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Tod in den Wolken

Tod in den Wolken

Titel: Tod in den Wolken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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diese letzte Aufforderung.
    «Sie äußerten, dass trotz aller Misshelligkeiten…», begann er und wurde von Mr Ryder unterbrochen.
    «O ja, es gab auch eine erfreuliche Seite. Warum soll ich Ihnen verschweigen, dass ich eine hübsche runde Summe von den Zeitungen einstecken konnte? Berichte eines Augenzeugen, verstehen Sie? Freilich war die Fantasie des Journalisten tüchtiger als meine Augen, aber das schadet ja nichts.»
    «Es ist interessant, wie ein Verbrechen das Leben von völlig außenstehenden Personen berührt. Nehmen Sie zum Beispiel sich selbst: Ihnen fällt plötzlich ganz unerwartet eine Summe in den Schoß – eine Summe, die Ihnen in dem Moment vielleicht besonders willkommen ist.»
    «Geld ist immer willkommen», versetzte James Ryder.
    «Gewiss. Manchmal liegt aber ein zwingender Bedarf vor. Aus diesem Grunde begehen Männer Unterschlagungen, fälschen die Bücher…» Er bewegte andeutend die Hände. «Alle möglichen Arten von Verwicklungen entstehen.»
    «Lassen Sie uns deswegen nicht trübsinnig werden.»
    «Sie haben Recht, Monsieur Ryder. Warum bei der dunklen Seite des Bildes verweilen? Dies Geld kam Ihnen natürlich sehr gelegen, da Ihre Bemühungen, in Paris ein Darlehen zu erhalten, fehlgeschlagen waren.»
    «Woher, zum Teufel, wissen Sie das?», fragte James Ryder mürrisch.
    Hercule Poirot lächelte.
    «Jedenfalls ist es wahr.»
    «Wahr ist es allerdings; aber ich lege keinen Wert darauf, dass es bekannt wird.»
    «Trauen Sie meiner Verschwiegenheit!»
    «Bisweilen entscheidet eine ganz geringfügige Summe über das Geschick eines Mannes», führte Ryder aus. «Eine ganz kleine Summe flüssiges Geld, um ihm über eine Krise hinwegzuhelfen, und wenn er dieses lächerliche Sümmchen nicht aufbringen kann, dann ist’s um seinen Kredit geschehen! Ja, es ist verflixt seltsam. Geld ist seltsam. Kredit ist seltsam. Und am Ende auch das Leben.»
    «Sehr richtig.»
    «Übrigens, was führt Sie eigentlich zu mir?»
    «Eine etwas heikle Sache», erwiderte Poirot. «Es ist mir zu Ohren gekommen – durch Zufall, bei Ausübung meines Berufs, verstehen Sie? –, dass Sie, ungeachtet Ihrer gegenteiligen Aussage, mit dieser Madame Giselle zu tun hatten.»
    «Wer wagt das zu behaupten? Es ist eine Lüge – eine hundsgemeine Lüge! Ich habe diese Frau nie gesehen.»
    «Nanu? Das ist aber eigenartig!»
    «Eigenartig? Nein, eine verdammte Verleumdung!»
    «Regen Sie sich doch nicht so auf», versuchte Poirot den Empörten zu beschwichtigen. «Es muss eine Verwechslung vorliegen.»
    «Ich danke für die Verwechslung! Mich mit dieser piekfeinen Geldverleiherin in einem Atem zu nennen…! Damen der Gesellschaft mit Spielschulden – das sind ihre Kunden gewesen.»
    Poirot putzte ein nicht sichtbares Stäubchen von seinem Ärmel und erhob sich.
    «Nichts für ungut, Monsieur Ryder. Es tut mir aufrichtig leid, dass man mich falsch unterrichtet hat. Tragen Sie es mir nicht nach.» Mit einem herzlichen Händedruck verabschiedete er sich und schritt zur Tür.

 
19
     
    Lady Horbury saß in ihrem Schlafzimmer am Grosvenor Square. Goldene Bürsten und Tuben mit Gesichtscreme, Dosen mit verschiedenfarbigem Puder – exquisiter Luxus rund um sie herum. Aber inmitten dieses Luxus saß Cicely Horbury mit trockenen Lippen und einem Gesicht, auf dem das Rouge in hässlichen Flecken hervortrat.
    Zum vierten Male las sie den eben erhaltenen Brief.
     
    Dear Madam!
    Es betrifft die verstorbene Madame Giselle. Ich habe gewisse Dokumente in Händen, die sich früher im Besitz der Toten befanden. Wenn die Angelegenheit Sie oder Mr Raymond Barraclough interessiert, bin ich gern zu einem Besuch bereit, damit wir die Sache erörtern können.
    Oder sollten Sie es vorziehen, dass ich deswegen mit Ihrem Gatten verhandle?
    Ergebenst
    John Robinson
     
    Blöde, dasselbe wieder und wieder zu lesen… Als ob sich dadurch die Worte und ihre Bedeutung änderten!
    Cicely nahm den Umschlag auf – zwei Umschläge. Der erste trug den Vermerk «Persönlich»; auf dem zweiten stand «Privat und sehr vertraulich».
    Privat und sehr vertraulich… oh, das Biest! Das Biest…! Und jene verlogene alte Französin, die geschworen hatte, dass alle Anordnungen getroffen seien, um im Falle ihres plötzlichen Ablebens die Kunden zu schützen!
    «Möge sie ihre Gemeinheit in der Hölle büßen!», murmelte Cicely. Dann legte sie beide Hände an die Schläfen. «O Gott, meine Nerven… sie halten nicht durch. Nein, das ist nicht anständig, bei Gott

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