Tod in der Marsch
Bepflanzung
zur Seite gebogen.
»Macht noch einmal Gipsabdrücke von den markierten
Fußabdrücken«, rief er einem seiner Männer zu, »und nehmt auch welche von den
beiden Kollegen von der Streife, die zuerst hier waren. Einer muss noch zu dem
Menschen fahren, der die Tote entdeckt hat, um auch seine Abdrücke zu
Kontrollzwecken aufzunehmen.«
Jürgensen war über und über mit Schlammspritzern
übersät.
»Es ist eine Frau«, erklärte er. »Zuerst der Doktor.
Die anderen sollen noch oben bleiben.«
Als Dr. Hinrichsen vorsichtig zum Kriminaltechniker in
den Graben hinunterrutschte, spürte Christoph urplötzlich einen großen,
schweren Stein im Magen. Er musste ganz plötzlich an Anne Dahl denken.
Im Augenblick war nur der Hinterkopf der Frau zu
sehen, der aus dem schmutzigen Wasser des Grabens herausragte. Sie lag seitlich
verdreht mit dem Rücken nach oben. Unter dem ursprünglich hellen Popelinmantel
hatte sich eine Luftschicht gebildet, die den Stoff einem Ballon gleich
aufblähte und im Augenblick keine weiteren Schlüsse auf den Zustand des Körpers
zuließ.
Christoph stand zwar noch in gebührendem Abstand zur
Toten, aber ihn schauderte es. Während seiner bisherigen Tätigkeit bei der
Polizei war er Anblicken wie diesem selten begegnet. Er war dankbar, dass die
routinierten Kollegen vom Erkennungsdienst die direkte Arbeit an der Leiche
übernommen hatten.
Der Arzt hatte sich Handschuhe übergestülpt und
tastete vorsichtig Kopf und Nacken der Frau ab, dabei bemüht, die Lage
möglichst nicht zu verändern.
»Hier«, sagte er zu dem kleinen Kriminaltechniker und
teilte die nassen, dreckverschmierten Haare. »Sie ist offensichtlich mit einem
länglichen Gegenstand erschlagen worden.«
Jürgensen besah sich die Stelle, die ihm der Doktor
wies.
»Sieht so aus«, stimmte Jürgensen zu. »Können Sie
schon mehr erkennen?«
Der Mediziner schüttelte seinen Kopf.
»Nein, ob der Schlag auch die Todesursache war, wird
erst die Autopsie zeigen. Im Augenblick steht nur fest, dass hier ein …«, er
stutzte, fühlte noch einmal, »nein, offensichtlich mehrere Schläge ausgeführt
wurden.«
Der Beamte mit der Kamera machte ein paar
Detailaufnahmen aus der Nähe.
»Können Sie einmal mit anfassen, dass wir sie etwas
höher ziehen und umdrehen«, bat der Arzt.
Der Mann vom Erkennungsdienst nickte und versuchte,
seine immer noch in Grätschstellung auf beiden Grabenseiten stehenden Füße
anders zu positionieren. Dabei rutschte er im nassen Bewuchs der Böschung ab,
versuchte sich vergeblich zu halten und landete schließlich bis zum Knie im
kalten schmutzigen Brackwasser.
»So ein verdammter Mist«, fluchte er, »jetzt ist mir
die ganze Suppe in die Gummistiefel hineingelaufen.«
Beim zweiten Versuch gelang es den beiden schließlich,
die Tote vorsichtig Stück für Stück auf den Grabenrand hochzuziehen. Dabei kam
der Kopf seitlich zu liegen, sodass Christoph jetzt einen Teil des Gesichtes
erkennen konnte. Es wurde von den schwarzen Haarsträhnen teilweise verdeckt,
der Mund war leicht geöffnet. Der gebrochene Blick führte ins Unendliche.
Christoph schüttelte sich. Es war ein entsetzlicher
Anblick, der ihn mit Sicherheit eine ganze Weile beschäftigen würde. Er musste
tief schlucken und eine aufkommende Übelkeit unterdrücken. Verstohlen warf er
einen Blick zu Große Jäger hinüber, der neben ihm stand. Dessen Adamsapfel
bewegte sich heftig, die Wangen waren eingefallen, die tief liegenden Augen
blickten entsetzt aus dem grauen Gesicht.
Die beiden Männer im Graben hatten die Tote jetzt auf
den Rücken gelegt. Christoph bemerkte, dass der Popelinmantel zugeknöpft war.
Nachdem der Fotograf erneut eine Reihe von Aufnahmen gemacht hatte, tastete der
Doktor mit geschickten Händen Kopf und Hals des Opfers ab, dann schüttelte er
den Kopf.
»Nichts!«, sagte er schließlich. »Hier kann ich im
Augenblick nichts weiter feststellen. Tut mir Leid.«
Die Männer vom Erkennungsdienst hatten inzwischen
damit begonnen, Plastiktüten über die Hände der Toten zu stülpen.
»Willst du einmal die Taschen kontrollieren?« Der
kleine Mann mit der Seglermütze grinste Christoph breit an. Dieser schüttelte
so heftig den Kopf, dass selbst Große Jäger lachen musste.
»Habe ich mir gedacht«, murmelte der Kriminaltechniker
und untersuchte mit geschickten Händen die Manteltaschen. Aus der einen zog er
ein Schlüsselbund mit zwei etwas größeren und einem kleineren Schlüssel hervor,
aus der zweiten Tasche
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