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Tod in den Wolken

Tod in den Wolken

Titel: Tod in den Wolken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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moderner, sportlicher Bluse, bei der Voruntersuchung.»
    James Ryder, leitender Direktor der Ellis Vale Cement Co. musste schon nach seinen ersten Antworten eine Rüge des Vorsitzenden hinnehmen.
    «Sie saßen auf Platz Nr. 4, unmittelbar vor der Verstorbenen, wie?», forschte dieser nach Feststellung von Mr Ryders Personalien, und heftig fuhr Mr Ryder auf:
    «Na, und wenn das der Fall gewesen wäre?»
    «Sprechen Sie gefälligst in einem andern Ton mit mir! Sie saßen also auf Platz Nr. 4, von wo aus Sie so gut wie jeden im Abteil sehen konnten.»
    «Falsch! Auf meiner Seite konnte ich überhaupt niemanden sehen», erklärte der Zeuge. «Die Sitze haben viel zu hohe Rückenlehnen.»
    «Aber wenn einer der Passagiere in den Mittelgang getreten wäre – also eine Stellung eingenommen hätte, die ihn in die Lage versetzt hätte, mit dem Blasrohr auf die Verstorbene zu zielen –, das würden Sie doch gesehen haben?»
    «Gewiss.»
    «Stand jemand der vor Ihnen Sitzenden von seinem Platz auf?»
    «Ja, der Herr, der zwei Reihen vor mir saß, ging zur Toilette.»
    «Also entfernte er sich von Ihnen und der Toten?»
    «Ja.»
    «Und hinterher ging er direkt wieder auf seinen Platz zurück?»
    «Ja.»
    «Trug er etwas in der Hand?»
    «Nein.»
    «Sind Sie sicher?»
    «Ganz sicher.»
    «Stand sonst noch jemand auf?»
    «Ja, der Mann vor mir. Er ging an mir vorbei in den hinteren Teil des Flugzeugs.»
    «Ich protestiere», quiekte Mr Clancy, von seiner Bank aufspringend. «Das geschah früher, viel früher – so gegen ein Uhr.»
    «Setzen Sie sich bitte», beschwichtigte ihn der Vorsitzende. «Sie kommen gleich an die Reihe. Weiter, Mr Ryder. Sahen Sie, ob der Herr etwas in der Hand hatte?»
    «Ich glaube, einen Füllfederhalter. Und als er zurückkehrte ein gelbliches Buch.»
    «Haben Sie selbst auch Ihren Platz verlassen?»
    «Ja, ich nahm mir die Freiheit, zur Toilette zu gehen. Aber ohne Blasrohr!»
    «Mr Ryder, Sie schlagen wieder diesen unziemlichen Ton an!», rief der Vorsitzende. «Mir genügt Ihre Aussage.»
    Dann legte Norman Gale, der Zahnarzt, Zeugnis ab – ein Zeugnis von durchaus nichtssagender Art. Und endlich wurde der entrüstete Mr Clancy gehört, dessen Auftritt die Reporter mit den Worten kommentierten: «Bekannter Autor gesteht Kauf tödlicher Waffe. Sensation im Gerichtshof.»
    Allein, die Sensation war vielleicht ein bisschen verfrüht.
    «Ja, Sir», sagte Mr Clancy schrill, «ich habe ein Blasrohr gekauft. Und noch mehr: Ich habe es heute mitgebracht. Daher erhebe ich auch schärfsten Protest gegen die Mutmaßung, dass das Blasrohr, mit dem man das Verbrechen beging, mir gehört. Hier ist mein Blasrohr.» Mit kühnem Schwung legte er es auf den Tisch vor dem Vorsitzenden.
    «Zweites Blasrohr im Gerichtssaal», schrieben die Presseleute.
    Doch der Vorsitzende gab Mr Clancy noch nicht frei. Er machte ihn darauf aufmerksam, dass er geladen worden sei, um der Gerechtigkeit zum Siege zu verhelfen, und nicht, um eine völlig der eigenen Fantasie entsprungene Beschuldigung zurückzuweisen. Dann folgte ein Verhör über die Ereignisse auf der «Prometheus», das keine nennenswerten Ergebnisse zeitigte. Er selbst – dies setzte Mr Clancy sehr weitschweifig auseinander – sei restlos von den Tücken und Eigentümlichkeiten der ausländischen Zugfahrpläne und den Schwierigkeiten des Vierundzwanzig-Stunden-Systems in Anspruch genommen gewesen, sodass er auf seine Umgebung nicht geachtet habe. Sämtliche Insassen des Flugzeuges hätten, so erläuterte er, mit Schlangengift gefüllte Dornen aus Blasrohren in die Luft schießen können, er, Mr Clancy, würde es nicht bemerkt haben.
    Miss Jane Grey, die Friseuse, setzte die Reporterhände nicht in Bewegung.
    Dann folgten die beiden Franzosen.
    Armand Dupont erklärte, dass er sich infolge einer Einladung der Königlich Asiatischen Gesellschaft nach London begeben habe, um dort einen Vortrag zu halten. Er und sein Sohn seien auf die Verstorbene erst aufmerksam geworden, als die Entdeckung von ihrem Ableben die Gemüter erregt habe.
    «Kannten Sie diese Madame Morisot oder Madame Giselle von Ansehen?»
    «Nein, Monsieur.»
    «Sie soll aber in Paris eine bekannte Erscheinung gewesen sein.»
    Der alte Dupont zuckte die Schultern.
    «Vielleicht. Ich habe mich in letzter Zeit sehr selten in Paris aufgehalten.»
    «Wie ich höre, sind Sie kürzlich aus dem Orient zurückgekehrt?»
    «Jawohl, aus Persien.»
    «Sie und Ihr Sohn sind wohl ziemlich weit gereist, haben sicher

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