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Tod in der Marsch

Tod in der Marsch

Titel: Tod in der Marsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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Kanarienvogel ihres Nachbarn erkältet ist.«
    »Dann kennen Sie Anne Dahl wohl recht gut?«
    »Sie war ein fröhliches und geselliges Kind. Natürlich
haben wir Gleichaltrigen alle gemeinsam herumgetobt. Anne war voll integriert.
Nach ihrer Heirat aber, als dann auch ihre Eltern starben und ihre Geschwister
weggezogen sind, hat sie eigentlich den Kontakt zur Dorfgemeinschaft verloren.«
    Christoph blinzelte sie an. »Dem Eigentlich folgt
immer ein Uneigentlich.«
    Sarah Stamm stutzte, korrigierte sich dann aber.
»Entschuldigung! Das war nicht so gemeint. Nein, zumindest ich habe Anne lange
nicht mehr bei uns gesehen.«
    »Und in letzter Zeit?«, fragte Christoph.
    »Ich bin ja nicht immer hier, aber einmal habe ich sie
mit ihrer Tochter aus dem Bus aussteigen sehen. Der hält direkt vor unserem
Krug in der Ortsmitte. Ich bin gleich hinaus vor die Tür, und wir haben ein
paar belanglose Worte gewechselt.«
    »Haben Sie gefragt, wen sie hier besuchen wollte?«
    »Ja, ich habe mich hinterher sogar noch geschämt für
meine Neugierde«, gab sie offen zu.
    Jetzt mischte sich Große Jäger ein. »Hat Frau Dahl
gesagt, weshalb sie nach Marschenbüll gekommen ist?«
    Die junge Frau schüttelte ihren Pagenkopf. »Nein! Sie
hat ausweichend geantwortet, ohne direkt den Grund zu nennen.«
    Große Jäger hakte nach: »Haben Sie eine Idee oder
Vermutung?«
    Erneut schüttelte sie bedauernd den Kopf. »Nein. Ich
weiß nur, in welche Richtung sie gegangen ist.«
    »Und welche war das?«
    »Sie ging in Fahrtrichtung des Busses weiter, und der
kam aus Husum.«
    »Das ist Richtung des Anwesens der von Dirschaus?«
    Sie nickte.
    »Können Sie sich noch an das Datum erinnern?«
Christoph war dankbar, in der jungen Frau hinter dem Tresen einen
Gesprächspartner gefunden zu haben, der sich bemühte, präzise, aber ohne
Übertreibung die Dinge so wiederzugeben, wie sie tatsächlich abgelaufen waren.
    »Warten Sie einen Augenblick.« Sie griff unter den
Schanktisch, holte eine Handtasche hervor und kramte darin herum, bis sie ein
kleines Notizbuch in den Händen hielt. Zwischendurch erläuterte sie: »Es war
ein Wochentag. Normalerweise arbeite ich dann. Ich erinnere mich deshalb daran,
weil ich an diesem Tag Überstunden abgebummelt habe.« Sie blätterte in ihrem
Büchlein, bis der Zeigefinger an einer Stelle verharrte: »Hier ist es. Es war
Dienstag, der 11. November.«
    Christoph sah seine beiden Kollegen bestürzt an. Das
Datum war ihnen bekannt. Soweit sie bisher ermitteln konnten, war es der
Todestag von Anne Dahl. Sie hatten mit der Wirtstochter einen Menschen
gefunden, der dem Opfer nicht lange vor seinem tragischen Ende begegnet war.
Damit zog sich auch der Kreis um den noch unbekannten Tatort enger. Es war
nicht mehr auszuschließen, dass dieser in Marschenbüll oder der näheren
Umgebung zu suchen war.
    Die rückwärtige Tür hinter dem Schanktisch wurde
schwungvoll aufgestoßen. Eine Frau mittleren Alters, leicht rundlich und mit
einem Kittel bekleidet, balancierte drei dampfende Teller vor sich her. Während
sie sich, die Tür mit dem Ellenbogen offen haltend, durch die Öffnung drehte,
grüßte sie die drei Beamten.
    »Sie haben das Essen bestellt?«, fragte sie.
    Das bodenständige Gericht war liebevoll mit Tomate,
Gewürzgurke und Petersilie dekoriert. Es war einfach, aber herzhaft zubereitet
und schmeckte hervorragend.
    Mittlerweile war es fast Mitternacht. Sie fuhren
schweigend in die Kreisstadt zurück. Es hatte aufgehört zu regnen, der Sturm
hingegen fegte immer noch heftig über das flache Land und rüttelte kräftig am
Wagen.
    »Ich fand, es war aufschlussreich, was uns die junge
Frau im Dorfkrug erzählt hat. Auch der alte Mann hat Anne Dahl in der letzten
Zeit gelegentlich im Dorf gesehen. Mit ihrer Tochter. Aber warum war ihr Mann
nie dabei? Wen hat sie in Marschenbüll besucht? Und verdammt … wo ist das Kind
abgeblieben?«, fragte Christoph.

VIER
    Christoph hatte schlecht geschlafen. Lange vor Beginn
der regulären Dienstzeit war er zur Dienststelle geeilt und hatte dort seine
beiden Mitarbeiter angetroffen, die nahezu gleichzeitig mit ihm,
unabgesprochen, das Büro betraten.
    »Müde?«, fragte Große Jäger, obwohl er auch nicht
taufrisch aussah.
    Christoph unterdrückte ein Gähnen. »Ich muss
eingestehen, dass mich der Mord an der jungen Frau, im gleichen Maße aber auch
das Verschwinden des Kindes, beschäftigt. Das ist eine ungewohnte Situation.
Mir fehlt die Erfahrung für Ermittlungsarbeiten bei

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