Tod in Garmisch
für sie sonst nichts zählt. Deshalb verteidigt sie ihn
rücksichtslos, sogar gegen ihren eigenen Bruder … Ich will sie sprechen.«
»Ich kümmer mich drum«, sagte Schafmann.
Schwemmers Handy morste die Ankunft einer SMS . Er klappte es auf.
»Frau Isenwald bedauert, es heute nicht geschafft zu
haben, kündigt aber ihr Erscheinen an für acht Uhr in der Früh«, las er vor.
»Da kann ich nicht«, sagte Schafmann. »Da bin ich beim
Arzt.«
SIEBEN
Magdalena wachte
ganz langsam auf. Nur allmählich nahmen ihre Sinne einzelne Eindrücke auf und
setzten sie Stück für Stück zu einem Gesamtbild zusammen. Ein kühler Hauch auf
ihrer Stirn: Das Fenster stand offen. Ein entferntes Zischen, ein Duft: eine
Kaffeemaschine. Eine warme, ungewohnt schwere Bettdecke. Ein Geruch darin, den
sie mochte. Irgendwas stimmte nicht an diesem Gesamtbild, und sie war noch zu
schläfrig, um dahinterzukommen, was es war, bis es sie dann mit einem Schlag
hochriss.
Dies war nicht
ihr Bett!
Sie stützte sich auf
die Ellbogen und sah sich um, dann ließ sie sich wieder auf die Matratze fallen
und zog die Decke über den Kopf.
Um Gottes willen,
dachte sie. Ich liege in Andis Bett!
Nur nach und nach
kam ihr, wie sie dorthin gelangt war, und das lag keineswegs daran, dass sie
betrunken gewesen war.
Sie hatte nur so
fest geschlafen wie seit ewigen Zeiten nicht mehr.
Sie waren nach dem
Essen noch in den Irish Pub am Rathausplatz gegangen, hatten an der Bar
gesessen und Guinness getrunken. Hatten den beiden Musikern zugehört. Und
geredet. Und geredet. Und dann gewettet, ob »Come Together« auf dem Weißen
Album oder auf Abbey Road war. Und weil sie nur Abbey Road hatte, Andi aber
auch das Weiße Album (in weißem Vinyl!), waren sie halt zu ihm nachgucken
gegangen, und dann hatten sie sich nicht mehr einigen können, wer von ihnen
jetzt eigentlich was behauptet hatte.
Und dann hatte Andi
noch einen Espresso gemacht.
Ja, dachte sie. So
war das. Und jetzt?
Sie zog die Decke
vom Gesicht und sah sich um. Andi war nicht zu sehen und nicht zu hören. Die
Wohnung sah aus, wie Wohnungen aussehen, wenn spätabends überraschend Besuch
gekommen war.
Die Möbel waren
schön zusammengestellt. Neu, alt, Ikea, so wie es Andis Einkommen eben
ermöglichte, und das kannte Magdalena ja gut genug, um beim Gedanken daran ein
schlechtes Gewissen zu bekommen.
Was allerdings
herausstach, war die Häufung unangenehmer Farbzusammenstellungen. Kissenbezüge
und Sofadecken leuchteten in so feindseligem Verhältnis, dass es dem Auge
wehtat.
Sie zog die Decke
wieder über den Kopf. Und kicherte.
»Es gibt da etwas«,
hatte Andi gesagt, und die Bedienung hatte ihn unterbrochen und die
Champagnercocktails serviert, die Andi gegen Magdalenas Willen bestellt hatte.
Sie war sich völlig
unsicher gewesen, dort im »Husar«, was Andi vorhatte. Andi, der auf einmal so
anders wirkte und noch weniger sprach als sonst. Dass sie dort mit ihm saß,
entsprach nicht im Geringsten einer der Standardkrisensituationen, für die sie
einen Interventionsplan im Kopf hatte.
Sie stießen an und
tranken.
»Es gibt da etwas«,
wiederholte Andi dann, »was ich dir sagen muss.«
Er sah sie dabei
nicht an, sondern konzentriert auf seine Hände, die er auf dem Tisch ineinander
verschränkt hatte. Das wirkte nicht wirklich cool, aber es war in Ordnung.
Magdalena hatte an
ihrem Cocktail genippt und sich in ihrem Misstrauen so unwohl gefühlt, wie es
die Umgebung zuließ. Sie saßen in dem schönen kleinen Restaurant, an einem
schönen Tisch in einer Ecke, die Karte las sich toll, der Cocktail schmeckte
wunderbar … aber sie saß mit Andi hier, und es gab da etwas, das er ihr sagen
musste.
Sie hatte keine
Ahnung, dafür aber sehr viele Befürchtungen. Am ehesten erwartete sie eine
anstrengend abzunehmende Beichte über einen unterschlagenen Satz Bettwäsche
oder etwas in der Art.
Aber Andi hob
plötzlich den Blick, direkt in ihre Augen.
»Ich habe dich angelogen«,
sagte er. »Bei meinem Einstellungsgespräch. Du hast das Recht, mir fristlos zu
kündigen.«
Magdalena hatte
ihren Cocktail angesehen und dann Andi, dann wieder ihr Glas, und plötzlich
hatte sie zu verstehen geglaubt, was er vorhatte.
»Du willst weg«,
sagte sie. »Ich soll dich rausschmeißen! Damit du wechseln kannst.
Wohin? Wer will dich abwerben?«
»Äh … nein«, hatte
Andi gesagt und den Blick kurz wieder zwischen seine Hände gesenkt, als suche
er dort nach einer Antwort, und dann ratlos aufgesehen. Und
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