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Tod in der Marsch

Tod in der Marsch

Titel: Tod in der Marsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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der Landstraße in den
Wirtschaftsweg ab. Nahezu geräuschlos sprangen die Besatzungen aus ihren
Fahrzeugen. Ein uniformierter grauhaariger Hauptkommissar kam auf sie zu und
stellte sich als Einsatzleiter vor.
    Grothe hatte, auf welchem Weg war wohl nur ihm
bekannt, eine Hundertschaft organisiert, die in aller Frühe in der
Landespolizeischule Eutin gestartet war und zu dieser Stunde bereits den
beschwerlichen Weg quer durch das Land hinter sich hatte.
    Christoph wies den Einsatzleiter kurz ein und erläuterte
mit knappen Worten den Fall und die Ausgangssituation.
    Der Uniformierte hörte aufmerksam zu. Bei der
Erwähnung des Kindes ging ein Ruck durch seine straffe Gestalt.
    Der Einsatzleiter wies seine Gruppenführer ein, gab
mit ruhiger und sachlicher Stimme Anweisungen, und kurz darauf schwärmte die
Hundertschaft in Reihe aus. Die jungen Polizisten, unterstützt von den Kollegen
der hiesigen Inspektion, überquerten langsam die feuchten Wiesen, gingen
bedächtig an den Gräben und Sielen entlang und stocherten mit langen Stangen in
den Wasserläufen.
    Es wurde nur langsam heller. Im Dunstschleier des
anbrechenden Tages durchkämmten sie in Streifen das feuchte Land, sich dabei
immer weiter von der Fundstelle der Leiche entfernend.
    Unterbrochen von wenigen kurzen Pausen, in denen die
weitere Suchstrategie abgestimmt wurde, hatten sie bis zur Mittagszeit ein
größeres Areal abgesucht. Erfolglos.
    Christoph war im Grunde seines Herzens froh über
dieses Ergebnis. Da er jedoch zur weiteren Suche, die noch bis zum Einbruch der
frühen Dämmerung ausgedehnt werden sollte, keinen aktiven Beitrag mehr leisten
konnte, verabschiedete er sich vom Einsatzleiter mit der Bitte, dass ihm das
Ergebnis unverzüglich mitgeteilt würde, und fuhr zur Dienststelle zurück.
    *
    Große Jäger hatte in der Zwischenzeit die Wohnung der
Verstorbenen aufgesucht. Sie war, soweit ersichtlich, von niemandem betreten
worden. Er suchte gezielt nach Gegenständen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit
mit der kleinen Lisa in Berührung gekommen waren, und entschied sich für eine
Kindermütze, den Schlafanzug, die Kinderzahnbürste aus dem Bad und einen
Teddybären aus dem Kinderbett. Diese Gegenstände verpackte er sorgfältig in
mitgebrachte Plastiktüten.
    Dann suchte er die Wohnung von Peter Dahl auf. Auf
sein Klingeln hin wurde nach kurzer Zeit der Türsummer betätigt. Rasch erklomm
Große Jäger die Stufen des Treppenhauses. Dahl erwartete ihn in der
Wohnungstür.
    »Ach Sie sind es.« Seine Stimme klang resigniert.
»Kommen Sie rein.« Mit müden Schritten schlürfte er voran in die kleine Küche,
die Große Jäger schon von seinem ersten Besuch her kannte.
    Dahl trug diesmal einen sauberen Pullover, dazu eine
offenbar ebenfalls gereinigte Jeans. Er war rasiert, seine Haare waren
gewaschen.
    Die Küche war aufgeräumt. Eine benutzte Tasse, eine
Thermoskanne sowie ein gefüllter Aschenbecher standen auf dem Tisch. Der
tragbare Fernsehapparat befand sich zwar noch auf seinem Platz, lief aber
nicht.
    »Möchten Sie auch ‘nen Kaffee?«, fragte Dahl seinen
Besucher und kramte aus einem Hängeschrank eine zweite Tasse, ohne die Antwort
abzuwarten. Er schenkte Kaffee aus der Thermosflasche ein, füllte seine Tasse
ebenfalls, schob die andere zum Oberkommissar hinüber und sagte: »Gibt’s nur
schwarz. Hab kein Zucker. Und keine Milch.«
    Große Jäger holte seine Zigarettenpackung heraus und
reichte sie wortlos hinüber. Sie rauchten, sahen sich an, aber sprachen nicht.
Schließlich brach Dahl das Schweigen.
    »Gibt’s was Neues?«
    Er sprach in knappen, unvollständigen Sätzen, wie
jemand, dem lange Erklärungen zuwider sind.
    Große Jäger beobachtete sein Gegenüber, nahm jede
Regung des Gesichtes wahr, fixierte den anderen mit einem durchdringenden
Blick. Langsam entließ er Zigarettenqualm aus seinem Mundwinkel. Die blauen
Wolken stiegen aufwärts. Sie bildeten für einen kurzen Augenblick eine dünne
Nebelwand zwischen den beiden Männern und ermöglichten es Dahl, sich dahinter
zu verstecken.
    »Ich hab gefragt, ob’s was Neues gibt!«
    Große Jäger zog noch einmal kräftig an seiner
Zigarette und streifte dann gelassen die Asche ab.
    »Nein!«
    Unruhig spielte der Ehemann der Toten mit seinen
Fingerkuppen. Er hatte es aufgegeben, dem Polizisten durch direkten
Augenkontakt Paroli bieten zu wollen.
    »Und von meiner Tochter?«
    Große Jäger ließ nichts von der im Augenblick
laufenden Suchaktion verlauten. Das hätte den Mann sicher

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