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Tod in Florenz

Tod in Florenz

Titel: Tod in Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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angelangt, als sie hereingestürmt kamen, als hätten sie in der Nähe der Fabrik auf der Lauer gelegen, Ernesto und sechs SS-Männer. Als es geschah, waren alle in der Küche, die Eltern und Maria, so wie sie aus dem Bett gesprungen waren. Pietro hatte sich gerade an den Küchentisch gesetzt, und die anderen standen um ihn herum, als die Tür aufgestoßen wurde. Pietro hatte immer noch seine Pistole, aber bevor er sie abfeuern konnte, hatten sie ihn schon erschossen. Er fiel nach vorn, schlug mit dem Kopf auf den Tisch und rutschte dann zu Boden. Der untere Teil seines Gesichts war weggeschossen, aber er war nicht tot, seine Augen waren noch offen und beobachteten sie. Einer von ihnen, Pietros Mutter meinte, er sei vielleicht ein Offizier gewesen, weil er älter war als die anderen, trat heran und stand über dem Jungen und sagte etwas. Vielleicht war er ärgerlich, daß sie ihn gleich erschossen hatten, weil sie so nichts mehr aus ihm herausbekommen konnten. Er sah eine der verbundenen Wunden, beugte sich vor und riß Pietros Kleider auf. Dann richtete er sich auf und schoß genau in jede Wunde. Das schien ihn zu erleichtern. Ohne den toten Körper des Jungen eines weiteren Blickes zu würdigen, verlangte er von den alten Leuten Wein, und sie begossen ihren Fang. Als sie genug getrunken hatten, nahmen sie sich Maria vor. Die Eltern standen an die Wand der Küche gedrückt. Nachdem alle sechs mit Maria fertig waren, boten sie Ernesto an, sie auch noch zu nehmen. Er lehnte ab. Er hatte mit ihnen getrunken, und nun erbrach er alles auf den Küchenboden. Er war offenkundig entsetzt vom Ergebnis seiner Arbeit und wäre gern davongelaufen, wagte es aber nicht. Sie lachten ihn aus und flößten ihm mit Gewalt aus einer Karaffe Wein ein.
    Pietro lag noch immer auf dem Boden, in einer Lache von Blut, das bis an die weißen Wände gespritzt war. Als sie gingen, luden sie die Leiche hinten in ihren Jeep. Und Maria blieb halb betäubt auf dem Küchentisch, liegengelassen zwischen zerbrochenen Gläsern und verschüttetem Wein; sie war so verängstigt, daß sie nicht einmal wagte, sich zu bedecken. Sie kamen zurück, zerrten sie auf die Füße und nahmen sie mit sich fort. Die beiden Kinder hatten Gott sei Dank im angrenzenden Zimmer alles verschlafen.
    Das alles habe ich später von den alten Leuten gehört. Die erste direkte Nachricht bekam ich am nächsten Morgen, als einer der Männer des Feldwebels aus der Villa an meine Tür hämmerte. Ich saß immer noch angezogen da, obwohl ich gegen Morgen eingeschlafen sein mußte als sein Klopfen mich aufweckte.
    ›Kommen Sie mit!‹ Sein Fahrzeug stand mit laufendem Motor draußen.
    Obwohl es noch früh war, brannte die Sonne schon. Wir mußten über den Marktplatz fahren, und ich sah überall im Schatten die Leute in Grüppchen zusammenstehen und schweigend auf etwas in der Mitte starren, das aussah wie ein Haufen alter Kleidungsstücke mit einem Pappschild daran.
    ›Partisan‹ stand in großen roten Buchstaben darauf. Der Haufen Lumpen war das, was von Pietro Moro übriggeblieben war.
    Da ich sah, daß er tot war, und ich nichts weiter wußte, brachte ich die Ereignisse der vergangenen Nacht nicht damit in Verbindung, daß man mich jetzt in die Villa rief. Dennoch, als ich den Feldwebel sah, versuchte ich ihm klarzumachen, daß Pietros Leiche an seine Eltern zur Beerdigung gegeben werden sollte. Der Feldwebel schüttelte den Kopf und hob drei Finger. Er konnte nicht gut italienisch, aber er verstand mich, wenn ich langsam sprach. Ich für meinen Teil verstand sehr gut, was die drei Finger bedeuteten. Das gleiche war oft genug anderswo geschehen. Pietros Leiche mit dem Schild sollte drei Tage lang als Warnung dort liegenbleiben.
    ›SS‹, sagte der Feldwebel. ›Jetzt uscito. Kommen wieder può darsi – kaputt! Tutti!‹ ›Sie meinen, wenn wir ihn beerdigen …?‹ ›Kaputt! Kaputt!‹ Für einmal war er nicht in Rage. Er sah aus, als sei er die ganze Nacht auf den Beinen gewesen. Er war unrasiert, und seine Uniform war verschwitzt und zerknittert. So hatte ich ihn noch nie gesehen.
    Er schlug sich mit der Faust auf die Brust: ›Kann nichts machen. SS!‹ ›Ich verstehe.‹ Ich dachte schon, er hätte nach mir geschickt, um mich vor einer Beerdigung von Pietros Leiche zu warnen. Er benutzte mich oft als Übersetzer für die Stadt, da ich derjenige war, den er am häufigsten sah. Aber dann sagte er: ›Vieni.‹ Sie zeigten mir Maria. Sie lag auf einem schmalen Feldbett, das

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