Tod in Innsbruck
leider noch nicht gekommen.«
Heisenberg ließ sich von Linda die Nummer von Dr. Nemetz heraussuchen und rief ihn an.
Die Stimme des Arztes klang etwas eingerostet, als hätte er noch geschlafen. Doch er zeigte sich erstaunlich kooperativ.
Nach dem Gespräch legte Heisenberg feierlich die Hand auf Wurz’ Schulter.
»Vielleicht sind die Krimiserien, die Sie sich immer im Fernsehen anschauen, doch zu etwas gut«, sagte er. »Glückwunsch, Wurz. Sie haben einen Volltreffer gelandet. Brigitte Nemetz hat Briguglia gekannt, ein intimes Verhältnis wäre denkbar. Mit Sofronsky hat sie auf alle Fälle eine Affäre gehabt. Und zwar unmittelbar vor Sofronskys Tod. Und nun halten Sie sich fest, Wurz.« Heisenberg räusperte sich. »Die Mutter der Nemetz ist verschwunden.«
Wurz keuchte auf. »Eine unserer beiden weiblichen Leichen?«
»Davon gehe ich aus.«
»Und jetzt?«
Heisenberg öffnete seinen Spind und nahm das Holster heraus. Er schnallte es sich um. Dann lud er seine Dienstwaffe und steckte sie in die Halterung.
»Jetzt knöpfen wir uns die Nemetz vor.«
* * *
Es klickte. Das Gespräch war zu Ende.
Grübelnd ging Robert in seinem Schlafzimmer auf und ab. Was wollte Heisenberg von Brigitte? Ging es wirklich nur um eine Zeugenaussage, oder verdächtigte er sie etwa? Aber er hatte doch Vera eingesperrt. Oder war in der Zwischenzeit etwas passiert, das Robert verschlafen hatte?
Er nahm sich vor, eine Zeitung zu kaufen, um mal wieder auf dem Laufenden zu sein.
Ob er Brigitte anrufen und warnen sollte?
Nein. Er hatte gestern mehrfach versucht, sie zu erreichen. Vergeblich. Sollte sich die Kripo um sie kümmern. Er würde heute endlich sein neues Mountainbike ausprobieren. Das Wetter hätte nicht traumhafter sein können.
Er brühte sich eine Tasse grünen Tee auf und aß eine Schale Müsli. Dann schlüpfte er in Radlershorts, zog ein Transtex-Shirt über, packte den Helm und startete durch.
Das nagelneue Rad musste zuerst eingefahren werden. Dafür hatte Robert sich eine leichte, kurze Tour vorgenommen: den Weg über die Hungerburg zur Arzler Alm.
Schon in der Höttinger Gasse freute er sich über seinen Kauf. Die Gangschaltung funktionierte tadellos. Das Mountainbike bewältigte die Steigung mühelos, er kam nicht einmal ins Schwitzen. Die lang gezogenen Serpentinen der Höhenstraße waren ohnehin keine große Herausforderung. Er fuhr schneller und freute sich wie ein Kind, als er drei andere Biker überholte. Natürlich würde sich erst bei der Abfahrt von der Alm erweisen, ob das Mountainbike sein Geld wert war, wenn die teure Federgabel die Schlaglöcher des Schotterwegs abfangen musste und die Scheibenbremsen gefordert wurden. Bis jetzt war er mehr als zufrieden.
Kurz bevor er das Siedlungsgebiet Hungerburg erreichte, sah er eine zierliche Gestalt, die eben das Gelände des Supermarkts verließ und die Höhenstraße überquerte. Weißblonde Zöpfe leuchteten im Sonnenlicht. Die Pianistin. Sie schleppte zwei volle Plastiktüten.
Robert bremste.
»Hallo, Frau Kindler! Sie sollen doch nicht so schwer tragen mit Ihrer Verletzung.«
Sie fuhr herum und sah ihn erschrocken an. Dann erkannte sie ihn und lächelte. »Oh, der Herr Doktor! Was für eine Überraschung!«
»Haben Sie es noch weit?«
»Nein, gar nicht. Ich wohne gegenüber vom Feuerwehrhaus.«
»Na prima. Das liegt genau auf meinem Weg«, log Robert. »Geben Sie mir Ihre Tüten, ich helfe Ihnen.«
Sie protestierte nur schwach und ließ schließlich zu, dass Robert die Einkaufstüten an den Lenker hängte.
»Danke, das ist wirklich sehr aufmerksam von Ihnen.«
»Nicht der Rede wert. Ich will ja bald wieder in den Genuss Ihres Klavierspiels kommen.«
Robert schob sein Mountainbike. Eine Weile gingen sie stumm nebeneinanderher.
»Hat Ihr Hausarzt die Wunde eigentlich schon kontrolliert?«
»Ähm, ja.« Zarte Röte überzog ihre Wangen.
Robert grinste. »Sie schwindeln. Sonst hätte er den Verband erneuert. Wie ich sehe, ist es noch der alte.«
Ihre großen blauen Augen starrten ihn an. Einen Moment dachte er, sie würde wütend werden. Dann lächelte sie wieder. Ein bezauberndes Lächeln.
»Sie haben recht. Ich habe geschwindelt. Mein Hausarzt ist zurzeit auf Urlaub, ich muss mir erst einen Ersatz in der Nähe suchen.«
Inzwischen hatten sie das Feuerwehrhaus erreicht.
»Hier ist es«, sagte Mette Kindler und deutete auf eine Villa, deren Fassade von dunkelgrünem Efeu überwuchert wurde. Der verwilderte Garten schien um das
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