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Tod in Florenz

Tod in Florenz

Titel: Tod in Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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getan.«
    »Sogar Robiglio, und der ist ein Spion.«
    »Robiglio? Ist er auch hierhergekommen?«
    »Nein.«
    »Woher wissen Sie es dann?«
    »Mein Bruder hat es mir erzählt.«
    »Nun, vielleicht wußte sie nicht, daß er ein Spion ist. Wissen Sie, was ein Spion ist?«
    »Jemand Böses. Hinterher hat er sich übergeben, das hat meine Oma mir erzählt. Sie hat immer gesagt, daß er danach gekotzt hat wie ein Hund, und daß er versucht hat, sein Gesicht vor ihr zu verstecken, und daß überall im Zimmer Blut war und sie allen Wein im Haus getrunken haben.«
    »Wer hat das getan?«
    »Sie.«
    »Sie wissen nicht, wer sie waren? Wissen Sie, warum das Zimmer voller Blut war?«
    »Nein.«
    »Sie waren also gar nicht dabei?«
    »Doch.«
    »Aber Sie können sich nicht erinnern, was passiert ist?«
    »Ich habe geschlafen.«
    Unter anderen Umständen wäre der Maresciallo versucht gewesen, all das als Spinnereien einer geistig Minderbemittelten abzutun, aber er hatte doppelten Grund, es nicht zu tun. Erstens hatte er dasselbe bei der Geschichte von ihrem Baby geglaubt, die sich dann als wahr herausstellte, und zweitens erinnerte er sich, daß Robiglio im Krieg offenbar in irgendeine häßliche Geschichte verwickelt gewesen war. Wenn es das war, worauf sie anspielte, dann mußte es noch eine verläßlichere Informationsquelle geben, und es hatte keinen Sinn, weiter in Tina zu dringen. Vielleicht war es diese vage und irritierende Geschichte, die das beklemmende Gefühl hervorrief, das ihn gestern befallen hatte und jetzt wiederkam und seinen morgendlichen Optimismus dämpfte. Ein Gefühl, daß irgend etwas passieren würde, wenn sie nicht rechtzeitig dahinterkamen. Er stand auf.
    »Gehen Sie wieder weg?« Tina sah sich um, als hoffe sie etwas zu finden, um ihn abzulenken und zurückzuhalten, wie gestern das Bild ihres Babys, aber er setzte seine Mütze auf und ging zur Tür.
    Sie schlurfte hinter ihm her und zupfte an seinem Ärmel.
    »Wollen Sie mich nicht anfassen?«
    »Wie bitte?«
    »Wollen Sie nicht etwas mit mir machen?«
    »Nein …«
    Ihr Atem ging pfeifend, und ihr schlurfender Schritt hielt plötzlich inne. Er stand schon im Gang, drehte sich um und sah auf sie herunter, überrascht, daß seine Antwort eine so starke Reaktion hervorrief. Aber das war es nicht. Ihr geübtes Ohr hatte ein Geräusch wahrgenommen, das er nicht gehört hatte, und ihr Gesicht war ganz rot vor Angst.
    Die Haustür ging auf, und gegen das helle Licht von draußen zeichnete sich eine kleine dunkle Gestalt ab, die etwas Unförmiges trug. Als die Tür zuschlug und sie alle in dem stinkenden Halbdunkel eingeschlossen waren, sah der Maresciallo, daß es Tinas Mann sein mußte, der still wie ein aufgeschrecktes Tier dastand und sie schweigend anstarrte, eine dunkle, rattenähnliche Gestalt mit speckiger schwarzer Mütze und einem dicken Ballen Gras unter dem Arm.
    »Guten Morgen.«
    Der Gruß des Maresciallos blieb unerwidert, und keiner rührte sich. Dann verzog sich der Mund des kleinen Mannes zu einem drohenden Grinsen, das auf Tina gemünzt war, und zwei weit auseinanderstehende braune Zähne wurden sichtbar. Ohne ein Wort wandte er sich ab, stieß die Tür zu dem Raum auf, in dem die Tiere gehalten wurden, und verschwand.
    Der Maresciallo ging weiter, öffnete die Haustür und drehte sich um, weil er sich von Tina verabschieden wollte, doch auch sie war verschwunden. Er trat hinaus ins Tageslicht und setzte seine Sonnenbrille auf.
    Berti war noch immer nirgends zu sehen, und er lungerte eine Weile vor dem Studio herum, beobachtete den vorbeirauschenden Verkehr und überlegte, ob er warten sollte.
    Ein gedämpfter, schriller Ton hinter ihm ließ ihn herumfahren und stirnrunzelnd zu Tinas Haus schauen. Aber er sah nur die kleine schwarze Katze, oder eher ihre Augen, die im Halbdunkel hinter den Gitterstäben funkelten. Vielleicht hatte er sich verhört. Er lauschte angestrengt, hörte aber nur den gleichmäßigen Verkehrslärm. Der Ort hier ging ihm langsam auf die Nerven. Beklemmung stieg in ihm hoch, wie sehr er sich auch bemühte, sie sachlich wegzuschieben.
    Da kam der Ton wieder, und diesmal konnte er sich unmöglich verhört haben. Ein angstvolles Wimmern, trostlos und kaum menschlich. Sein erster Gedanke war, daß der Hase, den sie offenbar in dem Faß mästeten, geschlachtet wurde, aber er wußte schon bevor ihm das Grasbündel wieder einfiel, daß es nicht stimmte. Dann hörte er eine ärgerliche Männerstimme, wenn er auch nicht

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