Tod to go (Crime Shorties)
auch da oben eine Menge Arbeit auf sie. Das Saubermachen würde sehr viel mehr Zeit in Anspruch nehmen als geplant. Gut, dass sie nach Stunden bezahlt wurde.
Den drei Gästen war sie vor zwei Tagen zum ersten Mal begegnet. Der eine hatte sie freundlich um Nachsicht für seine mangelhafte Ordnungsliebe gebeten. Er war groß und schlaksig, an seinem Kinn wuchs ein Dreitagebart. Mochte um die Dreißig sein. Etwas unbeholfen. Seine Augen mit den langen Wimpern flackerten unruhig, wenn er mit ihr sprach.
Die beiden anderen Männer waren älter und wirkten bieder. Büroleute, dachte sie. Oder Vertreter. Der Dicke schwitzte dauernd und trocknete unentwegt seinen ausgedünnten Haarkranz und die Glatze mit einem Taschentuch.
Der andere wirkte mit seinen kurzgeschnittenen, pomadisierten Haaren gelackt. Er hatte ein ausgeprägtes Doppelkinn, das sich wie bei einem nach Luft schnappenden Fisch ständig nach vorne bewegte.
Nein, wahrscheinlich wusste Klaus Volk, der Besitzer des Hauses, nichts von diesen Leuten. Er hatte die Vermietung der zentralen Unterkunftsvergabe in Wittdün übertragen. Die kümmerten sich auch um die meisten anderen Zimmer, Appartements und Häuser auf Amrum.
Mit ihrem Besen stieß Chris gegen einen Blechmülleimer. Der Junge ließ blitzschnell das Fernglas sinken.
»Moin«, sagte Chris.
Er warf das Glas auf den Sessel und raste die Treppe hinauf.
»So schlimm seh ich doch nun auch wieder nicht aus«, sagte sie. »Ich bin nur die Putze.«
Der Junge mochte wohl elf Jahre alt sein. Er kam ihr ausgemergelt vor. Die Haare waren kurz geschnitten und seine Schultern sahen aus, als hätte man einen dürren Ast auf einen knochigen Stamm gelegt. Und schreckhaft war er obendrein.
Als sie ihre Putzutensilien auf dem Steinfußboden der Diele abstellte, war das dreckige Geschirr abgeräumt. Aus der Küche drang leises Scheppern.
»Donnerwetter, wirklich gut erzogen«, sagte sie und schaltete den Staubsauger ein.
Plötzlich, als sie mit dem Saugrohr unter die Rattancouch fuhr, heulte der Motor auf.
Was immer die Düse verstopft hatte, es ließ sich nicht herausklopfen. Erst mit einer Häkelnadel konnte Chris einen Diastreifen herauspulen.
Während draußen Badegäste ihre Luftmatratzen aufbliesen, sich eincremten und Hunde den Austernfischern hinterher bellten, hielt sie den Filmstreifen gegen das Licht. Sie erkannte zwei der Männer, die das Haus gemietet hatten. Zwischen ihnen der Junge.
Der mit dem Doppelkinn und den kurzgeschnittenen Haaren war vollständig nackt. Über der Wölbung seines Bauches hielt der Junge seinen erigierten Penis. Unbeteiligt. Geradeso, wie man den Stiel eines Kochlöffels hält. Der andere hatte den Kopf des Jungen in seine Armbeuge genommen. Selbst bei diesem kleinen Dia fiel ihr das ausdruckslose Gesicht des Jungen auf.
Können Sandberge fortwehen? In hundert Jahren vielleicht. Was werden die anderen sagen, wenn ihr Freund gar nicht mehr wiederkommt. Dem dicken Mann ist das bestimmt egal. Der wird nur wieder gähnen und sich den Schweiß aus den Haaren wischen. Ob sich jeder da draußen eine Hütte bauen darf? So ganz für sich allein? Direkt am Meer?
So wie die Palmenhütte damals. Die Schwestern hatten Kokosnüsse in kleine Stücke geschnitten. Und dann war der Affe gekommen. Ein Arbeitsaffe, der sich von seiner Kette losgerissen hatte. Vielleicht hatte sein Besitzer ihn auch freigelassen. Er war schon alt. Überall kahle Stellen im Fell. Er hatte die meisten Kokosstückchen bekommen und ein paar davon vergraben. Das war lustig.
Auch in diesem Sand konnte man gut graben. Für das Loch hatte er gar nicht lange gebraucht. Nur den toten Mann hineinrollen, ja, das war schwierig gewesen. Warum nur hatte er ihm so wehgetan. Auf dem Laken war alles voller Blut. Es brannte. Er konnte gar nicht mehr auf die Toilette gehen. Aber der Mann wollte es immer wieder.
»Glaub mir, die treiben ihre Spielchen mit dem Kind. Ich hab im Schlafzimmer einen ganzen Koffer gefunden. Mit Salben und Masken und Gummislips und so Zeugs.«
Chris riss das Haarband herunter, drehte die Haare zusammen und streifte erneut das Band über.
»Nicht zu fasse.«
»Aber so etwas musst du beweisen. Da reichen ein paar Gummischlüpfer nicht aus.«
Peter zupfte sich den Schlips zurecht, seine »rote Ehrbarkeit«, wie der bei seiner Zunft, den wandernden »Freiheitsbrüdern« hieß.
Schon seit zwei Monaten war er hier auf der Insel beschäftigt, zog als wandernder Geselle mit Zampel, schwarzem
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