Tod in Garmisch
wissen, wann Angriff die beste
Verteidigung war.
»Wenn Sie wünschen«, sagte Schwemmer, »ziehe ich mich
aus der Ermittlung zurück und beschränke mich auf die Koordination.«
Frau Isenwald sah ihn überrascht an. Schwemmer wich
ihrem Blick nicht aus. Zwar versuchte sie, ihre Gedanken nicht zu zeigen, aber
Schwemmer war sich sicher, dass er ihren Vorschlag vorweggenommen hatte.
Frau Isenwald wollte gerade zu einer Erklärung
anheben, als Schafmann ihr zuvorkam.
»Das hättet ihr beide wohl gern, aber das könnt ihr
vergessen. Dann lass ich mich krankschreiben. Irgendein Grund wird mir schon
einfallen.«
»Aber lassen Sie mich doch erst mal …«
»Schon klar«, unterbrach Schafmann sie erneut. »Der
Chef leitet die Ermittlung, und der Schafmann bleibt am Schreibtisch und
diktiert die Berichte. No way .«
»Herr Schafmann, es geht hier nicht um persönliche
Interessen oder Vorlieben. Es geht darum –«
»– dass der Fall gelöst wird. Und genau darum
geht es mir auch. Der Herr Erster Kriminalhauptkommissar Schwemmer ist hier der
Mann mit dem Plan. Und nur, weil er Sie nicht bei jedem Pups um Erlaubnis
bittet, heißt das nicht, dass hier nicht alles so gut läuft, wie der
Fall es zulässt. Was hat denn der Dräger überhaupt so Sensationelles
herausgefunden?«
Schwemmer applaudierte innerlich der rhetorischen
Wendung am Ende, mit der Schafmann der Isenwald ermöglichte, ohne
Gesichtsverlust aus der Nummer heraus- und wieder auf die Ebene der Ermittlung
zurückzukommen.
Und tatsächlich nutzte sie die Möglichkeit.
»Kommissar Dräger hat gestern ermittelt, dass der Tote
von jemandem in die Klamm geworfen wurde, der Schuhgröße 45 trägt«, sagte sie.
»Größe 45? Und des wegen soll ich an den
Schreibtisch …« Schafmann schüttelte den Kopf.
»Frau Isenwald wollte uns zu Recht daran erinnern,
dass wir Teil eines Teams sind«, sagte Schwemmer ruhig. »Und wir nehmen diese
Erinnerung aufmerksam und dankbar zur Kenntnis …«
Frau Isenwald nickte Schwemmer zu. Sie akzeptierte das
Ergebnis ihres kleinen Kräftemessens, und Schwemmer schätzte sehr, dass er
keinerlei hinterfotzige Gedanken in ihrem Blick las. Sie hat etwas probiert, es
hat nicht geklappt, also geht es weiter.
Sie ist gut, dachte er. Sie geht mir auf die Nerven,
aber sie ist gut.
»Was haben wir also?«, fragte Frau Isenwald.
»Wir haben uneindeutige Spuren, wir haben immer noch
kein abschließendes Autopsieergebnis, überhaupt noch nichts Schriftliches, aber
sehr viele Vermutungen. Zudem steht heute Nachmittag noch die Einvernahme eines
wahrscheinlich bewaffneten Ex-Fremdenlegionärs auf einem schlecht zugänglichen
Berghof an. Wir wissen nicht, ob oder wie der Mann mit dem Todesfall zu tun
hat, weil seit gestern eine erhebliche Verbreiterung des Falles vonstattengeht.
Und falls Sie wirklich alles wissen wollen, möchte ich Sie warnen: Es wird
dauern.«
Frau Isenwald nickte entschlossen. Sie nahm aus ihrem
Aktenkoffer ein einfaches kariertes Spiralheft und eine Federmappe, zog einen
der Besucherstühle heran und setzte sich Schwemmer gegenüber.
»Dann fangen Sie mal an«, sagte sie.
Es war halb drei, als Schwemmers Telefon schellte und
ein Kollege von unten mitteilte, dass der Herr Rechtsanwalt Bichlmeier wegen
des Herrn Schedlbauer Bernhard vorspräche.
»Soll warten«, knurrte Schwemmer und legte auf. Er
warf zum wiederholten Mal einen ungläubigen Blick in den Papierkorb unter seinem
Schreibtisch, in dem das Einpackpapier zweier Cheeseburger lag, die er
tatsächlich gegessen hatte. Frau Isenwald hatte sechs davon aus einer der
benachbarten Bratereien auf der Münchener Straße besorgen lassen, als sie
während ihrer Strategiesitzung Hunger bekam. Am peinlichsten an dem Ganzen war
Schwemmer, dass sie ihm geschmeckt hatten. Aber er sagte sich, dass auch in
einer guten Ehe der Partner nicht alles wissen musste.
»Was versprechen wir uns von der Einvernahme des Berni
Schedlbauer?«, fragte Staatsanwältin Isenwald.
»Von der Einvernahme nichts. Aber dass wir wissen, wo
er ist, ist im Moment ein Wert an sich«, sagte Schafmann.
»Haftbefehl Bernhard Schedlbauer«, notierte Frau
Isenwald.
Frau Fuchs kam herein und reichte Schwemmer ein Fax.
Auf ihre Frage »Noch Kaffee?« erntete sie nur abwesendes Kopfschütteln. Ein
wenig beleidigt ging sie wieder hinaus.
»Der Durchsuchungsbeschluss für den Meixner-Hof«,
sagte Schwemmer.
Ihm war nicht wohl beim Anblick des Faxes. Der Maiche
stand bei ihm im Wort, was den Hias anging;
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