Tod in Seide
schmale Rasierklingenschächtelchen ein.
Wrenley schubste mich in Richtung Treppe, die näher war als der Lift auf der anderen Seite des Raumes. Es hatte keinen Sinn, mit einer Waffe im Rücken zum Lift laufen zu wollen. »Die Treppe hinunter, Miss Cooper. Gehen wir zum Hintereingang, wo, wie Sie sagen, das Auto wartet.«
Ich ging langsam die Treppe hinunter. Meine Hand zitterte, als ich mich an dem Geländer fest hielt. Wir gingen vom fünften in den vierten und dann weiter hinunter in den dritten Stock, auf dessen Höhe die alten Hi-Line-Gleise durch das Gebäude liefen.
»Bleiben Sie stehen«, befahl er scharf. Er holte mich auf der untersten Stufe ein und stellte einen Fuß auf die am nächsten liegende Eisenbahnschwelle. »Sie müssen dieses Zittern unter Kontrolle kriegen, Alex. Sie heißen doch Alex, oder? Die Bullen müssen denken, wir seien Partner, stimmt’s?«
Wrenley wusste nicht, dass Battaglia den Kinderkreuzzug anführte. Die meisten meiner Kollegen waren junge Hüpfer frisch von der Uni, die nur so lange im Staatsdienst blieben, bis sie ein lukratives Angebot aus dem privaten Sektor bekamen. Jemand in Wrenleys Alter wäre leitender Beamter oder Supervisor gewesen und nicht jemand, der vor Ort nach Beweisen sucht oder von mir Befehle entgegennimmt. Sogar falls es mir gelänge, mich zu beruhigen, war Brannigan intelligent genug, um zu merken, dass etwas nicht stimmte. Ich würde uns alle in große Gefahr bringen.
Er ließ seinen rechten Arm, in der er die Waffe hielt, sinken. »Beauftrage niemals einen Vergewaltiger mit einem Job, für den es einen Mann braucht.«
»Was?«
»Deni sollte nicht umgebracht werden. Vielleicht beruhigen Sie sich, wenn Sie verstehen, dass ich kein Mörder bin. Das heißt, ich wollte es nicht sein. Sie müssen mich nur sicher hier rausbekommen, und dann werde ich einfach verschwinden und Ihnen nichts tun. Aber wir werden nirgendwo hingehen, bevor Sie sich nicht beruhigt haben und mit dem Zittern aufhören.«
Ich glaubte ihm kein Wort, aber es war offensichtlich, dass wir uns nicht vom Fleck rühren würden, bevor ich nicht meine Nervosität unter Kontrolle hatte. »Sagen Sie mir, was Sie meinen. Wenn Sie wollen, dass ich mit dem Zittern aufhöre, dann erklären Sie mir, warum Deni sterben musste.«
»Zwei Worte: Anthony Bailor.« Wrenley lehnte sich mit dem Rücken gegen das Treppengeländer.
»Sie kannten ihn aus Florida?«
»Zum großen Leidwesen meines Vaters. Nicht der richtige Umgang für mich und so weiter. Ich lernte Anthony während eines kurzen Aufenthalts in einem Jugendgefängnis kennen, als ich mal straffällig geworden war. Ein Ausdruck, den man heute kaum mehr hört, oder, Alex?«
Ich war mir sicher, dass wir Wrenleys Strafregister geprüft und keinen Eintrag gefunden hatten.
»Sie scheinen überrascht zu sein. Ich war damals fünfzehn. Mein Vater hatte einen guten Rechtsanwalt. Der Fall wurde auf Grund meines Alters geschlossen. Ich war schlau genug, mir die Fingerabdrücke und Fotos wiedergeben zu lassen. Wie Sie wahrscheinlich wissen, sind die meisten zu faul, um sich darum zu kümmern. Aber es war gar nicht so übel damals. Nachdem ich Anthony kennen gelernt hatte, musste ich nie mehr wieder die Drecksarbeit machen. Ich habe mein Leben lang ein Auge für schöne Dinge gehabt. Damals konnte ich sie mir nicht immer selbst leisten, aber ich schaffte es, zu den richtigen Cocktailpartys und Abendgesellschaften eingeladen zu werden. Dann rief ich Anthony ein oder zwei Wochen später an, gab ihm eine Beschreibung des Hauses und einen Zeitplan, besorgte mir für die Tatzeit ein Alibi und kam so zu einer sehr kleinen, aber feinen Antiquitätensammlung. Die Keys wurden mir bald ein bisschen zu eng, also verlegten wir unsere Geschäfte weiter nach Norden. Zu der Zeit, als Anthony für längere Zeit ins Gefängnis kam, lief mein Geschäft in Palm Springs hervorragend. Die alten Ladies liebten mich.«
»Der Gardner-Diebstahl. Sie …«
»Machen Sie sich nicht lächerlich. So einen Coup hätte ich niemals gewagt. Außerdem saß Anthony zu der Zeit im Gefängnis.«
»Aber er hat das Museum in Amherst bestohlen. Dafür wanderte er dann in New York ins Gefängnis.«
»Genau. Einer der Jungs, der für den Gardner-Diebstahl verantwortlich war, war der führende Kopf hinter dem Einbruch im Mead Museum. Anthony deckte ihn, als er mit einigen der Kunstwerke erwischt wurde.«
»Aber er hat ihn nie verpfiffen?«
»So etwas macht er nicht. Ich wette, Ihr Freund
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