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Tod in Garmisch

Titel: Tod in Garmisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Schueller
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sie ihm bringen«, sagte sie.
    »Des werd i scho selber macha.« Er sah aus dem Fenster
in seiner entspannten Art von Wachsamkeit, die Magdalena immer schon so
beeindruckt hatte. Reserl starrte die Tischplatte an. Auch diese Art kannte
Magdalena, aber sie war davon schon lange nicht mehr beeindruckt.
    »Do kemmans«, sagte Hias.
    Magdalena sah und hörte nichts, was auf ein Auto
hingewiesen hätte, aber der Hias wusste, was er sagte. Sonst hätte er nichts
gesagt. Magdalena wünschte sich, er hätte seine Fäuste so unter Kontrolle wie seine
Zunge. Tatsächlich hörte auch sie bald Motorengeräusch.
    »Glei mit zwoa Wogn. Die ham an rechtn Reschpekt vor
mia.« Hias grinste und trank die Flasche leer. Er stellte sie ins Tragerl und
nahm seine Reisetasche. »Pfüa Gott«, sagte er und trat aus der Tür, grad in dem
Moment, als ein ziviler Passat und ein Audi-Streifenwagen auf den Hof rollten.
    Magdalena und Reserl sahen den Schwemmer Hausl aus dem
Passat steigen und auf Hias zugehen. Aus dem Streifenwagen stiegen ein
kräftiger junger Mann, der sich seine Dienstmütze auf den kahl rasierten
Schädel zog, und eine eher schmächtige blonde Polizistin. Beide blieben neben
dem Wagen stehen und beobachteten Schwemmer und Hias.
    »Schau dir die Fuchtl an«, murmelte Reserl. »Da tatst du aber a imposantre Erscheinung abgebn.«
    Magdalena riss sich zusammen, um ihre Mutter nicht
anzuschreien. Sie schwieg. Die Frage, was Reserl so bitter gemacht hatte,
konnte sie mittlerweile beantworten. Eine andere Frage, die sie sich seit
einiger Zeit stellte, war, ob ihre Mutter nicht doch eine Wahl hatte. Und dass
Magdalena nun für Reserls falsche Entscheidung von ihr bestraft wurde.
    Ich will nicht so werden, dachte sie, während sie Hias
beobachtete, wie er draußen mit dem Schwemmer Hausl redete und dann allein auf
den Streifenwagen zuging. Der Hausl sah ihm nach, bis er hinten eingestiegen
war und die Polizistin den Wagen vom Hof gesteuert hatte. Dann kam er zur Tür.
Er klopfte höflich und blieb an der Tür stehen.
    »Dass d’ uns des otuast, Hausl«, murmelte
Reserl.
    »Mutter!«, fuhr Magdalena sie an. »Jetzt reiß dich
zsamm!« Sie sprang auf, griff nach ihrer Jacke und ging zur Tür.
    »Komm halt«, sagte sie zu Schwemmer, und der folgte
ihr auf den Hof.
    »Tut mir leid wegen der Mutter«, sagte sie und zog die
Jacke über. Ein frischer Nordwind vom Loisachtal her war aufgekommen und ließ
sie frösteln. Nach den Stunden im Krankenhaus und hier in der Küche sehnte sie
sich nach Bewegung.
    »Gehn wir ein paar Schritt?«, fragte sie.
    »Gern«, antwortete Schwemmer.
    Sie stapfte los, den Weg bergan, und Hausl folgte ihr,
so gut er konnte. Aber schon nach ein paar Minuten hörte sie ihn schnaufen.
    »Lenerl«, sagte er, »sei ein bisschen gnädig mit mir.
Ich bin schwerer als du und älter und nicht im Training. Und die richtigen
Schuh hab ich auch nicht an.«
    Sie drehte sich zu ihm um. Er hatte tatsächlich
Schweißperlen auf der Stirn. Er wischte mit einem Taschentuch darüber.
Magdalena ging weiter. Sie nötigte sich zu einer etwas gemäßigteren
Geschwindigkeit. Als sie den Kamm erreichten, sank Schwemmer auf die morsche Bank
dort und schnaufte durch.
    »Schad mit den Wolken«, sagte er. »Aber schön ist’s
hier allemal. Auch wenn grad keine Aussicht ist.«
    Magdalena setzte sich nicht. Sie wäre gerne
weitergegangen, aber Schwemmer fühlte sich auf seiner Bank offenkundig wohl.
Sie wandte ihm den Rücken zu und sah hinunter ins Tal über den Ebenwald hin.
Die Wolken hingen niedrig und verdeckten den Wetterstein.
    »Läuft nicht gut, im Moment, hm?«, fragte Schwemmer
hinter ihr.
    »Weiß Gott nicht.«
    »Bei einer Sache wenigstens kann ich dich beruhigen«,
sagte er. »Dein Gast, dieser Herr Kant, scheint seriös zu sein.«
    »Ich hab auch nix gefunden in seinem Zimmer.« Sie
starrte über das Tal. Für was bist du eigentlich rein in sein Zimmer?, dachte
sie. Für den Schwemmer?
    »Hast wirklich nachgeguckt?«, fragte der.
    Sie antwortete nicht darauf. »Und seine Pistole?«,
fragte sie stattdessen.
    »Er hat einen Waffenschein.«
    Ein schlanker, großer, gefährlicher Mann. Sie ertappte
sich bei dem Gedanken, dass sie es anziehender gefunden hätte, Kant würde seine
Waffe unter Missachtung des Gesetzes tragen.
    »Weißt eigentlich, wie der wirklich heißt?«
    Sie traute ihren Ohren nicht, als sie den Namen hörte.
    »Hab ich ein bisschen für üben müssen, bis ich den
auswendig konnte«, sagte Schwemmer.
    Tiberius

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