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Tod oder Reben: Ein Wein-Krimi aus Südtirol (German Edition)

Tod oder Reben: Ein Wein-Krimi aus Südtirol (German Edition)

Titel: Tod oder Reben: Ein Wein-Krimi aus Südtirol (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Böckler
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hat ihn nicht gefunden.»
    «Du hast mich wirklich im Verdacht», flüsterte sie, «ich kann’s nicht glauben.»
    «Du hättest ein Motiv gehabt.»
    Phina nickte. «Oh ja, hätte ich gehabt.»
    «Der Rucksack, Phina, woher?»
    «Da bist du auf dem Holzweg, mein Lieber. Das war ein Werbegeschenk. Den Rucksack haben vor vielen Jahren fast alle Weingüter in Südtirol bekommen, auch Vinotheken und so weiter, wahrscheinlich auch Niki. Ein hässliches Teil, aber nicht kaputtzukriegen.»
    «Fast alle Weingüter und Vinotheken», wiederholte Emilio ihre Worte, «das habe ich nicht gewusst.»
    «Ich habe Niki nicht umgebracht», sagte sie, «wie kannst du nur auf diesen Gedanken kommen? Du bist verrückt.»
    «Es gibt einen Zeugen, der hat eine blonde Frau gesehen, die Niki nachgestiegen ist. Später ist sie mit zwei Rucksäcken zurückgekommen, einer war so gelb wie jener von Niki.»
    «Wirklich?»
    Emilio nickte.
    «Jetzt verstehe ich dich, wenigstens ein bisschen», sagte sie nach einer kleinen Pause. «Da kann man auf die blödesten Gedanken kommen.»
    «Und?»
    «Ich war es nicht, habe ich doch gesagt.»
    «Bis gestern Abend hätte ich dir nicht geglaubt.»
    «Bis gestern Abend?»
    «Ja, aber ich hätte dich trotzdem nicht verraten. Ich hätte das Geheimnis für mich behalten.»
    «Warum?», fragte sie. «Schließlich wirst du dafür bezahlt.»
    «Weil ich ein sentimentaler Trottel bin, darum.»
    Über Phinas ernstes Gesicht huschte ein Lächeln.
    «Gestern Abend habe ich etwas erfahren», fuhr Emilio fort, «da wäre ich von alleine nie draufgekommen. Und jetzt spukt in meinem Kopf eine verrückte Idee herum.»
    «Hat die was mit mir zu tun?»
    «Nein, hat sie nicht. Aber vielleicht bin ich schon wieder auf dem Holzweg.»
    «Ich hoffe, du findest Nikis Mörder», sagte sie. «Du würdest Theresa einen Herzenswunsch erfüllen.»
    Emilio nahm das Wasserglas und löste eine Schmerztablette auf. Sie bestellten Schlutzkrapfen.
    «Würdest du dich besser fühlen», fragte sie nach einer Weile, «wenn ich dir einen Beweis liefere, dass ich Niki keinesfalls auf den Berg gefolgt sein kann?»
    «Nach über zehn Jahren? Wie soll das gehen?»
    Phina lächelte. «Ganz einfach. Als Niki ums Leben gekommen ist, hatte ich schon seit einiger Zeit ein Gipsbein, leider auch noch Wochen danach. Ich bin im Fasskeller von einer Leiter gefallen. Es gibt Fotos von mir mit dem Gipsbein, außerdem Arztrechnungen, und auch Theresa könnte dir das bestätigen.»
    «Wirklich?» Emilio sah sie entgeistert an. «Ich bin ein Idiot!»
    «Stimmt, das bist du.»
    «Warum hast du mir das nicht schon längst erzählt?»
    «Du hast mich nicht danach gefragt. Außerdem war ich maßlos enttäuscht. Wie konntest du mich verdächtigen?»
    Emilio wäre am liebsten aufgestanden, hätte sie umarmt und um Verzeihung gebeten. Stattdessen blieb er sprachlos sitzen, mit einem Gesichtsausdruck wie ein begossener Pudel.
    «Und was den Tod meines Vaters betrifft, der dich ja offenbar auch beschäftigt», fuhr sie fort, «da musst du mir einfach glauben. Ich habe nie gewollt, dass meinem Vater etwas passiert. Es war für mich der schlimmste Moment in meinem Leben, mit ansehen zu müssen, wie er mit dem Traktor umgestürzt ist. Ich habe ihn in den Armen gehalten, als er gestorben ist. Meine Hände waren voller Blut, von seinem Blut. Seitdem bin ich ein anderer Mensch.»
    Sie machte eine Pause, atmete einige Male tief durch, dann fuhr sie fort: «Der Unfall hat mein Leben verändert, aber anders, als ich wollte. Ich wäre nur noch zwei Wochen zu Hause geblieben, dann wäre mein Flieger gegangen. Meine Eltern haben nichts davon gewusst: Ich hatte mich bei einer berühmten Winery in Kalifornien beworben und den Job bekommen, der Vertrag war unterschrieben, das Flugticket ausgestellt. Ich wollte auswandern und mein Glück woanders suchen. Der Tod meines Vaters hat diesen Traum zerstört. Ich konnte meine Mutter in der Situation nicht alleine lassen. Also bin ich hiergeblieben und habe das Weingut übernommen.»
    Emilio schüttelte den Kopf. «Das alles hättest du mir erzählen können. Wir hätten uns vieles erspart.»
    «Du hast es geahnt», sagte sie, «bei unserem Essen im Pillhof haben wir kurz darüber gesprochen. Aber offenbar hast du es nicht glauben wollen und den Gedanken wieder verdrängt. Abgesehen davon habe ich es noch niemandem erzählt. Warum also ausgerechnet dir? Jeder Mensch hat seine Geheimnisse. Meine passen in eine kleine Schachtel. Ich habe sie noch.

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