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Tod in Marseille

Tod in Marseille

Titel: Tod in Marseille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Gercke
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Kredite, die die Bürgerschaft in Hamburg der HSH-Nordbank bewilligt hatte, Nutznießer auch von Steuervergünstigungen der vergangenen und der jetzigen Bundesregierung, und sicher auch der nächsten. Kunstliebhaber, Junggeselle, Polospieler, mit feinstem Tuch und feinsten Manieren ausgestattet. Die hatte er von zu Hause mitgebracht. Schon sein Großvater war Reeder gewesen und hatte sehr viel Geld verdient. Sein Vater hatte zwar die Reederei in den Ruin geführt, aber selbstverständlich waren die silbernen Tafelaufsätze, die kostbaren Möbel, das Tafelsilber und das Leinen in Familienbesitz geblieben; zum Üben sozusagen, für den kleinen Gerd-Omme, auf dass er lerne, sich später richtig zu bewegen. Nissen hatte dann darauf verzichtet, die Reederei seines Vaters wieder flottzumachen, was mit den staatlichen Hilfen, die die Bundesregierungen sich ausdachten, um Deutschland nicht einen Platz an der Sonne, sondern auf den Weltmeeren zu erhalten, ohne weiteres möglich gewesen wäre. Er wusste seine Herkunft zu schätzen, aber er wollte einen Neuanfang. Und der war ihm, trotz der Unkenrufe der alteingesessenen Reeder, richtig gut gelungen.
    Bella wurde in ihren Gedanken durch die Ansprache eines Künstlers unterbrochen, der die Werke seines Kollegen sehr lange und sehr umständlich lobte. Nissen und seine Begleiter hatten sich in eine Ecke zurückgezogen, von wo aus sie einen ungehinderten Blick auf das große Bild hatten. Sie diskutierten leise miteinander und ließen sich auch von den empörten Blicken einiger Ausstellungsbesucher nicht beeindrucken. Der Galerist hatte sich zurückgezogen. Bella sah, dass er ein Glas Weißwein in der Hand hielt. Sein Gesichtsausdruck war noch immer angespannt.
    Die Besucher klatschten erleichtert, als der Laudator seine Rede beendet hatte. Eine junge Frau, die bei solchen Gelegenheiten in der Galerie aushalf, bot Nissen und seinen Begleitern etwas zu trinken an. Nissen schüttelte den Kopf und sagte etwas zu einem der Männer neben ihm. Der drängte sich durch den Raum zur Tür. Nach einer kurzen Weile kam er zurück. Er hielt zwei Champagnerflaschen in den Händen. Der Galerist, der die Gruppe nicht aus den Augen gelassen hatte, brachte die Champagnergläser. Er winkte Bella zu und wirkte plötzlich sehr viel gelöster. Bella ging zu der Gruppe hinüber, und der Galerist stellte sie als alte Freundin vor.
    Kein unangenehmer Mann, dieser Gerd-Omme, dachte sie, im Gegenteil. Er hat Charme. Sein Alter ist schwer zu schätzen,eher fünfzig als vierzig, angenehm, sich mit ihm zu unterhalten. Man sprach über das große Bild. Nissen glaubte darin eine Kindheitserinnerung wiederzufinden. Er bewegte die Hände beim Sprechen, schlanke Männerhände. An der rechten Hand trug er einen sehr breiten silbernen Ring.
    Ich kaufe das Bild, sagte er, aber nur, wenn ich es heute noch haben kann.
    Das war glatte Erpressung, und Bella hatte noch nie jemanden gesehen, der sich lieber hätte erpressen lassen als ihr Freund, der Galerist.
    Ich hab heute Abend eine kleine Gesellschaft bei mir zu Hause. Kommen Sie, bringen Sie das Bild mit und auch Ihre reizende Freundin, sagte Nissen. Wir werden gemeinsam einen Platz dafür aussuchen. Er wandte sich an Bella: Sie tun mir doch den Gefallen? Bitte. Man trifft so selten kluge Frauen, die einem gleich sympathisch sind. Was trinken Sie, Whisky oder Wodka? Lassen Sie mich raten.
    Er machte eine kleine Pause und musterte Bella genau. Ihr wurde klar, dass sie jedem anderen Mann, der sich wie Nissen verhielte, eine Abfuhr erteilt hätte. Aber der Mann war einfach nur offen und sympathisch.
    Nein, nein, ich weiß es. Sie sind der Wodka-Typ. Sagen Sie nichts. Kommen Sie einfach und probieren Sie meinen »Kauffmann«. Und helfen Sie mir, den richtigen Platz für dieses Wunderwerk zu finden. Ich weiß, Sie können das. Wären Sie sonst mit ihm befreundet?
    Nissen war aufgestanden, klopfte dem Galeristen leicht auf die Schulter, was bei jedem anderen herablassend gewirkt hätte, bei ihm aber einer freundschaftlichen Geste gleichkam, und verließ die Galerie. Seine beiden Begleiter folgten ihm, ohne sich zu verabschieden.
    Puh, sagte Bella, ist der immer so?
    Wie?
    Ich meine, so … sie hielt inne, weil sie lachen musste.
    Immer, sagte der Galerist. Er interessiert sich nicht für die Künstler, nur für das, was sie herstellen. Er behauptet, die Kenntnis der Person des Künstlers würde ihn in der Freiheit der Betrachtung des Kunstwerks behindern. Was diese Leute zu

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