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Tod to go (Crime Shorties)

Tod to go (Crime Shorties)

Titel: Tod to go (Crime Shorties) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Koglin
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Cordanzug und Schlaghosen von Baustelle zu Baustelle. Es gab eine Menge Arbeit.
    Meist zimmerte er mit einigen anderen wandernden Gesellen von den freien Rolandsbrüdern, den freien Voigtländern und einigen Polen die hölzernen Firste der neu errichteten Häuser. Seit einigen Jahren wurden die meisten Häuser hier auf Amrum mit einem Reetdach versehen.
    »Und was ist mit den Fotos?«, fragte Chris.
    »Du hast sie ja nicht mitgenommen.«
    »Ich dachte, das könnte für den Jungen gefährlich werden.«
    Peter zupfte an seinem Ohrring, der wie ein ziselierter Weihnachtsbaum von seinem linken Ohrläppchen auf die Schulter fiel.
    »Wir brauchen einen Beweis«, sagte er.
    »Vielleicht redet der Junge?«, erwiderte Chris.
    »Und in welcher Sprache?«
    »Keine Ahnung. Sieht asiatisch aus. Vielleicht Thailand? Indonesien? Malaysia? Oder Bali?«
    Am nächsten Morgen setzte Chris den Jungen in den Wintergarten, drückte ihm das Fernglas in die Hand und machte sich auf die Suche. Die Dias blieben verschwunden. Im Fernsehzimmer fand sie eine Aktentasche mit Papieren, darunter einige Zolldokumente für Waren aus Fernost, der Mietvertrag über das Haus und Geschäftspapiere. Die Leute arbeiteten tatsächlich als Vertreter.
    Einige Dokumente in englischer Sprache steckte sie in ihre Tasche. Es musste ihnen doch etwas zu beweisen sein. Klar, drei Herren mit einem Jungen, das reichte vor keinem Gericht der Welt. Aber wo kam er überhaupt her? Vermisste ihn jemand? Seine Familie?
    »Kannst du mich eigentlich verstehen?«
    Der Junge musterte sie neugierig. Chris zeigte auf die Buden an der Wasserlinie.
    »Wollen wir mal laufen?«
    Sie streckte ihm die Hand entgegen. Er blieb dort starr stehen.
    »Wenn deine ...«, sie räusperte sich, »... deine Freunde wiederkommen, sind wir längst zurück.«
    Der Junge senkte seinen Blick und ließ sich an die Hand nehmen. Er lief mit gekrümmtem Rücken neben ihr, doch je weiter sie sich vom Haus entfernten, desto weiter richtete er sich auf und griff sogar mit seiner freien Hand nach dem in der Luft herumschwirrenden Sand. Sie ließ ihn los. Erschreckt sah er sie an und zog den Kopf zwischen die Schulterblätter.
    »Ist ja gut«, sagte sie sanft. Sie bückte sich und zog ihm die Turnschuhe aus.
    Als sie sich weiter gegen den Wind stemmten, um zur Wasserlinie zu gelangen, schlüpfte seine Hand in ihre.
    Nein, dachte Chris, da konnte Peter reden, was er wollte. Sie würde ihn nicht so einfach mit diesen sauberen Vertretern abreisen lassen. Auf gar keinen Fall.
    Noch am Abend wollte sie die Polizei alarmieren. Sollten die sich doch Unterstützung vom Festland holen. Alles durchsuchen. Sehen, ob die Männer vorbestraft waren. Das war schließlich ihre Aufgabe. Kanzelmissbrauch war Kanzelmissbrauch. Sollten die sich doch ihre ach so notwendigen Beweise sonst wohin stecken. Jeder Mensch mit nur einem Fünkchen Verstand konnte doch sehen, was hier los war.
     
    Der Sand kitzelt die Beine. Fliegende Ameisen. Und manchmal sieht er aus wie Nebel. Man muss nur die Augen ein wenig mehr zukneifen. Der Sand wird von einem großen Ungeheuer angezogen. Es schläft da draußen im Meer. Gerade atmet es tief ein.
     
    Sie näherten sich der ersten Bude. Austernfischer kreischten über ihren Köpfen. Die Erbauer hatten eine Plexiglasscheibe als Tür eingebaut. Mit angeschwemmten Tauen und Netzen hatten sie ein kleines Terrain vor dem Häuschen abgetrennt und drumherum einen kleinen Erdwall aufgeschüttet, auf dem Muscheln zu Wörtern angeordnet waren. Die Verfasser des Grußes an die Nachbesitzer stammten anscheinend aus dem Ruhrpott.
    »Glückauf und Gesundheit und fühlt Euch hier wohl … und bitte nicht kaputtmachen.«
    Sogar ein kleines Bänkchen aus Treibholz lehnte an der Hauswand. Drinnen gab es einen Tisch mit einer karierten Decke und eine weitere Bank. Daneben eine kleine Feuerstelle mit einem Teekessel und zwei verbeulten Emaillebechern.
    Ein kleines Heim direkt am Meer. Und über allem, an einer windschiefen Stange, knatterte die ausgefranste Totenkopffahne der Piraten.
    Als sie sich setzten, schaute der Junge sie erwartungsvoll an.
    »Geh schon ins Wasser. Schwimmen.«
    Sie ruderte mit den Armen.
    Der Junge nahm einen Stock und tat, als wollte er auf sie einstechen. Kurz vor ihrer Öljacke stoppte er ab.
    »Aber ich hab dir doch gar nichts getan«, sagte Chris und schob den Stock zur Seite. Wieder tat er, als wolle er auf sie einstechen.
    »Du kannst nicht schwimmen? Aber mit den Füßen wirst du doch

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