Tod in Lissabon
Ich würde gern einen Kaffee trinken … Möchten Sie auch welchen?«
»Wir werden Sie nicht lange aufhalten«, sagte ich. »Warum haben Sie eine intime Beziehung mit Teresa Oliveira begonnen?«
»Was für eine Frage ist denn das?«
»Noch eine der leichteren«, meinte Carlos.
Paulo Branco beugte sich über den Tisch, um uns mit seinem Selbstbewusstsein zu vereinnahmen.
»Sie wollte Sex. Sie meinte, der Alte würde es nicht mehr bringen.«
»Wo?«, fragte Carlos.
»An der üblichen Stelle«, sagte er, schon wieder ein wenig großspuriger, nachdem er erkannt hatte, dass wir keine Steuerfahnder waren.
»Geografisch, meinen wir.«
Paulo bedachte Carlos mit seinem besten falschen Lächeln.
»In ihrem Haus in Lissabon.«
»Nicht hier?«
»Wenn ich freitags abends früher Schluss hatte, ist sie vielleicht ein- oder zweimal hergekommen … doch meistens war es Lissabon. Ich habe auf dem Weg zu einem Geschäftstermin kurz bei ihr vorbeigeschaut. Das war’s.«
»Und die Tochter? Catarina?«
Er sah aus wie ein Mann, der gerade gemerkt hat, dass sich sein Fallschirm nicht öffnen will.
»Die Tochter ?«, fragte er.
»Ihr Name war Catarina.«
»War?«
»Das habe ich gesagt, ja.«
»Also, hören Sie, ich habe Catarina seit … seit …«
»Sprechen Sie weiter. Seit wann haben Sie sie nicht mehr gesehen?«
Er schluckte heftig und fuhr sich mit der Hand durch seinen teuren Haarschnitt.
»Wir haben gehört, dass Sie auch mit ihr ins Bett gegangen sind«, sagte ich. »Wann zum letzten Mal?«
Er schlug sich auf die Schenkel, brüllte irgendetwas Unverständliches und rannte gestikulierend durchs Zimmer. Wir waren unvermittelt in einer Seifenoper gelandet.
»Setzen Sie sich bitte, Senhor Branco«, sagte ich, stand auf und zeigte auf seinen Platz.
Er war perplex. Die Schlafzimmertür fiel klickend ins Schloss – das Mädchen suchte mittlerweile wahrscheinlich nach seiner Unterwäsche. Paulo Branco setzte sich und presste beide Hände an die Ohren, als wollte er nichts mehr hören.
»Ich verlange einen Anwalt«, sagte er.
»Sie haben doch die Nummer eines Anwalts hier aus Cascais«, sagte Carlos mit allzu offensichtlicher Genugtuung.
»Wir werden Sie nicht wegen sexueller Beziehungen zu einem minderjährigen Mädchen belangen … oder auch Kindesmissbrauch, wie man es allgemein nennt, Senhor Branco«, sagte ich. »Aber wenn Sie sie ermordet haben, ist das etwas ganz anderes. Vielleicht sollten Sie wirklich einen Anwalt anrufen.«
»Ich?«, sagte er, und sein sonniger Tag hatte sich plötzlich verfinstert. »Ich habe sie nicht getötet. Ich habe sie seit … seit …«
»Wann zum letzten Mal?«
»Das ist Monate her.«
»Wie haben Sie sie kennen gelernt?«
»In dem Haus in Lissabon.«
» Wie , Senhor Branco … nicht wo.«
»Ich kam aus dem Schlafzimmer …«
»Wessen Schlafzimmer?«
»Aus dem Schlafzimmer ihrer Mutter … aus Teresas Zimmer. Sie stand im Flur.«
»Wann?«
»Es war um die Mittagszeit … im Juni oder Juli vergangenen Jahres.«
»Was ist passiert?«
»Ich weiß … sie hatte ihre Schuhe in der Hand und ging die Treppe hinunter. Ich wollte auch gerade gehen und bin ihr gefolgt. Auf der Straße haben wir uns wieder getroffen. Sie zog ihre Schuhe an.«
»Hat sie irgendetwas gesagt?«
»Sie hat gesagt, ich solle am nächsten Freitag zur Mittagszeit wiederkommen.«
»Und das haben Sie einem vierzehnjährigen Mädchen einfach so abgenommen?«
»Vierzehn! Nein, nein. Das ist unmöglich. Sie hat gesagt …«
»Verschwenden Sie nicht unsere Zeit, Paulo«, sagte ich. »Erzählen Sie uns den Rest.«
»Am nächsten Freitag ging ich also wieder hin. Teresa war nicht da. Sie fuhr freitags immer nach Cascais.«
»Das wissen wir.«
»Und dann habe ich mit ihr geschlafen«, meinte er achselzuckend.
»Im Bett ihrer Mutter?«
Er kratzte sich am Kopf und nickte.
»Sonst noch was?«
»Sie hat mir fünftausend Escudos abgeknöpft.«
»Das haben Sie zugelassen?«
»Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte. Ich war mir nicht sicher, was sie vielleicht tun könnte.«
»Kommen Sie mir nicht mit dem Scheiß«, sagte ich. »Im Gegensatz zu ihr sind Sie ein erwachsener Mann.«
»Sie hätten ja nicht mal hingehen müssen«, sagte Carlos.
Paulo Branco musterte uns wie ein unartiger Schuljunge, der ein Geständnis ablegen will.
»Wir verkraften das schon«, sagte ich.
»Es hat mich angemacht«, sagte er. »Mit der Mutter und der Tochter gleichzeitig …«
»Na toll«, sagte ich. »Wie oft
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