Tod mit Meerblick: Schleswig-Holstein-Krimi
mehreren verschiedenen Frauen stammen, wäre die Wohnung womöglich ein Unterschlupf für unseren Casanova gewesen, in dem er sich die Zeit mit wechselnden Bekanntschaften versüßt hat«, murmelte Wiebke.
»Das haben die Befragungen der Nachbarn im Haus nicht ergeben«, meldete sich Katja Graf zu Wort. »Klaus Georgs lebte offensichtlich sehr zurückgezogen und hatte keinen Kontakt zu den anderen Mietern. Ein Nachbar sagte aus, dass er ab und zu eine Frau gesehen hat, die er nicht kannte. Seine Beschreibung würde auf Bente Harmsen passen.«
Wiebke ließ sich von der Kollegin den Namen des Nachbarn geben. Sie beschloss, dem Mann ein Foto von Bente Harmsen zu zeigen. Sollte es sich bei ihr um die Frau handeln, die er des Öfteren beobachtet hatte, war ihm vielleicht noch das eine oder andere Detail aufgefallen.
»Wie werden Sie vorgehen?«, mischte sich nun Dierks ein. Er fixierte Petersen und Wiebke mit seinem Blick.
»Zunächst steht noch die Befragung von Bente Harmsens Putzfrau aus«, antwortete Wiebke. »Beate Wegener hat am Abend, bevor die Leiche aufgetaucht ist, das Bistro geputzt. Sie war also als letzte Person vor Ort und hat vielleicht etwas Auffälliges beobachtet.«
»Was hat die Untersuchung der Waffe ergeben?« Dierks’ Blick richtete sich auf Piet Johannsen.
»Es handelt sich offenbar um die Tatwaffe«, berichtete der Leiter der Spurensicherung. »Demnach hat der Täter während seiner Tat einen faserfreien Handschuh benutzt, um keine Spuren zu hinterlassen. An der Waffe befanden sich ausschließlich die Fingerabdrücke des Toten. So wie es aussieht, wurde sie dem Opfer in die Hand gelegt, um den Eindruck eines Suizides zu erwecken. Ungeklärt ist allerdings die Herkunft. Der Nummer nach handelt es sich um eine Waffe des Bundes. Vermisst wird sie aber nicht.«
»Könnte es sich bei Klaus Georgs also um einen Bediensteten einer Bundesbehörde handeln? Einen Beamten, der mit der Waffe unterwegs war, und dem dies zum Verhängnis wurde?« Wiebke warf Petersen einen Blick zu. Er nickte fast unmerklich. Zwar stand das Kaliber der Tatwaffe fest, aber ob tatsächlich aus einer offiziellen Dienstwaffe geschossen worden war, mussten die Ballistiker noch herausfinden.
»Das ist nicht auszuschließen. Er könnte als Soldat, Polizist, früher vielleicht auch für den Bundesgrenzschutz gearbeitet haben. Sie sollten also weiter in diese Richtung recherchieren, vielleicht führt die Spur so zur wahren Identität von Klaus Georgs. Eine andere Möglichkeit wäre die, dass er die Waffe aus alten Beständen erworben hat – ganz offiziell. Das müsstet ihr mal prüfen.«
»Moment, Moment«, rief Petersen dazwischen. »Was heißt das, er hat sie ganz offiziell gekauft?«
»Vor einiger Zeit hat das Land Niedersachsen ausrangierte Dienstwaffen veräußert«, berichtete Johannsen. »Die Geschichte hat bei vielen Leuten für Empörung gesorgt. Die Eltern der Opfer von Winnenden sind auf die Barrikaden gegangen und haben dem Land Doppelbödigkeit vorgeworfen. Für sie war es ein Skandal, dass trotz des neuen Waffenscheingesetzes jeder Bürger eine Waffe von einer Behörde kaufen konnte. Das Land hat damit argumentiert, das Geld, das die Waffenverkäufe abwerfen, dringend zu benötigen.«
Die Kollegen staunten wortlos.
Der Erste Hauptkommissar blickte Mara Imken an. »Das sollten Sie mal prüfen. Sicherlich gibt es noch alte Listen, auf denen die Nummern der damals verkauften ausrangierten Dienstwaffen aufgeführt sind. Und wenn nicht: Bringen Sie in Erfahrung, in welcher Behörde und in welcher Dienststelle die Waffe registriert ist. Womöglich erhalten wir so weiterführende Informationen.«
»Das wird aber ein paar Tage dauern.« Damit war Mara Imken für die Recherche vom Schreibtisch aus zuständig. Wiebke betrachtete die Kollegin unauffällig, konnte aber an Maras Miene nicht erkennen, ob ihr der Umstand gefiel. Sie beschloss, Mara später darauf anzusprechen.
Nachdem Dierks die Aufgaben verteilt hatte, schloss der Erste Hauptkommissar die Konferenz und wünschte allen Kolleginnen und Kollegen ein frohes Schaffen.
Neun
Auf Nordstrand herrschte um diese Zeit noch nicht viel Betrieb. Die meisten Touristen saßen beim Frühstück und planten den Tagesablauf. Sie würden der Halbinsel erst später einen Besuch abstatten, vielleicht um von hier aus zu einem Ausflug nach Pellworm aufzubrechen.
Der Wind hatte aufgefrischt und trieb die Wolken, die sich bei Tagesanbruch über dem Festland
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