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Tod in Florenz

Tod in Florenz

Titel: Tod in Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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wollen!‹ ›Es sind die einzigen, seine einzige Hoffnung. Rechtlich gesehen sind sie eine Familie.‹ ›Er trägt ihren Namen?‹ ›Er ist als Filippo Moretti ins Geburtenregister eingetragen. Wir alle wissen, daß er nicht der Sohn des jungen Partisanen ist, der erschossen wurde, aber er ist als dessen Sohn registriert, da er Marias Ehemann war.‹ ›Und Sie erwarten ernsthaft, daß Marias Schwiegereltern ihn zu sich nehmen? Nach allem, was passiert ist?‹ ›Er könnte bei ihnen leben ohne Amtsschimmel. Sie müssen ihn nicht einmal adoptieren, sie können ihn einfach zu sich nehmen. Rechtlich ist er ihr Enkel.‹ ›Das würden sie nie und nimmer tun! Ich habe Signora Moretti auf dem Weg hierher getroffen, und vielleicht vermutet sie schon so etwas. Sie würde es nie tun.‹ ›Es gibt sonst niemanden.‹ ›Was ist mit Marias Eltern?‹ ›Sie sind tot. Sie gehörten zu den letzten Opfern der Typhusepidemie am Ende des Krieges.‹ ›Dann betreibt Moretti die Fabrik allein?‹ ›Ich nehme es an. Die Morettis sind seine einzige Hoffnung. Sie kennen die Familie. Sie könnten helfen.‹ ›Ich hoffe, Sie haben recht. Vielleicht, wenn man ihnen etwas Zeit gäbe, würden sie es sich überlegen.‹ ›Wir haben keine Zeit.‹ ›Aber wenn er schon fünf Jahre hier ist, dann –‹ ›Wir haben keine Zeit mehr. In sechs Monaten wird die Villa hier eine Anstalt für kriminelle Irre. Die geriatrischen und geisteskranken Patienten werden innerhalb der nächsten drei Monate verlegt, damit die nötigen baulichen Veränderungen vorgenommen werden können. Ich bin dabei, diesen bürokratischen Knoten zu entwirren, von dem ich sprach. Ich habe schon einen Platz in einem Waisenhaus für den kleinen Moretti gefunden. Aber ich will ihn dort nicht hinschicken.‹ ›Ich verstehe. Es ist für Sie eine persönliche Sache geworden. Sie lieben das Kind.‹ ›Ja, obwohl es noch etwas mehr ist als das. Ich bewundere seinen Überlebenswillen. Ich kann es nicht genau erklären – es ist nicht so, wie man normalerweise ein Kind mag. Ich finde es ehrlich gesagt sogar schwierig, ihn wie ein Kind zu behandeln, aber das werden Sie verstehen, wenn Sie ihn besser kennen.‹
    »Er sollte recht behalten. In den nächsten Wochen lernte ich den kleinen Moretti kennen und faßte eine seltsame Zuneigung zu ihm. Er war ein merkwürdiges kleines Kerlchen, an das man sich erst gewöhnen mußte, aber er hatte etwas an sich, einen unbändigen Willen, sein Leben so gut auszufüllen wie: möglich, trotz der ungewöhnlichen und widrigen Umstände. Um welche Tageszeit ich auch oben ankam, er war immer damit beschäftigt, jemandem zu ›helfen‹, und es dauerte nicht lange, da ›half‹ er auch mir. Ich hatte die Idee gehabt, ihn bei meiner abendlichen Besucherrunde im Auto mitzunehmen, damit er wenigstens ein bißchen von der Welt außerhalb der Villa zu sehen bekam, und um ihm diesen Vorschlag nahezubringen, ohne ihn zu verschrecken, erschien es am besten, wenn ich ihn bat, mir zu ›helfen‹.
    Ich werde nie unsere erste Ausfahrt vergessen. Den ganzen Weg im Auto den Berg hinunter schwieg er, und wenn ich zur Seite blickte, sah ich seine winzigen Händchen das Armaturenbrett umklammern, daß die Knöchel weiß hervortraten. Als er ausstieg, ging er ganz dicht neben mir, erlaubte mir aber nicht, seine Hand zu nehmen. Ich gab weder Erklärungen ab, noch wies ich ihn auf Dinge hin, ich beobachtete ihn nur genau. Sein schmales Gesichtchen war finster entschlossen, und er zitterte, aber er hielt tapfer die kleine Ledertasche fest, die ich ihm zum Tragen mitgebracht hatte. Meine richtige Tasche konnte ich ihm nicht geben, sie wäre viel zu schwer für ihn gewesen, aber mir war inzwischen klar, daß er sich sicher fühlte, solange er ›helfen‹ konnte.
    Wir waren nur etwa anderthalb Stunden unterwegs, und bei den meisten Besuchern wartete er im Auto auf mich, aber am Ende merkte ich, daß er von der Anspannung völlig erschöpft war. Nur einmal blieb er stehen und zeigte aus eigenem Antrieb Interesse an etwas. Wir gingen an der Kirche Santo Stefano vorbei, deren Türen weit offenstanden. Möglich, daß später ein Dankgottesdienst stattfinden sollte, doch im Augenblick war die Kirche leer. Am Ende des linken Schiffes flackerten Kerzen im Halbdunkel, und sie hatten seine Aufmerksamkeit erregt. Ich blieb neben ihm stehen und wartete, ohne etwas zu sagen. Ganz leise, und ohne mehr als zwei oder drei Wörter des Textes zu kennen, begann er mit leuchtenden

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