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Tod in Florenz

Tod in Florenz

Titel: Tod in Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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größer?«
    »Ich habe keine Ahnung.«
    Ein weiterer dramatischer Seufzer.
    »Deine Mutter, der Herr sei ihrer Seele gnädig, hatte völlig recht. Du läufst die meiste Zeit schlafend herum.«
    »Mmmm.«
    Gleich nach den Nachrichten gingen sie ins Bett. Bevor sie ihr Schlafzimmer betraten, ging seine Frau wie immer ihren Jüngsten zudecken, der im Schlaf Arme und Beine von sich streckte und sich dabei aufdeckte. Der ältere schlief in Embryonalhaltung, die Beine angezogen, den Kopf in den Kissen vergraben. Der Maresciallo ging vor der Tür auf und ab und machte ein Gesicht wie eine eifersüchtige Katzenmutter, ging aber nicht hinein. Trotz der Bemerkung seiner Frau, er zeige nicht genug Interesse, waren die beiden stämmigen, dunkelhaarigen Jungen der Mittelpunkt seines Lebens. Es stimmte, daß seine Frau alles erledigte, inklusive der Tracht Prügel, wenn sie etwas Dummes angestellt hatten, aber dann sagte sie immer: »Wenn ich Papa erzähle, was du gemacht hast, kriegst du eine richtige Tracht!« Und sie baten sie, es nicht zu tun. Natürlich erzählte sie es ihm unter vier Augen doch, und er versuchte seinem grimmigen Image gerecht zu werden, indem er sie mit seinen riesigen Augen grimmig anstierte, aber die richtige Tracht kam nie. Er konnte ihnen kein Haar krümmen.
    Als sie im Bett lagen und seine Frau die Lampe ausgeknipst hatte, sagte er in der Dunkelheit plötzlich: »Vielleicht kommt es ja davon, daß ich zuviel esse.«
    »Was?«
    »Du sagst, daß ich die meiste Zeit schlafend herumlaufe. Vielleicht esse ich zuviel, und das macht mich schläfrig.«
    »Mach dich nicht lächerlich.«
    »Schon gut.«
    »Es ist, weil dich irgendwas beschäftigt. Hat es mit der Arbeit zu tun?«
    »Vielleicht.«
    Sie drang nicht weiter in ihn. Er hatte sich nie angewöhnt, berufliche Probleme mit ihr zu besprechen, teilweise weil er versuchte, nicht darüber nachzudenken, wenn der Arbeitstag vorbei war, was nicht ganz einfach war, da sie im selben Gebäude wohnten. Aber es kam auch daher, daß sie so lange getrennt gewesen waren, als man ihn nach Florenz versetzt hatte und seine Frau mit den Jungen in Syrakus bleiben mußte, um dort seine kranke Mutter zu versorgen. Er hatte sich angewöhnt, allein über den Dingen zu brüten. Dennoch, nach einem Weilchen seufzte er und sagte: »Du hast recht. Ich habe da einen ziemlich unangenehmen Fall zu bearbeiten …«
    »Bist du deswegen so viel unterwegs?«
    »Ja.«
    »Versuche nicht mehr darüber nachzudenken. Schlaf richtig schön aus.«
    Leichter gesagt als getan. Als er dann endlich einschlief, war sein Kopf noch immer voll mit den gleichen Bildern aus der Töpferstadt im Regen, und keiner hätte mehr überrascht sein können als er selbst, daß er sich beim Aufwachen erfrischt und leicht fühlte, als habe die ganze Geschichte sich über Nacht auf die einfachste Weise gelöst. Falls er geträumt hatte, so konnte er sich zumindest nicht mehr erinnern und fand es sehr schwierig, sich wieder mit der Realität abzufinden, in der er nichts begriff und genau am gleichen Punkt stand wie tags zuvor. Selbst als er sich diese Tatsache klarmachte, blieb das leichte, zuversichtliche Gefühl bestehen.
    »Na, du siehst ja heute morgen wirklich viel fröhlicher aus«, bemerkte seine Frau, als er sich vor seine große Tasse mit Milchkaffee und ein Brioche setzte. »Hast du gut geschlafen?«
    »Sieht so aus …« Er konnte es sich nicht erklären, und mehr noch, er hatte das Gefühl, der Grund dafür war, daß er sich in der Nacht offenbar an die Kleinigkeit erinnert hatte, die ihm gestern nicht eingefallen war. Wieder war er überzeugt davon, daß es mit dem Mädchen zusammenhing, das ausgeschlossen im Regen stand, aber wenn er sich im Schlaf tatsächlich erinnert hatte, jetzt wußte er es nicht mehr.
    Bevor er losfuhr, ging er in sein Büro, um den Tagesbericht auszufüllen, wozu er gestern abend wegen der Ausstellung nicht mehr gekommen war.
    »Sind Sie wieder den ganzen Tag nicht da?« Brigadiere Lorenzini, der durchaus in der Lage war, in seiner Abwesenheit alles zu erledigen, machte ein Gesicht, als ließe er ihn und die anderen als vaterlose Waisen zurück.
    »Ich komme so früh wie möglich am Nachmittag zurück.« Doch er sollte sein Büro lange nicht wiedersehen, nur wußte er es nicht. Er zog seinen Mantel an, fischte nach einem Blick aus dem Fenster auf das strahlende Winterwetter nach seiner Sonnenbrille und setzte sie auf. Am Fuß der Treppe rief er den Parkwächtern einen Gruß in ihr

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