Tod oder Reben: Ein Wein-Krimi aus Südtirol (German Edition)
situiert. Auch zu seiner Person hatte das Duo Niki und Marco einiges zusammengetragen. Wie es schien, hatte Welswacker Schwarzgeld in die Schweiz transferiert. Das brachte Emilio in Zusammenhang mit einer kleinen Zeitungsnotiz, die er bislang übersehen hatte. Aus der ging hervor, dass ein Südtiroler Geschäftsreisender vor über zehn Jahren in Zürich niedergeschlagen und ausgeraubt wurde. Statt eines Namens waren im Artikel nur seine Initialen genannt: F.W.
Jetzt saß Emilio dem Agenturbesitzer in dessen Büro gegenüber. Er kam schnell auf den Grund seines Besuchs zu sprechen. Er legte den Zeitungsausschnitt auf den Tisch und sagte Welswacker auf den Kopf zu, dass er jene Person sei, die damals niedergeschlagen wurde. Und er gehe davon aus, dass er zuvor auf seiner Züricher Bank gewesen sei, wobei er sogar den Namen des Instituts nannte.
Welswacker schluckte und gab nach kurzem Zögern zu, dass er tatsächlich das damalige Opfer gewesen sei. Zum Rest wolle er sich nicht äußern.
«Ich vermute, dass jemand ganz genau wusste, dass Sie vorher auf der Bank waren und sich dort mit Bargeld versorgt haben», fuhr Emilio unbeirrt fort. «Dann hat man Sie niedergeschlagen und ausgeraubt. Richtig?»
«Kein Kommentar», sagte Welswacker.
«Ist auch nicht nötig. Mich interessiert das alles überhaupt nicht, ich will nur eine Kleinigkeit wissen, und auch das nur, um meine Neugier zu befriedigen.»
Welswacker sah ihn skeptisch an. «Und das wäre?»
Emilio legte den Safeschlüssel aus Nikis Versteck auf den Tisch. «Meine Frage ist ganz einfach. Kennen Sie diesen Schlüssel?»
Welswacker konnte seine Überraschung nicht verbergen, er nahm den Schlüssel in die Hand, um die eingravierte Nummer zu kontrollieren. «Oh ja, den kenne ich», sagte er spontan, ohne nachzudenken.
«Liege ich richtig mit meiner Annahme, dass man Ihnen bei dem Überfall nicht nur Geld entwendet hat, sondern auch diesen Schlüssel zu Ihrem Schließfach?»
Welswacker wartete mit seiner Antwort. «Gehen Sie davon aus, dass Sie mit Ihrer Vermutung der Wahrheit ziemlich nahe kommen», sagte er schließlich. «Nun würde mich aber schon interessieren, woher Sie den Schlüssel haben.»
«Das ist schwer zu erklären», sagte Emilio. «Ich habe ihn von jemandem, der in die Erpressungen gegen Ihre Amici del Vino verwickelt war und der wahrscheinlich auch für den damaligen Überfall verantwortlich zeichnete.»
«Mehr wollen Sie nicht sagen?»
«Nein, aber es ist vorbei. Es wird keine Erpressungen mehr geben. Ich bin im Besitz des gesamten Belastungsmaterials und werde es vernichten. Keine Sorge, Sie können sich darauf verlassen.»
Welswacker sah ihn misstrauisch an. «Und wie viel muss ich Ihnen dafür bezahlen?», fragte er nach einer Weile.
Emilio lachte. «Natürlich nichts! Sie dürfen mich nicht mit den bösen Jungs verwechseln. Ich bin sozusagen der Gute, jedenfalls meistens. Den Schlüssel können Sie behalten.»
«Das Gespräch nimmt einen wesentlich erfreulicheren Verlauf, als ich anfangs dachte», sagte Welswacker mit einem Lächeln. «Den Schlüssel nehme ich gerne, sozusagen als Souvenir. Wir könnten ihn auch wegwerfen, denn natürlich hat meine Züricher Bank sofort nach dem Überfall das Schloss ausgewechselt. Außerdem braucht’s einen Identifizierungscode, um an das Schließfach heranzukommen.»
«Der Schlüssel ist nichts wert, das habe ich mir schon gedacht. Aber wenigstens kenne ich jetzt seine Geschichte. Ich hätte sonst immer wieder von diesem Schlüssel geträumt und mich geärgert, dass ich zu blöd war, hinter sein Geheimnis zu kommen.»
Welswacker stand auf und gab Emilio zum Abschied die Hand. «Ich danke für Ihren Besuch. Wenn Sie mal Zeit und Lust haben, lade ich Sie gerne zu einem Abendessen ein. Wäre mir ein Vergnügen.»
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Finale
Eine gute Woche war vergangen, in der Emilio erstaunliche Dinge getan hatte. So hatte er sich noch einmal untersuchen lassen, und zwar im Bozner Zentralkrankenhaus. Dort bestätigten sich seine davongetragenen Verletzungen, aber nachhaltige Schäden wurden ausgeschlossen und eine völlige Genesung in Aussicht gestellt.
Emilio hatte den Kommissar im Ruhestand Luis Gamper auf dem Ritten besucht, die Qualität seines Honigs gerühmt – und darüber hinaus einiges mit ihm besprochen.
Er hatte Valerie Trafoier in ihrer Vinothek getroffen, ohne ein einziges Mal in ihren Ausschnitt zu blicken.
Er war so oft wie möglich mit Phina zusammen. Ihre Beziehung
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