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Tod oder Reben: Ein Wein-Krimi aus Südtirol (German Edition)

Tod oder Reben: Ein Wein-Krimi aus Südtirol (German Edition)

Titel: Tod oder Reben: Ein Wein-Krimi aus Südtirol (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Böckler
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veränderten. Manche glaubten, es wäre möglich, aber da täuschten sie sich. Warum musste er jetzt an die Psychologin im Gefängnis denken? Weil die blöde Nuss auch gedacht hatte, dass er sich geändert hatte. Jetzt musste Marco grinsen. Um so einen Schwachsinn zu glauben, musste man schon studiert haben.
    Noch eine halbe Minute. Marco warf die vorbereiteten Münzen ein und wählte. Es war völlig unerheblich, ob das Gespräch hierher zurückverfolgt werden konnte. Erstens glaubte er nicht daran, und zweitens wäre der Hinweis auf einen öffentlichen Fernsprecher in einer überfüllten Therme absolut wertlos, sozusagen ein Schlag ins Wasser. Marco hörte das Freizeichen, klopfte nervös mit den Fingern gegen die Scheibe. Na, komm schon, geh endlich ran! Warum meldete sich der Arsch nicht? Marco begann zu fluchen. Bei Steixner war er sich so sicher gewesen, absolut sicher. Der musste doch mit seinen Nerven am Boden sein, Tränen des Selbstmitleids vergießen und inständig hoffen, dass sich die Sache mit einer Geldzahlung aus der Welt schaffen ließ. So eine Art Ablasshandel, der ihn von seinen Sünden befreite. Eigentlich sollte ihm der Mann dankbar sein. Marco kontrollierte die gewählte Nummer auf dem Display. Obwohl sie stimmte, legte er auf und wählte erneut. Wieder nichts. Marco sah entgeistert den Telefonhörer an, als ob dieser etwas dafür konnte. Schließlich riss er ihn wütend aus dem Apparat und warf ihn mitsamt dem Kabel auf den Boden der Kabine. Erschrocken sah er sich um, Gott sei Dank, ihn hatte niemand beobachtet. Da ging dieser Steixner einfach nicht ans Telefon. War die Post nicht angekommen? Oder nahm ihn einfach keiner mehr ernst? Waren die alle verrückt? Dem Puttmenger hatte er seine blöde Katze an die Tür nageln müssen, damit der jetzt hoffentlich versteht, was Sache ist. Bei Steixner hatte er geglaubt, auf solche Mätzchen verzichten zu können. Aber wer nicht hören will, muss fühlen. Er würde sich was einfallen lassen. Beim Verlassen der Kabine versetzte er dem Telefonhörer am Boden noch einen kräftigen Tritt. Das war keine gute Idee, jetzt taten ihm die nackten Zehen weh.

[zur Inhaltsübersicht]
    22
    Dem heutigen Tag sah Emilio mit großem Misstrauen entgegen. Was er vorhatte, widersprach fundamental seinen Überzeugungen. So hatte er in aller Frühe aufstehen müssen. Gab es einen logischen Grund, warum Bergwanderer beim ersten Hahnenschrei losmarschierten? Litten sie alle unter Schlafstörungen? Des Weiteren stand zu befürchten, dass er eine längere Strecke bergauf gehen musste, nur um irgendwann umzudrehen und dieselbe Strecke talwärts in umgekehrter Richtung zu absolvieren. Am Schluss war man wieder genau dort, wo man angefangen hatte. Wo lag da der tiefere Sinn? Wenn man Pech hatte, gelangte man nicht an den Ausgangspunkt zurück. Dann war man entweder abgestürzt oder hatte sich verlaufen. Weder das eine noch das andere schien erstrebenswert. Immerhin konnte er auf einen guten Ausgang der Exkursion hoffen, denn mit Steff hatte er einen erfahrenen Bergführer an seiner Seite.
    Emilio hatte Steff in Partschins abgeholt, jetzt folgte er den Anweisungen des Bergführers, steuerte über eine Forststraße und parkte schließlich an einer Stelle, wo nach Steffs Einschätzung mit großer Wahrscheinlichkeit auch Niki sein Auto abgestellt hatte – vor über zehn Jahren. Jedenfalls konnte man auch mit einem Sportwagen wie mit einem Porsche hierher gelangen. Emilio zog die Wanderstiefel an, die ihm Phina zur Verfügung gestellt hatte, ihr Vater hatte die gleiche Schuhgröße gehabt, jedenfalls so ungefähr. Steff fragte, ob Emilio die Trekkingstöcke verwenden wolle, die der Bergführer am Rucksack befestigt hatte. Emilio sah ihn vorwurfsvoll an. Er würde sich doch nicht zum Affen machen, wobei Affen bestimmt keine albernen Blechstöcke verwendeten, um sich fortzubewegen. Außerdem hatte er seinen Gehstock, der musste reichen. Steff schmunzelte, er schien die Entscheidung zu begrüßen. Sie gingen los. Schon nach wenigen Minuten stellte der Bergführer fest, dass sein Begleiter längst nicht so fußlahm war, wie er zunächst geglaubt hatte. Sein zügiges Tempo hielt er mühelos mit, konnte sich dabei ohne Atemnot im Plauderton unterhalten, machte aber ein Gesicht, als ob es zur Schlachtbank ginge. Steff erklärte ihm, dass dies der einzig brauchbare Weg zum Gipfel sei, ganz sicher habe Niki damals diese Route gewählt.
    «Die Frage ist, ob hier außer Niki zur selben Zeit noch

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