihn wieder eingeschläfert.«
    »Er hat mich nicht mal richtig geschlagen«, sagte die Frau, und Carreño erschrak. Ihm schien, als lächelte sie, denn er sah ihre Zähne schimmern. »Wegen seiner schmutzigen Ausdrücke und wegen meiner Bitten und Klagen hast du geglaubt, daß er mich verprügelt. Hast du nicht gemerkt, daß er sich damit erregenwollte? Daß es ihn erregen sollte? Was bist du doch für ein Unschuldslamm, Carreñito.«
    »Halt den Mund oder ich werf dich vom Lastwagen«, unterbrach er sie empört.
    »Ein Glück, daß du nicht gesagt hast ›Halt den Mund oder ich trete dir in die

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