Tod in Wacken (German Edition)
haben.«
Kurz vor dem Eingang zum Open-Air-Gelände blieb Jule plötzlich stehen. »Wieso ist eigentlich der Opa Willi nicht da? Der steht doch immer hier. Seine Marmelade schmeckt so geil. Und Posaune hat er immer für Tina und mich gespielt.«
»Hast recht. Der Marmeladen-Opa fehlt.« Kuh-Andy blickte sich suchend auf dem Bürgersteig der Hauptstraße um. »Komm, wir fragen mal die Blauen.« Er zog Jule zu den beiden uniformierten Beamten, die am Eingang standen und aufmerksam die Gesichter der Kommenden und Gehenden sondierten.
»Moin, ihr Freunde und Helfer!«, quatschte Andreas sie an, »wo is ’n der Marmeladen-Opa hin, der mit der Posaune? Hat der seinen Stand jetzt woanders?«
»Muh!«, grüßte einer der Polizisten grinsend zurück, »tolles Kostüm.« Er zog an einer der Zitzen.
»Ey«, Andreas lachte unter dem Fell, »keine Handgreiflichkeiten.«
»Immerhin sind wir Bullen«, griente der Beamte, »wir stehen auf Kühe.«
Der andere deutete Richtung Himmel. »Opa Willi spielt jetzt für den Engelchor Posaune.«
»Oh!« Jule sah ihn bestürzt an. »Der ist gestorben, der Willi? Wie schade. Der gehörte hierher.«
»Ist ja echt ätzend«, stieß Andreas aus, als sie weitergingen, »sind hier plötzlich alle tot, oder was?«
* * *
Sechs Uhr drei zeigten die digitalen Zahlen an, als Lyn auf den Wecker blickte. Er würde erst in siebenundzwanzig Minuten piepen. Sie stellte ihn ab, weil sie wusste, dass sie nicht mehr einschlafen würde. Dabei war sie erst spät eingeschlafen. Das Heavy Metal hatte sich im Bett nicht aus ihren Gehörgängen vertreiben lassen. »Louder than Hell« hatte als Festivalmotto durchaus seine Berechtigung.
Ein paar Minuten verbrachte sie damit, Hendriks entspanntes Gesicht zu betrachten. Den Schwung seiner festen Lippen, das energische Kinn, das vom Schlaf verwuschelte dunkelblonde Haar. Schließlich schlüpfte sie unter der Bettdecke hervor und tapste auf Zehenspitzen aus dem Schlafzimmer in die Küche. Hendrik rührte sich nicht. Tief und fest war sein Schlaf, wie die ruhigen Atemzüge verrieten.
Sie stellte die Kaffeemaschine an und ging ins Bad. Ihre Gedanken wanderten zu Judith Schwedtkes Mutter, während sie mit geschlossenen Augen ihren Kopf dem warmen Duschwasser entgegenhielt. Dagmar Meifarts Reserviertheit am Telefon, als Lyn die Alibis abgefragt hatte, war verständlich. Man konnte es ihr nicht verübeln. Ihre Angaben hatten sich alle als richtig herausgestellt. Sie konnte zu allen drei Terminen Zeugen aufweisen. Für ihren Mann Knuth galt das nur bedingt. Judiths Mutter behauptete, dass er am Dienstag, als Stefan Kummwehl ermordet worden war, auf dem Rückweg von einem Kunden in Pinneberg gewesen sei.
Der Kunde hatte bestätigt, dass Knuth Meifart bis neunzehn Uhr dreißig bei ihm gewesen war. Aber bis Elmshorn war es nicht weit, und Knuth Meifart hätte vielleicht bei einer guten Verkehrssituation zur Mordzeit am Hainholzer Damm gewesen sein können.
Lyn stellte das Wasser ab, griff nach dem Shampoo und massierte es in ihr Haar. Sie würden heute Vormittag die Strecke einmal abfahren, um zu sehen, ob es zeitlich möglich war. Und wenn ja, würden sie noch einmal die Hausbewohner in Kummwehls Block befragen müssen. Meifart war mit seinem Firmenwagen unterwegs gewesen. Vielleicht hatte jemand den Pritschenwagen in der Nähe des Tatortes stehen sehen.
Sie spülte den Schaum aus dem Haar und griff nach der Tube mit dem Duschgel. Im gleichen Moment öffnete sich die Tür der Duschkabine. Ein Schwall kalter Luft umwehte Lyn.
»Ich komme anscheinend genau im richtigen Moment.« Hendrik schloss die Tür hinter sich, hielt seinen Kopf für einen Moment in den warmen Wasserstrahl und nahm Lyn die Tube aus der Hand.
»Möchtest du wirklich nach Jil Sander duften?«, fragte Lyn spöttisch. »Dein Duschgel steht hier.« Sie deutete auf das kleine Metallregal.
»Ich habe nicht vor, mich damit einzuseifen«, murmelte Hendrik, den Mund an ihren Lippen. Seine Hände mit dem duftenden Gel glitten über ihren Körper. Langsam, und doch gierig. Wanderten Richtung Bauchnabel.
Lyn schloss die Augen. Der Kaffee konnte warten.
ELF
Die brennenden Augen hinter der Sonnenbrille glitten unablässig über die Metaller. Die Sekunden, Minuten, Stunden des Suchens zehrten an ihm. Stechende Kopfschmerzen tobten hinter seiner Stirn und er fühlte, wie Übelkeit in ihm aufstieg.
Er musste hier weg! Wenigstens für einen Moment.
Immer schneller wurden seine Schritte. Er stieß an
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