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Tod in den Wolken

Tod in den Wolken

Titel: Tod in den Wolken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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mehr ich mich mit der Sache beschäftige, desto weniger kommt dabei heraus. Der Chef behandelt mich merklich kühl. Aber was tun? Glücklicherweise ist es einer dieser halb ausländischen Fälle. Wir können ihn den Franzosen aufhalsen, und in Paris sagen sie, der Mord sei durch einen Engländer begangen und mithin unsere Angelegenheit.»
    «Glauben Sie ernstlich, dass die beiden Duponts ihn verübt haben?»
    «Wenn Sie mich auf Ehre und Gewissen fragen, so muss ich mit nein antworten. Was ist denn schon so ein Archäologe? Ewig buddelt er in der Erde herum und redet davon, was Tausende von Jahren früher geschah. Als ob er es wüsste! Doch wer kann ihm widersprechen? Wer kann ihm, wenn er behauptet, irgendeine halb vermoderte Perlenschnur sei fünftausenddreihundertzwanzig Jahre alt, etwas anderes beweisen? Ja, die Duponts sind vielleicht Lügner – obwohl sie ihr Gerede selbst zu glauben scheinen –, aber harmlose. Nein, unter uns gesagt, Monsieur Poirot, ich halte die beiden französischen Archäologen nicht für Mörder. Dann schon eher unseren Clancy. Er benimmt sich seltsam. Rennt herum und murmelt was in seinen Bart. Ihm liegt etwas auf der Seele.»
    «Der Plot eines neuen Buches vielleicht.»
    «Möglich. Außerdem finde ich, so sehr ich mich auch bemühe, kein Motiv. Die CL 52 in Madame Giselles schwarzem Buch ist meines Erachtens Lady Horbury, aber ich kann nichts aus ihr herauskriegen. Oh, sie ist ein hartgesottenes Frauenzimmer, glauben Sie mir!»
    Poirot unterdrückte klugerweise ein Lächeln.
    «Die Stewards?», fuhr Japp fort. «Was sollten die wohl mit der Giselle zu schaffen haben?»
    «Und Dr. Bryant?»
    «Tja… da laufen so mancherlei Gerüchte um, über ihn und eine Patientin, hübsche, nette Frau – übler Gatte, außerdem süchtig. Wenn Bryant sich nicht in Acht nimmt, wird er sich eines Tages vor der Ärztekammer zu verantworten haben. Jenes RT 362 passt ganz gut auf ihn, und ich will Ihnen auch nicht verhehlen, dass ich zu wissen glaube, wie er sich Schlangengift verschafft haben könnte. Ich komme eben von ihm, und gerade über diesen Punkt verplapperte er sich ziemlich. Aber Vermutungen sind keine Tatsachen. Tatsachen!» Japp lachte ärgerlich auf. «Die sind rar in diesem Mordfall… Ryder scheint einwandfrei dazustehen. Er gab an, er sei wegen eines Darlehens, das er nicht bekam, nach Paris gereist, nannte Namen und Adressen, die ich überprüft habe. Alles in Ordnung. Vor anderthalb Wochen etwa ging’s der Firma schlecht, aber sie hat ihr Tief offenbar überwunden. Nieten, wohin man auch die Fühler ausstreckt! Die ganze Affäre ist ein Wirrwarr.»
    «Undurchsichtig ist sie – das stimmt. Aber kein Wirrwarr, denn Wirrwarr kann nur in einem kranken, verwirrten Hirn existieren», belehrte der Belgier ihn.
    «Nennen Sie es, wie Sie wollen, Monsieur Poirot; das Ergebnis ändert sich dadurch nicht. Fournier ist ebenfalls mit seiner Weisheit am Ende. Und Sie? Ich vermute, Sie haben uns den Rang abgelaufen.»
    «Sie spotten meiner, mon ami! Mit Regel und Methode komme ich immer nur einen Schritt auf einmal weiter, und der Weg, der vor mir liegt, ist noch lang.»
    «So? Na, das freut mich. Ich dachte schon, Sie hätten bereits alles ergründet! Verraten Sie mir doch ein bisschen über diese methodischen Schritte.»
    «Ich habe mir eine kleine Aufstellung gemacht – hier.» Poirot zog ein Papier aus der Tasche und entfaltete es. «Meine Idee lautet: Ein Mord ist eine Handlung, ausgeführt, um ein gewisses Ergebnis zu erzielen.»
    «Wiederholen Sie das noch einmal langsam.»
    «Es ist nicht schwierig, mein Freund.»
    «Wahrscheinlich nicht; aber bei Ihnen klingt es so.»
    «Nein, nein, es ist höchst einfach. Hören Sie zu: Sie brauchen Geld, und Sie bekommen es, wenn eine Tante stirbt. Bien – Sie führen eine Handlung aus, das heißt, Sie töten die Tante und erzielen damit das Ergebnis, nämlich, das Geld zu erben.»
    «Ich wünschte, dass ich etliche solcher Tanten besäße», seufzte Japp melancholisch. «Weiter! Jetzt begreife ich Ihren Gedankengang. Man könnte ebenso gut sagen: Es muss ein Motiv geben.»
    «Lieber Japp, ich ziehe meine Fassung vor. Eine Handlung ist ausgeführt – Mord in diesem Falle. Wie sehen jetzt die Ergebnisse jener Handlung aus? Durch Untersuchung der verschiedenen Ergebnisse sollten wir die Lösung unseres Rätsels finden. Die Ergebnisse einer einzigen Handlung können sehr voneinander abweichen, und jene besondere Handlung berührt eine Menge verschiedener

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