Tod in Garmisch
und Lenerl hatte angerufen und
versichert, der Hias würd’ keinen Ärger machen, aber von einer Durchsuchung des
Hofes war den Meixners gegenüber keine Rede gewesen.
Es war Frau Isenwalds Entschluss gewesen, so wie auch
der, den Hias auf der Inspektion zu vernehmen und nicht auf dem Hof. Schwemmer
hatte keinen Einwand erhoben, weil ihm klar war, dass sie recht hatte. Und dass
er selbst den Beschluss nicht beantragt hatte, zeigte ihm, wie sehr man Gefahr
lief, sich in dem kleinen Ort von Beziehungen und Bekanntschaften den Überblick
erschweren zu lassen.
»Als ich noch in Ingolstadt war«, sagte er, aber ein
Handy begann zu läuten, und Schwemmer brauchte ein paar Sekunden, bis ihm klar
wurde, dass es sein eigenes war. Er zog es aus der Jackentasche. Als er auf das
Display sah, wurde seine Miene eisig.
»Was!« , meldete er sich.
Er hörte zu, ohne dass sich sein Ausdruck entspannte. »Ja«, sagte er nach ein
paar Sekunden, und dann veränderte sich sein Gesicht. »Ernsthaft?«, fragte er.
Er sah nun wirklich verblüfft aus. »Tja … werd ich wohl … Schönen Gruß.«
Er klappte das Handy nicht zu.
»Meine Frau«, sagte er. »Dienstlich.« Auf seiner Stirn
stand eine steile Falte, während er auf den Tasten herumdrückte.
Schafmann und Frau Isenwald sahen sich an und zuckten
die Achseln.
»Schwemmer, grüß Gott, Herr Doktor … Nein, ich will nicht nachfragen. Ich weiß, der Herr Professor und Sie tun, was Sie können …«
Frau Isenwald verzog das Gesicht in dem Versuch, ein
Lachen zu unterdrücken. Sie reckte einen Daumen in die Höhe.
»Aber ich habe ein dringendes Anliegen«, fuhr
Schwemmer fort. »Ich brauche sofort … Ja, Herr Doktor, sofort … Nein,
ich meine tatsächlich: jetzt gleich. Sofort eben … aussagekräftige Fotos von
der Narbe im Lendenbereich des Toten … So viele, wie nötig sind … Nein, wo
denken Sie hin? Als Djäipeck oder PDF … Schon recht … Nein, sonst nichts. Aber natürlich warten alle hier sehr
gespannt auf Ihren Abschlussbericht … Ja, Frau Isenwald auch, Herr Doktor. Besonders Frau Isenwald … Das ist schön … Ebenso. Ade.« Er legte auf.
»Schöne Grüße in die Runde von Dr. von Pollscheidt,
man arbeitet mit Hochdruck … Ich habe gerade vom meiner Gattin eine Information
erhalten, die uns zwingt, den geplanten Ablauf ein wenig zu … modifizieren.«
* * *
Magdalena saß auf der Bank am Küchentisch und wärmte
ihre Hände an einem Teebecher. Reserl saß ihr gegenüber und sah
gedankenverloren aus dem Fenster. Es klopfte an der Tür, und der Hias trat ein.
Er setzte eine kleine Reisetasche neben der Tür ab.
Als sie auf den Hof gefahren waren, hatte der Hias im
Scheunentor gestanden und ihnen entgegengesehen. Magdalena war zu ihm
hingegangen.
»Wos hod da Baur gsogt?«, fragte er.
»Hat keinen Sinn, Ärger zu machen, hat er gesagt.«
Das war das ganze Gespräch gewesen. Der Hias hatte
nicht einmal genickt. Er hatte Magdalena den Rücken zugedreht und war in seine
Stube gegangen.
Jetzt stand er hier in der Küche.
»Hock di«, sagte Reserl, und Hias zog sich einen der
Stühle heran. Er setzte sich, ein wenig entfernt vom Tisch, so als gehöre er
nicht dazu.
Magdalena stand auf und ging zum Kühlschrank. Sie nahm
eine Flasche Bier heraus, öffnete sie und stellte sie Hias hin.
»No arg früa für a Hells«, sagte er.
»Das ist heut grad egal«, sagte Magdalena und schob
sich wieder auf die Bank.
»Wer kümmert si denn jetzat um an Hof?«, flüsterte
Reserl, ohne jemanden anzusehen.
»Jetzt reg di ned auf. Die wolln doch nur mit dem Hias
reden«, sagte Magdalena.
»Und wann ned?«, fragte Reserl.
Hias nahm die Bierflasche und trank. »Geh zum
Aschenbrenner«, sagte er dann. »Der solls Viech mit fuadern. Der hat Platz gnua
im Stoi. Musst eam hoid zua Hand geh, bis es oan gfundn habts.«
»Was redets denn da?« Magdalena schüttelte den Kopf.
»Geh zum Aschenbrenner«, sagte Hias nur.
»Was moanst, wann die kimma?«, fragte Reserl Magdalena.
»Kann nimmer lang dauern …«
Ein lastendes Schweigen breitete sich in der niedrigen
Küche aus.
»Warum hast auch an Buam gschlagn?« Reserl sagte es,
ohne den Hias anzusehen, den vorwurfsvollen Blick auf den Herrgottswinkel
gerichtet.
»War a Fehla«, sagte Hias.
Magdalena verstand ihn. Der Schlag hatte der Familie
Schedlbauer gegolten, und der unglückselige Junge war einfach zur falschen Zeit
am falschen Ort gewesen.
»Vielleicht schreibst ihm ein paar Zeilen. Eine
Entschuldigung. Ich kann
Weitere Kostenlose Bücher