Tod in Garmisch
Ingolstadt war.«
»Herrschaftszeiten, das will was heißen«, sagte
Schafmann. »Vielleicht fällt ja der Isenwald was ein zu dem.«
»Sie kann ihm mit einer Einweisung in die Psychiatrie
drohen, mal schaun, wie das wirkt … Steht was in den Tagebüchern, was
uns schlauer macht?«
»Einiges. Aber die sind entsetzlich zu lesen. Er
schreibt nur klein und kürzt alles Mögliche ab. Vinzenz hatte seit über einem
Jahr einen Verdacht wegen der ISIS -Fonds.
Er hatte im Büro der SIS zufällig
Unterlagen gesehen, die nicht für ihn bestimmt waren. Erst hat er nicht
geglaubt, was er gelesen hatte, dann hat er sich nicht getraut, etwas zu
unternehmen, aber irgendwann sind ihm die Zahlen unheimlich geworden. Sechzehn
Millionen sind ja schon ein Grund, sich Sorgen zu machen. Im letzten Eintrag
schreibt er, er wolle seinen alten Professor anrufen. Der hat ihm dann ja
diesen Düsseldorfer empfohlen … Außerdem ist er regelmäßig in ärztlicher
Behandlung, alle vier Wochen, bei einem Dr. Wagner. Er schreibt nicht, weshalb,
aber er ist immer erleichtert, wenn es nicht schlimmer geworden ist.«
»Such dir den mal raus. Da wirst du hinmüssen und
nachfragen.«
»Schon passiert. Ich hab morgen Mittag einen Termin.
Die Praxis ist in Weilheim.«
»Gut. Noch was?«
»Ja. Die Lektüre gibt auch Antworten auf zwei Fragen,
die du eben nicht gestellt hast: Was hatte er überhaupt da im Wald zu
suchen? Und wie ist er da hingekommen?«
»Ja. Das geht mir auch schon seit Tagen im Kopf rum«,
sagte Schwemmer.
»Ich kann es dir sagen: Er hat einen alten Stadel
okkupiert, den keiner mehr nutzt, und hin und wieder dort übernachtet. ›Sein
Refugium‹ nannte er das.«
»Und wo soll der sein?«
»Das hat er leider nicht geschrieben.«
»Na toll. Mehr als tausend von den Dingern gibt’s hier
bestimmt nicht.«
»Das können wir stark einschränken. Wenn er seit
sieben Tagen nicht mehr in seiner Wohnung war, wird er sich wahrscheinlich in
dem Ding aufgehalten haben. Und ebenso wahrscheinlich ist es in der Nähe des
Tatortes.«
»Na schön. Also sind es nur noch fünfzig. Dann fang
mal an zu suchen.«
»Ich nicht«, sagte Schafmann und legte einen
durchsichtigen Plastikbeutel auf den Tisch, wie ihn die Spurensicherung
benutzte.
Schwemmer verzog leicht angewidert das Gesicht. »Was
ist denn da drin? Sieht aus wie getragene Unterwäsche.«
»Das liegt daran, dass es getragene Unterwäsche ist.
Von Vinz Schedlbauer. Hab ich mir von Dräger aus der Wohnung besorgen lassen.«
»Und was hast du damit vor?«
»Hundestaffel«, sagte Schafmann. »Die haben mir
versichert, wenn da was ist, dann finden sie es. Trotz des Regens in den
letzten Tagen.«
»Sehr gut«, sagte Schwemmer. »Wirklich. Wann können
die kommen?«
»Die sind in …«, Schafmann sah auf die Uhr, »in einer
knappen Stunde an der Partnach-Alm.«
Gedankenverloren spielte Schwemmer mit den Resten
seiner Pommesschachtel. »Allensteiner«, murmelte er.
»Wie bitte?«
»Wenn wir dem Allensteiner die Tat nicht nachweisen
können«, sagte er, »dann müssen wir ihm eben ein Alibi verschaffen.«
»Wir?« Schafmann lachte
ungläubig.
»Besorg dir eine Geruchsprobe von ihm. Wenn er da oben
war, werden die Hunde was finden. Wenn nicht, war er nicht am Tatort.«
»Geruchsprobe? Wie soll ich das denn machen?«
»Na, wie schon? Hast den Stasifilm nicht gesehen?«
»Stasifilm? Ist das dein Ernst?«
Schwemmer verdrehte die Augen. »Natürlich nicht! Nimm
ihm halt die Jacke weg.«
»Okay«, sagte Schafmann, leicht verunsichert. »Und
wenn er damit nicht einverstanden ist?«
»Dann soll er bitte seinen Anwalt anrufen.«
»Verstehe.« Schafmann erhob sich und nahm sein
Tablett. »Kommst du mit?«
»Nein …«
»Nicht? Das wird spannend da oben mit den Hunden.«
»Lass mich mal hier. Ich trink noch einen Kaffee. Es
gibt hier doch Kaffee?«
»Bestimmt«, sagte Schafmann. »Die Tabletts stellt man
übrigens dahinten in das Regal.«
»Ach was?« Schwemmer sah Schafmann noch zu, wie der
sein Tablett verstaute.
Dann wandte er sich wieder seiner
Pommes-frites-Packung zu.
Er hatte Schafmann nicht alles erzählt von dem
Gespräch mit den beiden Alten. Nicht die Geschichte von Vreni. Und die vom
Schedlbauer Max. Zwei Geschichten, aber eigentlich nur eine.
Die Vreni und der Max waren verlobt gewesen, aber
nicht miteinander. Der Max mit der Tochter eines Großbauern aus Mittenwald, das
wusste ein jeder. Und die Vreni mit dem Rossmeisl Hias, aber das wusste niemand
damals.
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