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Tod in Florenz

Tod in Florenz

Titel: Tod in Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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ihm die Tasse Wasser, aber er starrte nur darauf herunter, ohne zu trinken, als hätte er schon vergessen, warum ich sie ihm gegeben hatte.
    ›Wir konnten nicht bei Tageslicht ins Camp zurück, da haben sie uns in einem sicheren Haus im Dorf versteckt. Ich weiß nicht, wer uns verraten hat … Vielleicht haben sie es nur auf gut Glück getan, aber wir hatten ihnen den Rückzug abgeschnitten, und sie waren halb verrückt vor Angst und Wut. Sie sind ins Dorf gekommen und haben alles erschossen, was ihnen in die Quere kam, angefangen mit den Kindern, die aus den Häusern gelaufen kamen, um ihre Panzer zu sehen. Sie haben die Häuser angezündet, und wir konnten hören, wie Frauen und alte Leute schreiend und brennend herausrannten, und dann das Maschinengewehrfeuer. ›Partisanen!‹ haben die Deutschen geschrien, ›Partisanen!‹ Wir haben kapituliert, weil wir dachten, sie hören dann auf, aber es hat nichts geändert. Am Ende des Dorfes war eine Steinmauer und dahinter ein Abhang und ein Graben. Wir mußten uns mit den Händen über dem Kopf an der Wand aufstellen, und ich sah, daß der Graben schon voller Leichen war. Unter uns hat das ganze Dorf gebrannt, und die Leute haben geschrien und geschrien … Ich hatte keine Angst. Ich habe überhaupt nichts gefühlt, außer daß dies alles nicht wirklich war. Pietro Biondo hat neben mir an der Wand gestanden, und ich hörte ihn stöhnen, als sei er schon getroffen. Dann fuhr von hinten etwas in mich, und wir sind gefallen. Als ich zu mir kam, hat niemand mehr geschrien, aber ich hörte immer noch deutsche Stimmen rufen und das Knistern von Flammen. Ich konnte hören, aber nicht sehen. Ich war unter Dutzenden von Leichen begraben. Dann hörte ich Pietro Biondo stöhnen, genau wie vor unserer Erschießung. Er war nicht mehr neben mir … Vielleicht hatte er versucht, wegzukriechen, aber weit war er nicht gekommen, ich konnte ihn noch hören … ich wollte ihm sagen, daß er still sein sollte, denn wenn sie ihn hörten – aber ich habe mich nicht bewegt und auch nichts gesagt. Ich wußte nicht, wieviel Zeit vergangen war, wie lange ich schon da gelegen hatte, aber die Körper um mich herum waren kühl, ich selbst warm. Dann stundenlang Stille, aber ich wußte, daß die Deutschen noch da sein mußten, weil ich die Panzer nicht hatte wegfahren hören. Ich merkte, wie die Leichen über mir sich bewegten … , als ob jemand auf uns herumlaufen würde, aber man hörte keine Stimmen. Keine Stimmen … Dann ein Schlabbern. Es waren Hunde. Halbverhungerte Hunde, die das Blut tranken. Viel später wieder Bewegungen und Befehlsrufe. Dann Jeeps auf der Straße und an der Mauer. Türenschlagen und eine italienische Stimme, die rief: ›Die Krankenwagen sind da! Lebt noch jemand?‹ Pietro Biondo fing wieder an zu stöhnen, und ich spürte eine Bewegung zwischen den Körpern, als hätte er sich aufgerichtet. Dann eine Gewehrsalve, und Pietro Biondo hörte auf zu stöhnen. Es hat noch lange gedauert, bevor ich die Panzer wegfahren hörte. Ich wühlte mich unter den steif gewordenen Körpern heraus. Ich mußte Pietro Biondo finden … sie hatten uns entwaffnet, aber sie hatten es in Eile getan, und ich wußte, daß er seine zusätzliche Pistole ans Bein geschnallt trug. Es wurde langsam dunkel, und ich brauchte sehr lange … Ich bin dem Graben nachgegangen, bis ich das Dorf hinter mir hatte, und dann weitergelaufen. Ich fühle die Wunden jetzt mehr … mehr als vorher …‹ ›Sie werden steif, weil du dich nicht mehr bewegst.‹ Ich sagte ihm, daß noch eine Kugel in ihm steckte, die ich herausoperieren mußte, daß er wahrscheinlich eine Infektion bekäme.
    ›Es spielt keine Rolle. Ich bin müde.‹ Seine Augen … sie schienen direkt durch mich hindurchzusehen. Er schien ganz bei sich, wenn man ihn reden hörte, aber wenn ich heute daran zurückdenke, habe ich das Gefühl, er ist im Grunde in jenem Graben gestorben, zusammen mit seinen Kameraden. Ich konnte ihn nicht daran hindern zu gehen.
    An Schlaf war nicht mehr zu denken, also blieb ich den Rest der Nacht mit einem Buch auf. Ich fürchtete nicht die Deutschen oben in der Villa, sondern Ernesto. Keine halbe Stunde, nachdem er gegangen war, hörte ich Schüsse in der Ferne, und ich wußte, es war alles vorüber für Pietro.
    Von seinen Eltern habe ich dann erfahren, was geschehen war. Ich weiß nicht, wann oder wo Ernesto ihn aufgespürt hatte, aber es muß schon gewesen sein, bevor er zu mir kam, denn er war kaum zu Hause

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