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Tod ist nur ein Wort

Tod ist nur ein Wort

Titel: Tod ist nur ein Wort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Stuart
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niemandem, mit dem er je zu tun hatte – sie war verletzlich und wütend und überraschend tapfer. Aber schließlich brauchte er kein Nachthemd, um sich für den Rest seines Lebens an sie zu erinnern. Und viel Zeit blieb ihm ohnehin nicht mehr.
    Sie hatte das Nachthemd zerrissen, als sie es sich über den Kopf gezerrt hatte – er war zu beschäftigt gewesen, ihren Körper zu bewundern, als dass er es bemerkt hatte. Der Stoff war alt und verwaschen und sehr weich – sie musste das Nachthemd schon sehr lange haben.
    Er konnte nicht erklären, warum er es tat. Aber er tat es. Er nahm den Stoff und riss ein kleines Stück heraus. Sie würde es nicht bemerken. Er würde ihr nicht die Gelegenheit geben, ihre Sachen zu packen. Als sie aus dem Badezimmer kam, hatte er das Stück Stoff bereits in seiner Tasche verstaut und schon vergessen. Sie wirkte genauso wütend wie vorher, war nun aber leider angezogen.
    Nichts brachte eine Frau mehr auf die Palme, als ihr zu sagen, dass man sie nicht begehrte, dachte er. Er konnte es sich nicht leisten, dass sie auf andere Ideen kam. Der Sex, den sie hatten, war nichts weiter als eben das gewesen – kurz, intensiv, sogar brutal. Sie gehörte auf eine Blumenwiese, zusammen mit einem zärtlichen Liebhaber. Und nicht in einen Kampf um ihr Leben, mit einem Mörder an ihrer Seite.
    Er sah sich noch nicht lange als Mörder, aber es passte ebenso gut wie alles andere. Er hatte in Notwehr getötet und kaltblütig, er hatte durch Attentate getötet und im Zweikampf. Er hatte Frauen und Männer getötet und betete zu Gott, dass er Chloe nicht töten musste. Doch er würde es tun, falls nötig.
    Falls es so weit kam, würde er es ihr vielleicht sagen, bevor sie starb. Er konnte es kurz machen, sodass sie kaum begriff, was geschah, doch bevor er das Messer in ihr Herz senkte, würde er ihr die Wahrheit sagen. Zumindest konnte sie dann zufrieden sterben.
    Doch er nahm die Dinge vorweg. Wenn er gezwungen sein sollte, sie zu töten, hätte er versagt, und er war kein Mann, der Versagen in Erwägung zog. Solange sie in Bewegung blieben, würde alles gut gehen. Und solange sie bei ihm war, würden sie in Bewegung bleiben.
    “Hast du einen Mantel oder muss ich dir meinen leihen?”
    “Meiner ist im Château. Ich kann mir einen von Sylvia leihen – ich habe sowieso schon einige ihrer besten Sachen zurückgelassen.” Sie setzte sich auf einen Stuhl und zog Strümpfe und Schuhe an. Er brauchte ihr nicht zu sagen, dass sie bequeme Schuhe anziehen sollte – ihre Stiefel sahen gebraucht aus und hatten niedrige Absätze. Damit konnte sie um ihr Leben laufen, falls es notwendig wurde.
    In Jeans und Pullover hatte er sie noch nicht gesehen. Sie wirkte darin amerikanischer und noch begehrenswerter. Sie stand auf und öffnete die Schlafzimmertür, und noch vor ihr stieg ihm der Geruch von Blut in die Nase.
    Er versuchte, rechtzeitig bei ihr zu sein, doch er brauchte eine Sekunde, um auf die Füße zu kommen. Es war sehr dunkel in dem Zimmer, auch im schwachen Licht des ersten Morgengrauens, und sie würde nichts sehen können. Doch sie musste etwas ahnen, denn sie schaltete das Licht ein.
    Seine Hand war sofort über ihrer, um es wieder auszuschalten, doch er konnte nicht verhindern, dass sie die tote Frau auf dem Boden sah. Sie schien erst wenige Stunden tot zu sein, wahrscheinlich hatte man sie umgebracht, kurz bevor Chloe nach Hause kam.
    Er schlang von hinten einen Arm um sie, legte ihr die andere Hand auf den Mund, um sie am Schreien zu hindern, zog sie aus dem Schlafzimmer und trat die Tür zu. Sie mussten hier fort, schnell.
    Sie würgte, wofür er Verständnis hatte, doch er konnte jetzt nicht besonders rücksichtsvoll sein. Er war von der Hinterseite gekommen, über die Dächer geklettert und dann durch das Fenster eines Abstellraumes eingestiegen. Und diesen Weg würde er mit Chloe zurückgehen, auch wenn er sie sich über die Schultern legen und tragen musste.
    Sie wurde ruhiger, und er gab ihren Mund so lange frei, dass er sich seinen Mantel greifen konnte. Dann schubste er sie aus der Wohnung und schloss die Tür hinter sich.
    Mit dem Geruch des Blutes in der Nase mussten sie hinaus in die eisige Morgendämmerung in den Straßen von Paris.

14. KAPITEL
    Z um Glück für Bastien befand sich Chloe in einem Schockzustand. Sie war nicht in der Lage zu sprechen oder zu protestieren oder irgendwas anderes zu tun, als ihm blind zu folgen. Er hielt kurz an, um seinen Mantel um sie zu legen, dann

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