Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod in der Walpurgisnacht

Tod in der Walpurgisnacht

Titel: Tod in der Walpurgisnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Wahlberg
Vom Netzwerk:
Straße wanderte ein Paar mit Nordic-Walking-Stöcken vorbei. Die Stockenten – in jüngster Zeit tauchten sie überall wie aus dem Nichts auf. Jetzt glotzten sie neugierig ins Auto.
    »Es wird sich im Dorf schnell herumsprechen, dass wir hier waren«, meinte Lundin. »Bestimmt gibt es irgendeinen wissbegierigen Menschen, der unsere Autonummer im Register kontrolliert.«
    »So mitten in der Idylle kann man auch mal Erstickungsanfälle kriegen«, meinte Claesson.
    »Idylle?«, fragte Lundin. »Ich würde sagen, das ist die pure Hölle hier.«

Kapitel 18
    Hilda, Donnerstag, den 17. März 2011
    V e ronika und Hilda hatten sich wieder ihre weißen Kittel angezogen und waren auf dem Weg zur Kantine. Auf dem Korridor schloss sich Fresia ihnen an.
    »Hilda hat es in den Fingern«, sagte Veronika der Kollegin und erzählte ausführlich, wie gut es Hilda gelungen war, ganz allein den Bauch zuzunähen.
    Fast ganz allein.
    Hilda wurde knallrot in einer seligen Mischung aus Geniertsein und Freude. Als Kind war sie selten gelobt worden, denn man wurde nicht gelobt, wenn man etwas gut machte. Das Lob war für diejenigen, denen alles schwerfiel. Oder erinnerte sie das falsch?
    »Haha, meine Süße, das habe ich doch gleich gespürt«, sagte Fresia und knuffte Hilda aufmunternd in die Seite. Fresia sagte »Meine Süße« so, dass es warm und fröhlich wirkte und nicht im Ger ingsten erniedrigend. Hilda musste an Britta-Stina denken, die sicher gern ein Mensch gewesen wäre, der »Meine Süße« sagte oder »Hallo, mein Herzchen« oder »Was möchtest du, mein Schatz?«, was Fresia so leichtfiel auszusprechen. Doch Britta-Stina war wie ein harter Knoten, der sich nur manchmal lockerte. Dafür konnte sie nichts, das hatte Hilda schon recht früh begriffen, hatte es damals aber nicht in Worte fassen können.
    Hilda war auch klar, dass sie dankbar sein musste. Man musste Menschen, die sich aufopfern und sich um einen kümmern, dankbar sein. Als sie damals mit einer Reisetasche zum Axel-Munthes-Stig gekommen war, fühlte sie sich leer und nackt. Robert half ihr natürlich, und natürlich wurde sie sowohl von Britta-Stina als auch von Robert in den Arm genommen, doch es war immer viel Luft dazwischen.
    Sie hatte dann vergessen, wie es vorher gewesen war. Das Kissen war nicht mehr so oft nassgeweint, und die frühen Jahre in Hjortfors machten sich nur noch selten bemerkbar. Aber immer, wenn sie es am wenigsten ahnte, bekam sie Bauchkneifen.
    Sie sah mit zusammengekniffenen Augen aus dem Fenster und ging zu einem Tisch. Bestimmt waren die Umarmungen ihrer Mutter Clarissa so warm und herzlich gewesen wie Fresias. Sie wollte nur zu gern glauben, dass ihre Mutter »Hilda, mein Liebes!« gesagt hatte. Und dann war Hilda wie ausgemalt und nicht mehr nur die Bleistiftkontur eines Menschen auf weißem Papier.
    Britta-Stina war auf ihre Weise gut, und Hilda konnte weder ihr noch Robert einen Vorwurf machen.
    »Leute, heute ist Donnerstag, das heißt, es kommt neue Kleidung«, verkündete Fresia, die immer Bescheid wusste. Sie forderte Hilda auf, auf dem Rückweg von der Kantine bei der Kleiderausgabe vorbeizugehen.
    Fresia hatte Hilda anvertraut, dass sie selbst in Sachen Arbeitskleidung alles nehmen müsse, was da wäre, denn sie habe so einen dicken Hintern. Das war, als sie im Keller vor dem Schrank standen und zwischen Weiß und Dunkelblau auswählen mussten, was sie alltags außerhalb des Operationssaales trugen. »Es ist einfach so langweilig, nicht zu essen«, erklärte Fresia selbstironisch und verdrehte die Augen.
    Hilda ließ den Blick über die Kantine schweifen. Die Mitarbeiter von der Verwaltung saßen in Zivil an einem Tisch weiter hinten. Am Nebentisch saßen die »Bestimmer«, die jedoch, wie ein Kollege es formuliert hatte, »nicht länger einen Mehrwert für die Patienten« darstellten.
    Fresia und Veronika saßen jetzt Hilda gegenüber. Plötzlich beugte sich Fresia über den Tisch.
    »Diese Tina Rosenkvist, von der wir erzählt haben, die verschwunden ist …«, flüsterte sie.
    »Ja?«, fragte Hilda.
    »Ihr Mann steht in der Schlange beim Essen«, sagte Fresia und warf einen raschen Blick dorthin.
    Hilda wagte es nicht sich umzudrehen, obwohl sie neugierig war.
    »Jetzt kommt er hier vorbei«, sagte Fresia leise und verdrehte die Augen.
    Ein ungefähr fünfunddreißig Jahre alter Mann mit einem Essenstablett kam vorbei. Breiter Rücken, breite Schultern, gewöhnliche Jeans und Pullover. Völlig alltäglich, dachte Hilda ein

Weitere Kostenlose Bücher