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Tod mit Meerblick: Schleswig-Holstein-Krimi

Tod mit Meerblick: Schleswig-Holstein-Krimi

Titel: Tod mit Meerblick: Schleswig-Holstein-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schmidt
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den Kopf. »Das ist kein Auto, das ist ein fahrender Mülleimer.«
    Petersen hatte den altersschwachen Japaner umrundet und war vor dem Kennzeichen am Heck in die Knie gegangen. Mit dem Jackenärmel wischte er den verkrusteten Dreck vom Nummernschild. Der Wagen war in Nordfriesland zugelassen. »Und der TÜV ist auch seit Monaten abgelaufen.«
    »Deswegen sind wir nicht hier.« Wiebke zeigte zum Wohnhaus des Hofes. »Komm schon, lass uns mal die Lage peilen. Es würde mich brennend interessieren, wo Bente Harmen sich befindet.«
    »Vielleicht ist sie am Möwennest ?«
    »Dann können wir beruhigt sein.« Seite an Seite stapften sie auf das Wohnhaus der Harmsens zu, wo das Hundegebell verstummt war. Ein Mann redete besänftigend auf das Tier ein, dann öffnete sich die Haustür. Ein unausgeschlafener und verkatert wirkender Ubbo Harmsen starrte sie feindselig an.
    »Moin«, grüßte Wiebke.
    »Was wollen Sie schon wieder?« Eine steile Falte hatte sich zwischen seinen buschigen Augenbrauen gebildet. Wiebke blickte an ihm vorbei, konnte aber den Hund nicht sehen. Wahrscheinlich hatte er ihn in eins der angrenzenden Zimmer gesperrt.
    »Wir würden gern Ihre Frau sprechen«, erwiderte Jan Petersen.
    »Nicht da.«
    »Wo finden wir sie denn?«
    »Das wisst ihr doch wohl besser als ich. Schließlich seid ihr die Polizisten.« Er lachte, sichtlich amüsiert über seinen eigenen Witz. Den Beamten schlug eine Alkoholfahne entgegen. »Aber ich gebe euch einen Tipp. Sie ist beim Möwennest . Der Laden macht nämlich in zwei Stunden auf. Da ist immer viel zu tun vorher.«
    »Das können wir uns denken, allerdings gibt es das Möwennest seit letzter Nacht nicht mehr.« Petersen grinste humorlos.
    »Was soll das bedeuten?«
    Wiebke hatte keine Lust auf ein endloses Frage-Antwort-Spiel und berichtete Harmsen, was geschehen war. An seiner Reaktion merkte sie, dass er keine Ahnung hatte, was am Elisabeth-Sophien-Koog vorgefallen war. Andererseits hatte sie nicht den Eindruck, dass es ihn sonderlich traf. Er hielt es nicht einmal für nötig, sich nach dem gesundheitlichen Zustand der Camper zu erkundigen, die sich zum Zeitpunkt der Explosion in unmittelbarer Nähe befunden hatten. Wiebke überlegte, ob Harmsen doch hinter der Explosion stecken könnte. Versicherungsbetrug wäre ein guter Grund, selbst Hand anzulegen, und die finanzielle Situation der Harmsens sprach für sich.
    »Darf ich Sie fragen, wo Sie letzte Nacht gewesen sind?«
    »Geht das schon wieder los?« Harmsen stöhnte gequält auf. »Hier, wo sonst?«
    »Und Ihre Frau?«
    »Auch hier, warum fragen Sie das alles?« Ubbo Harmsen machte keine Anstalten, den Eingang freizugeben. So blieben sie auf der breiten Stufe vor der Haustür stehen.
    »Weil wir versucht haben, Sie in der Nacht von dem Unglück in Kenntnis zu setzen«, antwortete Wiebke und bemühte sich, die Ruhe zu bewahren. »Leider hat unser Kollege niemanden angetroffen, auch ans Telefon ist niemand gegangen. Und der Kollege stellte fest, dass sich der Wagen Ihrer Frau zu nächtlicher Stunde nicht auf dem Hof befunden hat. Wo also war Ihre Frau in der Nacht?« Wiebkes Tonfall war eine Spur schärfer geworden.
    Harmsen befeuchtete mit der Zungenspitze seine spröden Lippen, sein Blick huschte unstet umher, und er rang die Hände. Sie waren grob und ungepflegt. Wiebke überlegte, ob diese Hände in der Lage waren, einen Menschen zu töten. Hatte Harmsen doch vom Geliebten seiner Frau gewusst und ihn aus dem Weg geräumt, um anschließend das Möwennest in die Luft zu jagen?
    Und wenn, hatte er es getan, um alle Spuren endgültig zu verwischen, oder hatte er das Bistro in die Luft gejagt, um sich mit der Versicherungssumme gesundzustoßen?
    Sie fragte sich, wie hoch so ein Bistro wohl versichert war und ob die Summe ausreichen würde, um die Harmsens finanziell zu sanieren.
    »Sie … sie war hier bei mir.« Harmsen klang kleinlaut. »Möchten Sie reinkommen?«
    »Gern.« Wiebke tauschte einen Blick mit Petersen, der anscheinend keine Einwände hatte und ihr ins Haus folgte. Harmsen führte sie in das Wohnzimmer. Noch immer hatte er nicht aufgeräumt. Es roch wie in einer Kneipe – nach schalem Alkohol und kaltem Rauch. Auch hier quoll der Aschenbecher über. Neben dem Porzellan-Ascher auf dem Tisch neben dem Sofa lag eine zusammengeknüllte Zigarettenschachtel. Ein No-Name-Produkt vom Discounter.
    Sie setzten sich, nur Petersen zog es in gewohnter Weise vor, stehen zu bleiben. Er stand mit dem Rücken am Fenster.

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