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Tod in Florenz

Tod in Florenz

Titel: Tod in Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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man in der Wäschekammer für sie aufgestellt hatte. Als ich das blutige Laken sah, dachte ich schon, sie sei tot, obwohl ihr Gesicht nicht bedeckt war, aber als ich zu ihr trat, öffnete sie ihre Kuhaugen. Sie erkannte mich nicht. Sie hat nie wieder jemanden erkannt. Ich habe für sie getan, was ich konnte, aber ich glaubte nicht, daß sie überleben würde. Ich will nicht ins Detail gehen. Es reicht, wenn ich sage, daß man sie den größten Teil der Nacht gefoltert hat. Schließlich hatten sie ihr einen Teil der Zunge abgeschnitten. Das Kind hätte ihnen nichts sagen können. Sie wußte gar nichts davon, daß ihr Mann bei den Partisanen war.
    Eine Zeitlang habe ich sie jeden Tag versorgt. Obwohl sie nie gesprochen oder mich erkannt hat, besserte sich ihr physischer Zustand etwas. Ich machte mir Sorgen um ihre Füße. Sie hatte mehrere Knochenbrüche, die eine viel mehr spezialisierte Behandlung brauchten, als ich sie bieten konnte, und in dem ganzen Durcheinander bestand kaum Hoffnung, sie zu bekommen. Das arme Kind weinte oder protestierte nie, wenn ich ihre Wunden verband, schaute mich nur mit ihren großen, sanften Augen an. Es war, als hätte sie ihre Möglichkeiten, auf Schmerzen zu reagieren, erschöpft. Manchmal, wenn ich fertig war und mich umdrehte, stand Karl in der Tür des kleinen Kämmerchens, eine Schale mit Suppe in den Händen und die Augenbrauen vor Kummer zusammengezogen, daß sie in der Mitte aufeinandertrafen.
    Dann kamen die Alliierten. Erst hörten ihre Flugzeuge auf, Bomben abzuwerfen, und warfen dafür Flugblätter ab, die uns aufforderten, Straßensperren zu entfernen, für ihre Voraustrupps die Lage von Minen zu bezeichnen und unsere Lebensmittelvorräte vor dem sich zurückziehenden Feind zu verstecken – als wenn wir noch welche gehabt hätten! Die Villa wurde von der Wehrmacht verlassen, und die Hospitalbetten füllten sich mit verwundeten Amerikanern. Ich ging nicht mehr hinauf, da eine Typhusepidemie in der Nähe mich voll in Anspruch nahm. Kurz darauf bekam ich selbst Typhus und wurde in ein weiter entferntes Krankenhaus gebracht. Damals empfand ich es als großes Unglück, den Krieg überlebt zu haben, nur um dann einer Krankheit zu erliegen, die ich mir von meinen Patienten geholt hatte. Aber es wäre ein schlechter Wind, der nicht auch jemandem etwas Gutes bringt – ich erholte mich und heiratete eine meiner Krankenschwestern aus dem Hospital, das Beste, was ich je in meinem Leben getan habe, Gott sei ihrer Seele gnädig.
    Das Haus hier war beim Durchmarsch der Alliierten beschädigt worden, und wir wohnten zuerst bei ihren Eltern, bis ich mir den Wiederaufbau leisten konnte. Ärzte waren damals knapp, und ich hatte keine Mühe, Arbeit zu finden. Am Ende waren es fünf Jahre, bevor ich das Haus aufbauen und hier wieder meine Praxis eröffnen konnte. Das war im Frühjahr 1950.
    Inzwischen befand sich die Villa in einem seltsamen Übergangsstadium. Ein paar geisteskranke Patienten lebten dort und einige alte Leute, denen eigentlich nichts fehlte, die nur nicht wußten wohin, oder keinen hatten, der sich um sie kümmerte. Es war ein Arzt oben, so daß ich keinen Grund hatte, hinaufzugehen, bis zu jenem Sommer, als er mich anrief, sich vorstellte und mich in die Villa bat, da er meine Meinung über einen seiner Insassen haben wollte. Seltsamerweise war es auf dem Weg dort hinauf, daß ich zum ersten Mal wieder die alte Signora Moretti traf. Sie kaufte am frühen Abend auf dem Marktplatz ein und hatte ein kleines Mädchen bei sich, vielleicht acht Jahre alt, das Ebenbild Marias. Ich hielt den Wagen an, um mit ihr zu sprechen, und nachdem ich der kleinen Tina übers Haar gestrichen hatte, fragte ich natürlich nach deren Mutter. Signora Moretti gab dem Kind einen Schubs.
    ›Lauf und stell dich beim Gemüsemann an.‹ Als das Kind gegangen war, sah sie mich mit zusammengekniffenen Lippen an.
    ›Tina weiß nichts von ihrer Mutter, und sie soll es auch nicht wissen.‹ ›Dann ist Maria also tot? Das habe ich nicht gewußt.‹ ›Es wäre für alle Beteiligten besser gewesen, wenn sie in jener Nacht gestorben wäre.‹ ›Dann ist sie also noch dort oben …‹ Konnte es das sein, weswegen ich hinaufkommen sollte?
    SignoraMorettideuteteaufdasneuerrichtete Bronzestandbild in der Mitte des Platzes hinter mir.
    ›Wenn dieses Mädchen nicht gewesen wäre, dann hätte ich einen Sohn, der mir das Alter versüßt, und nicht ein Standbild und zwei verwaiste Enkel. Mein Junge wäre nie

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