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Tod in Wacken (German Edition)

Tod in Wacken (German Edition)

Titel: Tod in Wacken (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Denzau
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zuletzt gesehen. Der Mann, der jetzt vor ihr stand und ihr mit strahlenden braunen Augen die Hand reichte, ähnelte in nichts diesem Bild.
    »Hallo, Lyn.«
    »Wow, Thomas.« Lyn schluckte, als sie seine Hand nahm. »Ich hätte dich fast nicht erkannt. Du … du siehst gut aus. Gesund. Willkommen zurück.«
    Er lachte auf. »Tja, zwei, drei Sonnenbäder und ein paar Haare auf dem Kopf machen schon eine Menge aus … Wollen wir?« Er deutete auf das Camping-Areal, das sie durchqueren mussten, um auf das Festival-Gelände zu gelangen.
    Lyn grinste schief. »Wollen will ich eigentlich nicht, aber müssen muss ich wohl.«
    »Phantastisch, oder?«, sagte Thomas, als sie langsam durch die Zeltstadt gingen, ihr Augenmerk auf die männlichen Bewohner gerichtet, die zuhauf und fast ausnahmslos gruppenweise vor ihren Zelten und Grills saßen und das Miteinander bei lauter Musik und Alkohol genossen.
    »Irre!« Lyn war gleichermaßen fasziniert von den Ausmaßen des Geländes wie von der Kreativität etlicher Camper, die zum Teil ganze Wohnzimmer gestaltet hatten. Sofas, eine Stehlampe mit Fransen, Teppiche auf der vom vielen Regen durchmatschten Grasfläche und Rüschengardinen in Autos mit W.O.A. -Aufdruck. Einige Großgruppen hatten sich die Mühe gemacht, ihr Areal mit kleinen Zäunen zu umgeben, die Balkonkästen mit Geranien zierten.
    »Ohne Kommissar Zufall werden wir ihn hier niemals finden«, sagte Lyn. Sie sah Thomas von der Seite an. »Aber ich fange an, die Überstunden zu genießen. Es ist echt witzig hier.«
    Er erwiderte ihr Lächeln. »Ich hab mich auch auf heute Abend gefreut.« Sein Blick umfing ihr Gesicht. »Sehr.«
    Lyn wandte ihre Aufmerksamkeit schnell wieder den Metallern zu. Männer mit braunen Augen gehörten verboten.
    Zehn Minuten später schlenderten sie durch den großen Biergartenbereich, den Fokus auf die Gesichter der Männer gerichtet.
    »Meine Güte, so viele Leute! Und ab morgen werden es noch mehr werden. Dann haben wir gar keine Chance mehr.« Lyn musste ihre Stimme heben, um sich gegen den Lärm von der »Beergarden Stage« durchzusetzen, die im Gegensatz zu den Hauptbühnen auf dem Infield bereits bespielt wurde.
    »Na, das passt doch«, sagte Thomas Martens und deutete auf die Bühne, »die ›Wacken-Fire-Fighters‹ in concert ! Das sind die heimlichen Stars hier.«
    Sie blieben stehen, um einen Blick auf den Wackener Feuerwehrmusikzug zu erhaschen. Vor der Bühne wurde fleißig geheadbangt.
    »Höre ich richtig?«, fragte Lyn ungläubig und sah Thomas an.
    Der nickte lachend. »Die können nicht nur Marschmusik.«
    Unter dem Jubel der Menge erstarben die letzten blechernen Töne von »Highway to Hell«.
    Lyn konnte immer noch nicht glauben, was um sie herum geschah. Massen an Menschen schlängelten sich durch die Bankreihen oder saßen dort. Kaum einer ohne ein Bier vor sich, im Plastikbecher mit Wacken-Emblem oder im Ein-Liter-Humpen für den großen Durst. Etliche hatten schon genug und schliefen zwischen ausgelaufenem Bier und mehr oder weniger leer gegessenen Papptellern mit dem Kopf auf der klebrigen Tischplatte.
    »Vielleicht ist es einer von denen«, sagte Thomas, während sie langsam weitergingen. Grinsend nickte er mit dem Kopf nach vorn. »Aber bitte nur in die Gesichter schauen, Frau Kollegin.«
    »Iih!« Lyns Mundwinkel verzogen sich. »Dürfen die das?«
    Sie sah noch einmal zu den vier Männern, die – allesamt nackt, bis auf einen Schlips – breitbeinig auf der Partybank saßen und die »Polonäse Blankenese« mitgrölten, die die »Fire-Fighters« jetzt zum Besten gaben.
    »Die lösen wahrscheinlich eine Wette ein«, lachte Thomas. »Und es ist doch eine faire Sache. Weibliche Interessenten wissen gleich, was sie erwartet. Hast du gesehen, was auf dem Schlips steht?«
    Lyn gestattete sich einen weiteren Blick, als sie die Nackten passierten. »Heaven« prangte in himmelblauen Buchstaben auf dem weißen Stück Stoff. Ein dicker Pfeil deutete nach unten.
    »Herrje«, sagte Lyn stockernst, »bei dem zweiten von links hätte ich ›Hells bells‹ passender gefunden.«
    Lachend nahm Thomas Lyns Arm und zog sie ein Stück zur Seite, als eine Horde junger Leute mit einer Polonaise an ihnen vorbeizog. »Ey, macht mit!«, grölte ein Riese im rosafarbenen Hasenkostüm Lyn ins Ohr, um gleich wieder in den Kanon seiner Truppe einzustimmen. »… mit ganz großen Schritten, und Erwin fasst der Heidi von hinten an die … Tittäään.«
    Lyn blickte dem tanzenden Hasen hinterher.

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