Tod oder Reben: Ein Wein-Krimi aus Südtirol (German Edition)
Schilder, die Cobo gezeichnet und an seiner Bar aufgehängt hatte. «Vorsicht auf die Küsse. Es lohnt sich öfters, ein Frosch zu bleiben.» Wohl wahr, der Wirt hatte zweifellos Lebenserfahrung. «No stress zone/Area destressizzata». So etwas sollte er sich in seinem Münchner Büro aufhängen. «Das Konzept ist, dass ihr wartet, und nicht, dass ich rennen muss!» Genial, das spiegelte seine Berufsauffassung wider. «Liege nie unten, wenn du Sex mit Elefanten hast!» Das Beste daran war die Zeichnung, der Elefant sah richtig glücklich aus und hatte wunderschöne Wimpern. Warum dachte er plötzlich an Phina? Mit einem Elefanten hatte sie nichts gemein, nein, wirklich nicht, ganz im Gegenteil. Emilio schalt sich einen senilen Trottel, der seine Phantasien nicht unter Kontrolle hatte. Immerhin, heute Nachmittag würde er sich mit ihr treffen. Sie hatte sich bereit erklärt, ihm ihr Weingut zu zeigen. Er wurde nicht schlau aus ihr. Phina war freundlich und abweisend zugleich. Theresa hatte nicht nur verschwiegen, dass ihre alte Freundin an Jahren viel jünger und ausgesprochen gut aussehend war, auch hatte sie vergessen zu erwähnen, dass Phina ein Weingut betrieb, das sie von ihrem Vater geerbt hatte. Mittlerweile hatte sich Emilio in den einschlägigen Weinführern von Veronelli bis Gambero Rosso schlaugemacht: Ihre Weine, vor allem die Weißen, zählten seit einigen Jahren zu den besten Tropfen Südtirols. Entsprechend freute er sich auf den Nachmittag – wobei er sich nicht im Klaren war, was ihn mehr interessierte: die Weine oder die Winzerin? Um ehrlich zu sein: Natürlich wusste er es.
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9
Die exklusive Privatklinik für plastische und ästhetische Chirurgie lag zwischen Bozen und Meran, oberhalb des Talgrunds, inmitten von Rebstöcken und mit herrlicher Aussicht. Prof. Dr. med. Falko Puttmenger war ihr Begründer, alleiniger Besitzer und ärztlicher Leiter. Der Professor, der einen deutschen Pass besaß und in Amerika studiert hatte, verfügte über einen herausragenden Ruf als Schönheitschirurg. Seine Patienten waren vorwiegend weiblichen Geschlechts und verehrten ihn wie einen Gott. Sie kamen von weit her und zahlten viel Geld für die Erfüllung ihrer ästhetischen Träume. Sein Leistungsspektrum umfasste alle denkbaren Schönheitsoperationen: von der obligatorischen Brustvergrößerung, der Nasen- und Kinnkorrektur über Fettabsaugung und Faltenunterspritzung bis zur Genitalchirurgie. Ihm waren keine Veränderungswünsche fremd. Gerade kam er von der letzten Operation des Tages. Er hatte dem Hängepo einer Endfünfzigerin die festen und runden Konturen einer jungen Brasilianerin von der Copacabana verliehen. Mit Eigenfetttransfer war das nicht zu schaffen gewesen. Er hatte der abgeschlafften Dame Po-Implantate eingesetzt. Sie würde mit dem Ergebnis zufrieden sein und schon bald mit ihrem neuen Hintern wackeln. Falko lächelte. Was nichts daran änderte, dass sich ihr Mann im Zweifelsfall für das Original entscheiden würde – nämlich für die junge Brasilianerin.
Falko hatte seinen Operationskittel abgelegt, war durch die Flure in sein Büro geeilt. Die Front seines Zimmers war bis zum Boden verglast. Falko ließ sich auf eine Corbusierliege sinken und schloss für einen Moment die Augen. Der Versuch, sich zu entspannen und vom Berufs- auf den Privatmodus umzuschalten, wurde vom Telefon auf seinem Schreibtisch unterbrochen. Er stand schimpfend auf, nahm den Hörer ab und blaffte seine Sekretärin an, die doch wisse, dass er gerade ungestört sein wollte. Sie entschuldigte sich und sagte, dass ein Mann am Telefon sei, der ihn unbedingt sprechen wolle. Es sei privat und außerordentlich wichtig.
Da könne ja jeder kommen, stellte Falko fest, wie denn der Typ heiße?
Das habe er nicht gesagt, antwortete sie. Aber er bestehe darauf, zum Professor durchgestellt zu werden. Sie hätten einen gemeinsamen Bekannten. Dessen Name sei Niki.
«Niki?» Falko zögerte, dachte nach. «Meinetwegen, stellen Sie durch.»
«Spreche ich mit Dr. Puttmenger?», meldete sich eine seltsam verzerrte Stimme.
«Ja, Puttmenger hier, wer ist am Apparat?»
«Ein Freund von Niki.»
«Welcher Niki?»
«Niki Steirowitz.»
«Niki ist seit vielen Jahren tot.»
«Ich weiß. Ich wollte mit seinem Namen nur erreichen, dass ich zu Ihnen durchgestellt werde. Ich rufe auch nicht wegen Niki an …»
«Mit wem spreche ich? Sagen Sie Ihren Namen, oder ich lege auf.»
«Auflegen? Das würde ich an
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