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Tod in der Marsch

Tod in der Marsch

Titel: Tod in der Marsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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anderer Mann, den seine
Kleidung als Landwirt auswies, folgten den Männern.
    »Die Brüder haben wir in Jansens Stall aufgegriffen«,
erläuterte der Dorfvorsteher. »Mit Sicherheit wollten sie dort die Dunkelheit
abwarten, um sich dann das Notwendige für ihre weitere Flucht
zusammenzustehlen.«
    »Genau!« Diese Zustimmung kam von dem Mann, der vorhin
das große Wort geführt hatte.
    »Und uns wollen die Bullen und der Jude da mit ihrem
weichen Geschwätz einlullen«, tönte ein anderer. Augenblicklich war die
Stimmung wieder umgeschlagen.
    »Denen sollten wir zeigen, was wir hier im Dorf von
solchen Typen halten. Die gehören tüchtig verprügelt«, rief ein weiterer aus
dem Hintergrund.
    Christoph hatte sich schützend vor die beiden
zitternden Landarbeiter gestellt.
    »Wer auch nur einen Schritt vorwärts macht«, drohte
er, jetzt unterstützt von Mommsen, der neben ihm Position bezogen hatte,
»landet noch heute auf dem Polizeirevier.«
    Wohl war ihm nicht in seiner Haut. Er war nicht nur
einen Kopf kleiner als die meisten Dorfbewohner, sondern auch von weniger
kräftiger Statur.
    Aus dem Hintergrund meldete sich Große Jäger zu Wort.
Er schwenkte ein Paar metallene Handschellen, von denen er sich bislang nicht
zugunsten der modernen und leichteren Kunststofffesseln hatte trennen können.
»Wer jetzt noch einmal die Klappe aufreißt«, erklärte er in für jeden der
Anwesenden verständlichen einfachen Worten, »wird von mir persönlich an diesen
Typen hier gekettet.«
    Dabei bohrte er seinen Zeigefinger zwischen die Rippen
des Mannes, der neben ihm am Tisch in der Ecke der Gaststube stand und jetzt
unter einer kräftigen Drehbewegung des Fingers des Oberkommissars
zusammenzuckte und einen Schmerzenslaut von sich gab.
    »Los, Leute, die nächste Runde Bier und Schnaps geht
auf Kosten des Hauses!«
    Der Wirt hinter dem Tresen hatte die Initiative
ergriffen. Laut klapperte er mit den leeren Gläsern. Gleichzeitig wies er seine
Tochter an, die Schnapsgläser zu füllen.
    Christoph wandte sich an die beiden frierenden Männer.
    »Wie heißen Sie?«, fragte er. Der jüngere der beiden
schüttelte den Kopf und deutete durch ein Schulterzucken an, dass er Christoph
nicht verstanden hatte.
    »Er nicht sprechen Deutsch«, erklärte der zweite.
»Freund heißen Karol Wynczkowicz.«
    »Mein Gott«, stöhnte Große Jäger ungefragt aus dem
Hintergrund, »bei dem Namen schreibe ich aber kein Protokoll.«
    »Und wie ist Ihr Name?«, wollte Christoph wissen. Der
Mann kramte in seiner Gesäßtasche und holte ungefragt einen stark abgenutzten
Pass hervor. Er hielt ihn Christoph vor die Nase. Das Deckblatt des Passes
zierte der geprägte polnische Adler.
    »Ich heiße Heinz Schmidt«, erklärte der Mann mit dem
schweren Zungenschlag der Osteuropäer.
    »Das klingt aber nicht sehr polnisch«, entgegnete
Christoph, während Bürgermeister Römelt dem Gespräch schweigend folgte.
    »Wissen Sie«, erwiderte der Landarbeiter mit dem
wettergegerbten Gesicht, »was ist Name? Deutsche sagen: Wieder so’n Scheißpole .
In Polen Leute bei mein deutsche Name Nase rümpfen. Ich nicht Fisch, ich
nicht Fleisch.«
    »Und Sie haben bei Herrn von Dirschau gearbeitet?«,
fragte Christoph weiter.
    Der polnische Arbeiter mit dem deutschen Namen nickte.
»Ja, wir gut arbeiten. Stark. Immer fleißig. Wir brauchen nix Luxus. Geben kein
Geld aus. Viel sparen. Nehmen Geld mit nach Hause. Brauchen für Familie.«
    »Sind Sie mit Herrn von Dirschau verwandt?«, wollte
Christoph wissen.
    Jetzt lachte der Mann. »Nein«, entgegnete er belustigt
– offenbar fand er die Vorstellung, ein so vermögender Mann wie der
Gutsbesitzer habe so arme Verwandte, erheiternd.
    »Haben Sie eine gültige Arbeitserlaubnis?«, setzte
Christoph die Befragung fort.
    Schmidt zuckte die Schultern. »Wir einfache Leute.
Leben auch zu Hause auf Land. Von Behörden nicht viel verstehen. Herr von
Dirschau hat gesagt, Unternehmer in Deutschland haben schwer. Müssen alles
selbst machen. Staat verlangt viel Steuern. Auch kosten Arbeiter viel Geld.
Ganze Papierkram machen Herr von Dirschau. Alles in Ordnung.«
    Es war sinnlos, hier an dieser Stelle mit den beiden
Männern weiterzusprechen.
    Christoph bestellte beim Wirt warme Getränke für
beide.
    Aus den Augenwinkeln bemerkte er, wie die kesse
Tochter des Gastwirts Mommsen einen Kaffee auf den Tisch stellte.
    »Haben Polizisten eigentlich auch einmal frei?«,
fragte sie direkt. Und als Mommsen nur irritiert guckte, aber die

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