Tod ist nur ein Wort
Problem darstellen. Bis Christos auftauchte, konnte er eine kleine Abwechslung gebrauchen. Und sollte sie sich als Hindernis erweisen, konnte er sie ebenso gut beseitigen wie Hakim. Schneller und gnädiger. Hakim ließ seine Opfer gern leiden.
Er konnte die Lage beobachten und warten. Er hatte einen sicheren Instinkt dafür, wann er handeln musste, und im Moment war es besser, abzuwarten. Bis Chloe Underwood ihren letzten entscheidenden Fehler beging.
Das war nicht klug, dachte Chloe, als sie ihr Weinglas zurückstellte. Sie hätte niemals so viel auf relativ leeren Magen trinken dürfen, nicht, wenn sie ihren klaren Kopf behalten wollte. Während des sich hinziehenden Dinners war es ihr leichtgefallen, der Konversation zu folgen. Man hatte über allgemeine Themen gesprochen und sie nur bei dem einen oder anderen Wort um eine Übersetzung gebeten. Da ihr Weinglas aufgefüllt wurde, sobald sie einen Schluck genommen hatte, war sie schon mehr als nur angetrunken, als der Käse serviert wurde.
Wahrscheinlich ginge es ihr trotzdem noch gut, hätte sie nicht vorher die zwei Scotchs hinuntergestürzt, als Monique von Rutter zurück in den Salon geschlendert kam, mit verschmiertem Lippenstift, zerzaustem Haar und Schlafzimmerblick.
Bastien Toussaint hatte sie, Chloe, in der Halle geküsst, war dann in den Salon gegangen, hatte sich eine andere Frau genommen und mit ihr Sex gehabt. Daran bestand kein Zweifel – ein Blick in Moniques gerötetes Gesicht genügte.
Sie hätte wenigstens so lange warten können, bis sich die Röte gelegt hatte, dachte Chloe kritisch und stürzte den Whisky hinunter, den ihr jemand gereicht hatte. Bastien zeigte sich da zurückhaltender, doch schließlich hatte sie nur den Rock heben müssen, während er die Hose runterlassen musste …
Sie stellte das Glas ab und nahm ein neues. Was verdammt noch mal ging sie das an? Offensichtlich war der Mann hinter jeder Frau her, die lange genug stillhielt, um sie zu vögeln. Immerhin hatte sie es geschafft, ihm rechtzeitig auf die Finger zu klopfen.
Als Bastien wenige Minuten nach Monique ebenfalls in den Salon zurückgekehrt war, hatte er ebenso kühl und unbeteiligt gewirkt wie bei ihrer ersten Begegnung. Es war lächerlich, überhaupt an ihn zu denken. Es gab nichts weniger Anziehendes als einen Mann, der sich seine Gefühle nicht anmerken ließ. Wenn jemand nach einer schnellen Nummer im Garten so unbeteiligt wirken konnte, dann war er nichts für sie. Sie bevorzugte Männer, die weniger arrogant und kühl waren.
Ohnehin konnte ihr all das egal sein, ermahnte sie sich selbst. Es spielte keine Rolle, ob er ihr Typ war oder nicht, er gehörte eindeutig in eine andere Liga.
Während des endlosen Dinners hatte er nicht einmal zu ihr hinübergeblickt und damit deutlich gemacht, dass sein Interesse an ihr nur ein vorübergehendes gewesen war. Kein Wunder, so zurückhaltend und schüchtern, wie sie sich verhielt. Monique von Rutter dagegen war der Mittelpunkt der Gesellschaft – geistreich, charmant und mit jedem flirtend, egal ob männlich oder weiblich.
Chloe war fast schon bereit, kapitulierend unter den Tisch zu rutschen, als Hakim sich endlich erhob, um das Ende der schier endlosen Mahlzeit zu signalisieren. “Wir müssen morgen wichtige Entscheidungen treffen, Mesdames et Messieurs. Kaffee und Digestif werden im West-Salon serviert, danach ziehen wir uns zurück. Wer direkt schlafen gehen möchte, ist selbstverständlich entschuldigt.” Seine kleinen schwarzen Augen hefteten sich auf Chloe. “Wir werden Sie heute nicht mehr benötigen, Mademoiselle Underwood.”
Ihre Entlassung war ebenso unmissverständlich wie willkommen – noch ein Glas, und sie würde vom Stuhl fallen. Sie stand vorsichtig auf, sicher, dass ihr etwas angeschlagener Zustand in dem allgemeinen Aufbruch nicht bemerkt werden würde.
Doch Bastien beobachtete sie, heimlich und aus den Augenwinkeln, während er gleichzeitig jede andere anwesende Frau umgarnt hatte.
Vielleicht fände sie am nächsten Morgen, wenn die Wirkung des Weins verflogen war und sie ein wenig geschlafen hatte, eine Erklärung dafür. Im Moment aber empfand sie seine Blicke als verwirrend, störend und bedrohlich. Und zugleich als seltsam aufregend.
Sie hatte vergessen, wie gewunden die Gänge des Châteaus waren. Bastien hatte sie hinuntergeführt, doch keinesfalls würde sie ihn jetzt um Hilfe bitten. Sie würde den Weg schon finden.
Es dauerte länger als erwartet. Sie hätte nach der Richtung
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