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Tod mit Meerblick: Schleswig-Holstein-Krimi

Tod mit Meerblick: Schleswig-Holstein-Krimi

Titel: Tod mit Meerblick: Schleswig-Holstein-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schmidt
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dass sie auf dem richtigen Weg war. Das, was Bente ihnen berichtet hatte, schien sich hier zu bestätigen.
    »Wenn Sie meine Meinung hören wollen: Ich denke, sie hat Schluss gemacht.«
    »Und wie hat er reagiert?«
    »Aufgeregt, fassungslos. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er das so auf sich beruhen lassen hat. In solchen Situationen sind Menschen zu Dingen fähig, die ihnen sonst niemand zutrauen würde.« Die Kellnerin hatte sich in Rage geredet. »Und, um offen zu sein: Ich hatte ein wenig Angst um die Frau. Verletzte Männer sind manchmal unberechenbar.«
    »Danke, Sie haben mir sehr geholfen.« Wiebke legte einige Münzen für das Mineralwasser auf den Tisch und erhob sich. So schnell wie möglich kehrte sie durch die Altstadt zu ihrem Wagen zurück.
     
     
     
     
    Fünfundzwanzig
     
    Petersen lebte in einem der kleinen Traufenhäuser an der Süderstraße, die den Charakter der Gegend prägten. Früher waren die Häuser meist von Handwerkern bewohnt worden. Wie Wiebke wusste, stand dort auch das alte Haus der Husumer Schützengilde. Hier spielte Theodor Storms wohl bekannteste Novelle, Pole Poppenspäle r.
    Jan Petersen sah die Sache weniger romantisch. Das alte Mountainbike parkte im Flur. Hier war die Miete günstig, und weil das Haus windschiefe Wände hatte, nannte er es liebevoll sein »Hexenhaus«. Er trug Jeans und ein T-Shirt, als er ihr die Tür öffnete und sie ins Wohnzimmer führte.
    »Schön hast du es«, bemerkte Wiebke.
    »Hättest es mal heute Morgen sehen sollen, dann hättest du anders gesprochen«, grinste Petersen. Sie setzten sich, und Petersen setzte eine Kanne Friesentee auf.
    »Also«, sagte er, als sie tranken. »Was hat der Tag ergeben?«
    »Im Fall gar nichts, fürchte ich.« Sie berichtete mit wenigen Sätzen, was in der Polizeiinspektion geschehen war. »Allerdings geht mir das Gespräch mit Ilka Benning nicht mehr aus dem Kopf.«
    »Du verdächtigst sie?«
    »Das wäre vielleicht der falsche Ausdruck. Bisher kenne ich Vergewaltigungsfälle nur aus der Polizeischule. Die Fälle wurden von Polizeipsychologen des LKA Kiel analysiert und für uns zu lernbarem Stoff aufbereitet. Alles graue Theorie, jedenfalls für uns Anfänger. Zum ersten Mal hatte ich bei Ilka Benning einen Eindruck von dem, was in einem Opfer vorgeht. Es ist mir offen gestanden ziemlich nahegegangen, trotzdem habe ich eine Menge aus unserem Gespräch gelernt. Und die Zeit nach der Tat ist das, was mir ein wenig Angst macht: In dieser Nacht ist bei ihr eine Sicherung durchgebrannt, wenn du mich fragst. Ilka Benning war erschrocken über sich selbst, denn aus ihren Rachegelüsten macht sie keinen Hehl. Sie hat offen zugegeben, dass sie selber zur Mörderin werden könnte.«
    Petersen begriff, worauf Wiebke hinauswollte. Er stellte die Tasse ab. Seine Miene erhellte sich. »Und nun denkst du, wir sollten den Täter im Kreise von Robert Michels’ Opfern suchen?«
    »Es wäre eine Möglichkeit. Allerdings wird uns das BKA auf die Finger hauen, wenn es Wind davon bekommen, dass wir hinter seinem Rücken weiter an dem Fall arbeiten.«
    »Das ist genau das, was ich heute Morgen meinte«, seufzte Petersen.
    »Im Idealfall müssten wir uns die Akte jedes seiner Opfer zu Gemüte führen. Vielleicht gibt es eine Frau darunter, die einen ganz besonderen Grund hätte, sich für das Geschehene zu rächen. Eine Frau mit einem besonders großen Aggressionspotential beispielsweise.«
    »Das wirst du kaum herausfinden, ohne zu viel Staub aufzuwirbeln«, fürchtete Petersen.
    Damit hatte er genau das ausgesprochen, was Wiebke auch beschäftigte. Sie spürte, dass sie mit dem Rücken an der Wand stand und in dem Fall keinen Schritt weiterkam. Sie leerte ihre Teetasse und erhob sich.
    Petersen brachte sie zur Tür. »Mach dir keinen Kopp, Mädchen, uns fällt schon noch was ein.«
    »Das will ich hoffen, sonst zweifle ich ernsthaft, ob ich mich für den richtigen Beruf entschieden habe.«
     
    Auf dem Heimweg hatte sie noch einen Abstecher ins Husumer Industriegebiet gemacht, um sich in einem amerikanischen Fast-Food-Restaurant mit Burgern einzudecken. Sie war von dem kurzen Treffen mit Petersen ein wenig enttäuscht. Aber was hatte sie erwartet? Hätte er den freien Tag nutzen sollen, um die im Fall dringend nötige Wendung herbeizuführen?
    Wiebke machte sich Vorwürfe. Warum konnte sie sich nicht einfach den Gegebenheiten fügen und den Fall ein für alle Mal vergessen? Es war wohl ihr innerer Drang nach Gerechtigkeit, der sie

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